Als Spieler war Eric Wynalda in Deutschland beim VfL Bochum und beim 1. FC Saarbrücken aktiv.
Zudem war der US-Amerikaner zwischen 1990 und 200 satte 106 Mal für das USMNT unterwegs, er ist also ein echter Experte wenn es um die Nationalmannschaft geht.
Daher haben wir ihn für das Beidfüßig-Preview zum Duell der USA mit Deutschland zum Gespräch gebeten. Er spricht über das Spiel USA – Deutschland, die DFB-Chancen bei der Heim-EM und den US-Hype um Lionel Messi.
Eric Wynalda zu USA – Deutschland: “Deutsche Mannschaft ist gut drauf”
Wettbasis: Heute begrüßen wir einen Fachmann für die amerikanische Fußballnationalmannschaft, über 100 Länderspiele, in der Bundesliga gespielt, Eric Wynalda. Wo sind Sie gerade?
Eric Wynalda: “Hallo! Ich bin jetzt immer noch in Las Vegas.”
Wo könnte es einem besser gehen, als in Las Vegas. Sagen Sie uns bitte gleich zu Beginn, zu was ist die amerikanische Fußballnationalmannschaft im Moment in der Lage zu spielen, gegen die Deutschen?
Wynalda: “Ich habe darüber viel nachgedacht. In der Vergangenheit war es wahrscheinlich immer ein Spiel, wo wir ein bisschen Angst hatten, normalerweise muss man gegen Deutschland auch ein bisschen Angst haben.
Aber unsere Mannschaft, und ich kann sagen, es gibt viele solche Mannschaften, in Katar haben wir das von Marokko oder Japan gesehen, die haben keine Angst mehr vor Deutschland.
Und das ist wahrscheinlich das Problem. In der Vergangenheit war das anders, aber jetzt haben wir eine Mannschaft, die gut drauf ist, die gerade in guter Form ist, und es wird ein tolles Spiel.”
Sie haben ganz viele junge Spieler, im Gegensatz zur deutschen Mannschaft, die ist sehr alt. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil? Was können diese besonders jungen Spieler besser als die Deutschen?
Wynalda: “Bei der WM waren sie ganz jung, mit Tyler Adams, McKennie, Pulisic und vielen anderen. Jetzt ist noch Balogun vorne drin. Er war bei der WM noch nicht dabei, aber er stürmt für Monaco und ist ein super Stürmer.
Wir sind alle ziemlich gespannt. Aber wir haben die Erfahrung von der WM, wir haben nicht schlecht gespielt, das Talent ist vorhanden, aber jetzt geht es an unsere Mentalität und ob wir gegen Deutschland ein tolles Spiel machen können.”
Eric Wynalda zu US-Trainer: “Andere Person wäre besser”
Dann sagen Sie uns Ihren Tipp, gewinnt die USA, oder schafft zumindest ein Unentschieden? Was ist Ihre Erwartungshaltung? Was sagen Sie?
Eric Wynalda: “Das ist ein bisschen kompliziert, oder? Bei Hansi Flick herrschte eine andere Mentalität, keiner weiß warum, aber sie haben eine ganz schlechte Zeit erlebt und mit Nagelsmann ist das für mich etwas ganz anderes.
Ich glaube, Deutschland gewinnt 2:1. Im Spiel gegen Frankreich, das war Deutschland, das war eine bessere Leistung.
Das größte Problem ist wahrscheinlich, dass sie keinen Stürmer haben. Havertz ist für mich kein Stürmer. Füllkrug ist ein guter Stürmer, aber Deutschland fehlt ein Stürmer vom Format Rudi Völler, Mario Gomez, Miroslav Klose.
Im Moment haben sie den aber nicht. Trotzdem sage ich, dass wir verlieren. Es tut mir leid Amerika, aber diese Deutsche Mannschaft ist gut drauf, hat einen guten Trainer und deswegen lautet mein Tipp 2:1 Deutschland.”
Wunderbar! Erst einmal vielen Dank für Ihre Einschätzung. Greg Berhalter ist wieder Trainer. Wir wollen jetzt nicht die Umstände erläutern, warum er mal weg war, das ist unappetitlich. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil?
Wynalda: “Aus meiner Sicht ein Nachteil. Wir haben alle gedacht, wir brauchen einen neuen Trainer.
Natürlich weiß jeder, was wir erlebt haben, das Theater mit Giovanni Reyna und den SMS und Nachrichten und alles. Das war peinlich für uns alle hier in Amerika.
Aber für mich ist unser Problem, dass unser Trainer immer das Gleiche spielen lässt. Dadurch sind wir vorhersehbar. Jeder weiß, was wir machen, und dann ist es ganz einfach gegen die USA zu spielen. Als wir den Trainer gewechselt haben, wäre eine andere Person für uns besser gewesen.”
