“Endlich können wir wieder diskutieren. Endlich kann ich wieder meinem Ärger Luft machen. Und endlich kann ich dir wieder widersprechen.” Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf Guidos Gesicht aus.
Nahezu ein halbes Jahr konnte ich mit Guido nur über Kurznachrichten diverser sozialer Netzwerke kommunizieren: Weltreise. In seinem Fall wohl eher ein Humpeln und Hinken von Job zu Job und Projekt zu Projekt. Gewissermaßen ein ultra-moderner Zeitarbeiter. Zeitarbeit in ihrer individuellsten Form. Sicherlich aber mit vertrauenswürdiger Bezahlung, aber mit komplizierten Steuerjahresausgleich.
Guido hat vermutlich die meisten Länder bereist, in denen Felix Magath schon eigekauft hat. “Ich habe dabei allerdings mehr mitgenommen als Felix Magath”, tönte Guido als wir uns an diesem Wochenende nach langer Zeit wieder sahen. “Und deutlich mehr mitgehen lassen”, antwortete ich und musste Guido in der Folge doch Recht geben. Es war weniger ich, der Guido Recht gab, sondern viel mehr der 20 jährige Sebastian Polter. Der junge Stürmer vom VfL Wolfsburg sorgte mit seinem Siegtreffer in der 78. Spielminute gegen den 1. FC Köln für einen gelungenen Rückrundenstart in der VW-Stadt. “Da kauft der Magath mit den VW-Millionen in der großen weiten Welt ein und ein Eigengewächs von um die Ecke macht die Bude”, zeigte sich Guido erfreut.
In der Tat hatte Felix Magath neue Portuguisen, Schweizer, Brasilianer und Tschechen in der Startelf verpackt, doch für Jubelarien bewarb sich keiner der Genannten. Letztlich war der Sieg nicht erst seit vier Wochen, sondern bereits seit vier Jahren im Verein und kommt nicht aus Sao Paolo oder Guimaraes, sondern aus Wilhelmshaven. Gekostet hat er auch nicht über vier Millionen Euro, sondern ist ablösefrei aus Braunschweig gekommen. “Vielleicht erkennt Magath ja irgendwann seinen eigenen Wahnsinn. Verstärkungen sind ja vollkommen in Ordnung, aber muss es immer direkt für viel Geld aus aller Welt sein? Die Masse ist ja erschreckend.”, sagte Guido.
Am Ende zeigte sich Magath sehr zufrieden und betonte, die Bundesliga sei die stärkste Liga der Welt, weshalb es schwierig sei, sich einzugewöhnen. “Die stärkste Liga der Welt?“, fragte Guido, “die stärkste Liga der Welt? Nur weil die Premier League mal ein wenig in der Königsklasse strauchelt – dafür aber mit hoher Wahrscheinlichkeit die Europa League gewinnt – müssen wir nun nicht übermütig werden. Unser Deutscher Meister hat den Winter schließlich auf europäischer Ebene nicht überlebt.”
“Auch wenn sie nicht die Beste ist, so ist sie zumindest die Ausgeglichenste.”, warf ich ein. In England erstreckt sich über die Liga hinweg wahrscheinlich am meisten Qualiät, allerdings hat der Tabellendritte der Premier League schon acht Punkte Rückstand auf den Tabellenführer – der Tabellenvierte liegt sogar 13 Punkte hinter der Spitze. In Frankreich fehlt die Qualität und in Italien kann man den Ergebnissen nicht trauen. In Spanien hat Real Madrid an der Spitze fünf Punkte Vorsprung auf den FC Barcelona. 14 Punkte sind es auf den Dritten und 18 auf den Tabellenvierten. Das alles, während in Deutschland drei Mannschaften punktgleich die Tabellen anführen und der Vierte einen einsamen Zähler dahinter weilt.
Guido widersprach mir nicht.
Bei Guidos Guide geht es jeden Dienstag um den letzten Bundesliga-Spieltag, den internationalen Fußball, sowie um aktuelle Stammtischthemen, die sich mit dem Lederball beschäftigen. Und natürlich Guidos Meinung.