Die deutsche Nationalmannschaft befindet sich nach der 1:4-Blamage gegen Japan und dem Rauswurf von Hansi Flick in aller Munde. Während ein Flick Nachfolger gesucht wird, beschäftigen sich viele noch mit den Gründen für den Niedergang.
Nicht nur die Doku bei Amazon Prime Video zeigt, dass es in der Chemie zwischen Team und Trainer alles andere als stimmte und der DFB inmitten einer großen Krise steckt. Einer, der sich bestens auf der Trainerbank auskennt, ist der langjährige Co-Trainer von Ottmar Hitzfeld, Michael Henke.
Im Gespräch mit der Wettbasis zeigt Henke die Unterschiede zwischen seinen damaligen Teams und der deutschen Nationalmannschaft in der Krise auf.
“Wir hatten eine unheimlich gute Achse, das fehlt der deutschen Nationalmannschaft”
Viel kritisiert für ihre charakterlosen Auftritte wird die deutsche Nationalelf bereits seit langem. Drei verkorkste Turniere in Serie hinterließen ihre Spuren bei den Fans des DFB-Teams in Form einer heftigen Krise.
Michael Henke erlebte mit dem FC Bayern 1999 die wohl größtmögliche Niederlage. In den letzten Minuten des Champions-League-Finals traf Manchester United doppelt und machte den Titeltraum des deutschen Rekordmeisters zunichte.
Doch anstatt am Erlebten zu zerbrechen und in Selbstzweifeln zu ersticken, kam Bayern zwei Jahre später zurück und entschied das Endspiel in Mailand im Elfmeterschießen für sich. Der Hauptgrund dafür lag laut Michael Henke in der Mannschaftsstruktur.
“Das Ergebnis, das wir dann in Mailand gesehen haben, war, dass es uns gelungen ist, eine Mannschaft aufzubauen, die eine unheimlich gute Struktur hatte, die Häuptlinge hatte, wie Stefan Effenberg als Beispiel, die Indianer hatte, wie Brazzo Salihamidzic und die einfach funktioniert hat”, erklärt der Ex-Coach.
“Wir hatten eine unheimlich gute Achse”, so Henke. “Das was heute oft diskutiert wird, fehlt das den Bayern, fehlt das der deutschen Nationalmannschaft. Das hatten wir in diesen entscheidenden Spielen und natürlich ganz speziell auch in diesem Endspiel.”
DFB-Krise: Erfolge “schaffst du nur mit einer absolut intakten Truppe”
Auch 2001 lief gegen Valencia “auch vieles gegen uns erstmal”, erinnert sich Henke an seinen zweiten Champions-League-Titel, nachdem er bereits Teil des Trainerstabs von Borussia Dortmund beim Titelgewinn 1997 in München gewesen war.
“Und trotzdem haben wir nachher gewonnen, und das schaffst du nur mit einer absolut intakten Truppe. Dazu gehört die Mannschaft, dazu gehört das Umfeld, dazu gehört der Staff”, unterstreicht er genau den Punkt, den viele Fans bei Deutschland seit Monaten vergeblich suchen.
Beim DFB sind die Probleme laut Henke noch deutlich größer: “Die Basics fehlen, und da bin ich absolut bei den Leuten, die sagen, dass wir vielleicht zu viel über Taktik geredet haben. Taktik ist wichtig im Fußball, aber wenn man zu viel über Taktik, über Verschieben geredet hat und vergessen hat, wie ein Jürgen Kohler Mann gegen Mann Spieler bekämpft hat, dann ist das auch nicht der Weg.”
Insbesondere die zahlreichen individuellen Fehler von Nico Schlotterbeck, Antonio Rüdiger und Co. sind der Co-Trainer-Legende ein Dorn im Auge: “Ein gutes Abwehrverhalten fängt an, oder kann nur bestehen, durch eine entsprechende Defensive, die wirklich Gegnern auch weh tun können.”
Für Hansi Flick könnte die persönliche Maxime des Trainerkollegen für zurückliegende Erfolge gelten: “Pass auf, für das, was in der Vergangenheit war, da kannst du dir nichts mehr von kaufen. Das hat für mich nach wie vor Gültigkeit.”
So bleibt unter dem Strich jeder Titel beim FC Bayern, aber die DFB-Krise inklusive der zweitschlechtesten Punktausbeute eines Bundestrainers aller Zeiten.