Einst wechselte er direkt von Borussia Dortmund zu Schalke 04, insgesamt schaffte er es 23 Mal zum Revierderby. Wenige kennen dieses Duell, wie Ingo Anderbrügge.
Wenig verwunderlich also, dass Anderbrügge als Experte bei “Beidfüßig” zum Duell um den Ruhrpott zu Gast ist.
Ingo Anderbrügge spricht über die steigende Formkurve von Schalke 04, ob sie die Klasse halten und wie das Spiel gegen Borussia Dortmund endet.
Ingo Anderbrügge: “Ruhrpott lebt Emotion wie kein anderer”
Wettbasis: Zum Revierderby brauchen wir natürlich einen echten Derby-Helden: Hallo Ingo Anderbrügge.
Ingo Anderbrügge: “Hallo Carsten.”
Sie haben für Dortmund und für Schalke gespielt. 7 Derbys für den BVB, 16 für Königsblau. Am Wochenende ist Jubiläum, das 100. Derby, ein Viertel davon haben Sie bestritten. Was muss man vor einem Derby machen und was darf man auf keinen Fall machen?
“Ich werde in der Derbywoche immer wieder gefragt nach all den Dingen, die da passieren können, aber diese Frage ist mir noch nicht gestellt worden. Was muss man machen, was darf man nicht machen?
Generell sollte man sich als Spieler schon des Derbys bewusst sein, auch wenn es dort – das ist dann nun mal die Professionalität – nur drei Punkte gibt. Man sollte sich der Sache aber schon bewusst sein, wie wertvoll das für die Zuschauer ist, für die Region ist.
Dann baut man eventuell noch einmal 10-20 Prozent mehr Motivation auf, auch wenn viele Spieler nicht mehr aus der Region kommen, hilft es die Region besser zu verstehen. Die Fans tragen ihren Teil dazu bei.
Das habe ich noch erlebt, aber heute ist es noch extremer, dass die Fans zum öffentlichen Training gehen, um nochmal zu signalisieren: ‘Jungs, Samstag wird es richtig wichtig!’ Und diese Emotion lebt der Ruhrpott wie keine andere Region.
Was darf man nicht machen? Ja vielleicht nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen, die Fans noch mehr emotionalisieren. Aber alles hilft am Ende, am wichtigsten ist, dass es friedlich bleibt.”
1997 haben Sie ja ein fulminantes Derby-Tor geschossen zum 1:0. Was war Ihr Gefühl dabei?
“Es war tatsächlich nochmal diese 10-20 Prozent mehr Freude, so ein Derby entscheiden zu dürfen. Ich war Einwechselspieler, weiß gar nicht wie lange ich gespielt habe, kam zum Torschuss und hab das Derby entschieden.
Viel wichtiger ist es, dass mich immer noch Fans und Zuschauer darauf ansprechen. Wer hätte 1997 gedacht, dass ich 26 Jahre später darauf angesprochen werde? Daran merkt man wie wichtig das war.
Ich habe einmal das Tor des Monats geschossen, ein 3:3 gegen Bayern München, darauf spricht mich kaum noch jemand an. [lacht]
Insofern hält diese Begeisterung bei mir auch weiterhin an, ich weiß aber auch noch damals war die Freude total groß. Ich bin damals über die Bande gesprungen, in Richtung Stehplätze und wir haben dort einfach gejubelt – ich habe damals aber keine Gelbe Karte bekommen.”
Spieler-Stationen von Ingo Anderbrügge:
Jetzt ist Schalke ja praktisch von den Toten auferstanden. Warum glauben Sie sind die auf einmal so gut?
“Ich kann es auch nur aus der Ferne beurteilen. Man merkt, dass die Mannschaft mehr lebt unter Thomas Reis. Sie hat sich zu einer Mannschaft entwickelt, man hat als Außenstehender das Gefühl da stehen wieder 11 Maschinen auf dem Platz, die dem Gegner das Leben schwer machen wollen und das Spiel gewinnen wollen.
Ob es jetzt daran liegt, dass es eine andere Kabinenansprache ist, dass das Training anders ist, dass sich die Mannschaft nach dem Aufstieg auch erst finden musste, dass sie diese Zeit benötigt hat. Da fragt der Spieltag ja nicht danach, wie lange sich die kennen, sondern es werden einfach wieder Punkte vergeben.
All das hat sich verändert und natürlich hat auch immer der neue Trainer dann den größten Anteil, aber ich konnte den Vorgänger nicht bewerten und ich kann den aktuellen Trainer nicht bewerten. Am Ende sieht man das Ergebnis und das Ergebnis spricht für ihn, für die Mannschaft.
Da hat man etwas bewegt und man ist wieder in Schlagdistanz, man steht mit fünf Mannschaften gleichauf und man ist wieder voll im Rennen.”
Anderbrügge zu S04: “Null muss stehen”
In der Reis-Tabelle steht Schalk auf Platz 13. Die Taktik ist weite Bälle nach vorne und auf die zweiten Bälle. Ist das vielversprechend und vor allem, hält Schalke die Klasse?
“Zunächst einmal ist es eine super Grundlage: Die Null muss stehen. Mein Erfolgstrainer ’97 war Huub Stevens mit diesem Motto.
Stabil, aus dieser Sicherheit nach vorne spielen. Dann hat man im Winter den einen oder anderen Neuzugang, der auch funktioniert. Zalazar ist wieder fit geworden. Es sind einige Bausteine die dazu beitragen. Thomas Reis wirkt sehr lebendig auf der Seitenlinie, sehr aktiv. Ich glaube er spricht die Sprache der Spieler, die hören ihm auch zu.
Ralf Fährmann – und das habe ich eh nie so ganz verstanden – gehört ins Schalke-Tor und er zeigt es jetzt. Er ist manchmal noch etwas zu ruhig – im Vergleich zu Jens Lehmann zu meiner Zeit, der war immer sehr aktiv, der hätte sich nie mit der Nummer 2 zufrieden gegeben.
Ralf ist da eher bescheiden, aber ich freue mich für ihn persönlich. Er ist ein Typ, der ins Schalke-Tor gehört und auch er ist ein Mosaikstein.
Jetzt ist das Momentum absolut bei Schalke 04, die Fans werden ihren Teil dazu beitragen und das wird die Mannschaft noch einmal pushen.”
Der BVB hat jetzt Körner gelassen unter der Woche. Gewinnt Schalke das Derby? Die Vorzeichen sind gar nicht so schlecht.
“Ja die Vorzeichen sind natürlich super, aber man kann nie die letzten Spiele als Vorzeichen nehmen. Derby ist Derby, da spielt die aktuelle Tabelle gar keine Rolle. Das wird man wieder feststellen.
Je länger Schalke da die Null hält, umso schwerer wird es für Dortmund. Sie haben mehr Minuten in den Beinen, sie haben verletzte Spieler. Die Vorzeichen stehen gut und ich tippe auf ein 1:0 für Schalke, denn das Momentum funktioniert.
Wie gesagt, sie werden Dortmund das Leben echt schwer machen und es wird sich zeigen, wie die nach den Champions League Wochen dagegen halten können.”
Vielen Dank, hat uns sehr gefreut!
“Danke und alles Gute!”
Interview: Carsten Fuß