Die Aufregung in Bochum war riesig – nicht beim gastgebenden VfL, der sich gerade einen Punkt gegen den hoch favorisierten BVB erkämpft hatte. Nein, es waren die Gäste, die sich noch weit nach Schlusspfiff echauffierten.
Einmal mehr im Zentrum der Kritik standen dabei Schiedsrichter und VAR, die einen klaren Elfmeter an Karim Adeyemi nicht gaben und dies anschließend äußerst fragwürdig begründeten.
Die Folge des abermaligen VAR-Chaos am Wochenende? Verantwortliche und Experten diskutierten munter über die Einführung einer Trainer-Challenge wie im American Football. Doch würde diese wirklich etwas bringen?
Trainer-Challenge löst das VAR-Problem auch nicht
Als vor der Saison 2019/20 der Video Assistant Referee eingeführt wurde, versprach man sich in der Bundesliga die bestmöglichen Konsequenzen. Endlich keine Fehlentscheidungen mehr und einen faireren Wettbewerb.
Knapp vier Jahre später hat sich allerorts Ernüchterung ausgebreitet. Doch diese war bereits damals abzusehen und wird auch durch eine Trainer-Challenge nicht der Vergangenheit angehören.
Das Versprechen des faireren Sports konnte von Beginn überhaupt nicht eingehalten werden. Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit rund um den VAR lautete schließlich, dass jede einzelne Fehlentscheidung ab sofort eine zu viel sei.
Das gern herangezogene Beispiel des US-Sports, etwa in NFL oder NHL, zeigt jedoch, dass auch ein Videoschiedsrichter letztlich nur ein Mensch ist. Fehlentscheidungen in den NFL Playoffs waren etwa auch 2023 wieder an der Tagesordnung.
Im Fußball kann zwar eine Abseitsposition mittlerweile halbautomatisch erkannt werden, doch ein Foul- oder Handspiel bieten meist Interpretationsspielraum, den keine Maschine lösen kann.
Auch weiterhin gibt es Fehler, welche die Schiedsrichter und Videoassistenten nun jedoch noch einmal blöder ausschauen lassen, da sie auch nach dem fünfminütigen Studium von Super-Slow-Mos keine adäquate Entscheidung treffen.
Trainer-Challenge würde Erwartungen nochmals hochschrauben
Auf den ersten Blick scheint es also sinnvoll, per Trainer-Challenge ein weiteres Instrument zu haben, um richtige Entscheidungen zu treffen.
Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln, sagte etwa im kicker am Wochenende: “In solchen Fällen, in denen offensichtlich klare Fehlentscheidungen getroffen werden, sollten Trainer diese Möglichkeit bekommen.”
Auch zur Frequenz hat Baumgart bereits einen Vorschlag zu bieten: “Pro Halbzeit einmal wäre sinnvoll.” Doch wie sinnvoll wäre diese Idee wirklich? Fraglos würden die Erwartungen noch einmal nach oben geschraubt.
Wenn der Schiedsrichter auf dem Platz eine Situation bewertet und kein Einspruch vom VAR folgt – wird die Trainer-Challenge dann wirklich entscheidend etwas verändern? Auch nach der abermaligen Ansicht der Bilder läge die Entscheidungsgewalt schließlich weiter beim Schiedsrichter.
Der Aufschrei der betroffenen Teams wäre zudem riesig, wenn eine Challenge einen negativen statt dem erwartet positiven Ausgang hätte.
Und was, wenn ein Team seine Challenge bereits genutzt hätte, aber eine klare Fehlentscheidung im Anschluss ungeahndet bliebe? Schon würde man bei der Forderung von zwei Challenges pro Halbzeit landen.
Weiterhin würde also keine Fehlerlosigkeit im Spiel garantiert. Vielmehr würde sich der Fußball eine weitere Hürde auferlegen, die Geschwindigkeit aus dem Spiel nimmt und für zusätzliche Verzögerungen und eine Abnahme der Emotionalität sorgt.
Genau dies ist schon jetzt der große Kritikpunkt am VAR.
Die besten Wettangebote zur Bundesliga
Schiedsrichter und VAR brauchen bessere Ausbildung – nicht Challenge-System
Die Lösung des Problems bietet ein Challenge-System in der Bundesliga also nicht. Vielmehr stellt sich die Qualitätsfrage.
Denn ist der DFB in der Lage, seine Schiedsrichter und Videoassistenten auf ein besseres Niveau zu bringen, müsste niemand über eine Trainer-Challenge diskutieren. Schon lange gibt es Diskussionen über die Professionalisierung der deutschen Schiedsrichter.
Passiert ist unter dem Strich bislang viel zu wenig, was sich in Fehlern wie am vergangenen Freitagabend widerspiegelt, als der VAR im Kölner Keller einfach schwieg statt einzugreifen.
Und selbst nach einer Weiterentwicklung des Schiedsrichterwesens würde es weiterhin fragwürdige Entscheidungen auf den Plätzen in Deutschland geben. Vielleicht muss man sich damit auch irgendwann abfinden, wenn man nicht weitere Spielpausen wie im American Football möchte.
Wobei – für die TV-Partner wäre eine Extra-Werbepause für Kärcher-Hochdruckreiniger oder die DVAG sicherlich viel wert.