Können Sie denn das Konzept nachvollziehen? Es gibt ganz viele junge Spieler, davon die meisten auch in den europäischen Top-Ligen, und jetzt nicht bei Sassuolo, sondern bei Juventus und Milan. Pulisic, Musah, Timothy Weah, alles Spieler, die bei Topvereinen spielen.
Wynalda: “Das war in der Vergangenheit ein Vorteil, mit Sergino Dest zum Beispiel, der hat auch für Barcelona gespielt, und Weston McKennie, der immer noch bei Juventus ist, auch wenn er seine beste Zeit vielleicht bei Leeds hatte.
Aber, das ist ein großer Vorteil für uns. Nicht nur, dass sie jetzt über die Erfahrung von der WM verfügen, sie spielen sehr gut zusammen. Aber wenn man zusammen im gleichen Club spielt, ist das immer ein Vorteil. Für Pulisic, zum Beispiel, war es ganz schwer bei Chelsea, er hatte gute Zeiten und schlechte Zeiten, aber im Moment ist er in einer super Form.
Und bei AC Milan mit Musah, beide spielen super Fußball im Moment. Die anderen zwei, Timothy Weah und Weston McKennie, finde ich auch gut, sind beide bei Top-Clubs, beide haben sehr gut gespielt. Ich hoffe, sie bleiben gesund.
Das war auch immer ein Thema bei Pulisic. Aber ehrlich, wir haben eine sehr gute Mannschaft, und man muss auch sagen, Balogun von Monaco, der war bei Arsenal, der hat in der Ligue 1 gespielt, aber jetzt ist er bei Monaco und hat ein paar Tore gemacht in letzter Zeit. Unsere Mannschaft ist gut drauf.”
Eric Wynalda über Deutschland: “Können EM 2024 gewinnen”
Wenn wir jetzt mal über die Deutschen reden, was glauben Sie, wie weit kommen die bei der Europameisterschaft im nächsten Sommer, hier in Deutschland?
Eric Wynalda: “Das geht über die Mentalität. Ich weiß nicht, warum das unter Hansi Flick so eine schwierige Zeit war. Er hat so gut angefangen, mit sieben Spielen hintereinander nicht verloren. Was dann kam, das war ganz einfach schwach.
Bei der WM war das überraschend für mich. Gegen Japan zum Beispiel, das war ein Spiel, das ist nie einfach, aber normalerweise hat eine Mannschaft wie Deutschland die Mentalität, dass sie bis zum Ende kämpfen.
Sie haben das Talent, und wahrscheinlich wird das unter Nagelsmann wieder anders. Sie können etwas schaffen. Viertelfinale ist möglich, sie können aber auch das ganze Ding gewinnen.”
Wie beurteilen Sie, und wie beurteilen die Amerikaner den Wechsel von Lionel Messi zu Inter Miami?
Wynalda: “Das war geil, oder? Das ist irgendwie unglaublich. Er ist hierhergekommen und jeder hat gesagt, ja, seine Karriere ist vorbei, er hat keine Lust mehr, aber der war super.
Ich glaube, sie haben elf Spiele hintereinander verloren, und dann ist Messi zur Mannschaft gekommen, dann haben sie die nächsten zwölf Spiele gewonnen. Das ist einfach so. Er ist nicht mehr der beste Spieler der ganzen Welt, das weiß jeder.
Er ist ein super Fußballer, und für die Leute in Miami, für die Spieler, für die Fans, war das super. Er ist aktuell verletzt, das war traurig für uns alle, aber das war unglaublich! Wenn wir Fußball sagen, sagen wir Messi. Wo ist er, wann spielt er? Das war super.”
Sie haben unter anderem beim VfL Bochum gespielt. Welchen Tipp haben Sie für die Bochumer Jungs im Abstiegskampf aktuell?
Wynalda: “Ist wie immer, oder? Kämpfen bis zum Winter, es ist der VfL Bochum. Sie bleiben drin, der Trainer hat mein Vertrauen.
Ich glaube, sie bleiben drin, aber das ist wie immer, es bleibt eng, vielleicht ein Punkt mehr, dann ist alles okay und dann werden sie nächstes Jahr Bundesliga spielen.”
Welche Nation kann bei der WM 2026, wenn die Weltmeisterschaft ja in den USA stattfindet, überraschen? Also wem trauen Sie eine Überraschung zu?
Wynalda: “Hoffentlich sind es die USA. Aber wir haben das bei der letzten WM gesehen, wie schwer Fußball ist, mit Marokko. Das war überraschend für uns alle. Wahrscheinlich eine Mannschaft aus Asien.
Wir haben das auch gesehen mit Japan. Sie haben die Deutschen geschlagen. Das ist eine ganz schwere Frage, in den nächsten zwei Jahre, weiß das keiner. Kann sein, dass es Dänemark ist, kann sein, dass es wieder eine Mannschaft wie Spanien ist. Niemand weiß das.
Die vermeintlich kleinen Mannschaften haben am meisten überrascht. Japan war für mich überraschend, und wir müssen aufpassen.”
Vielen Dank, Eric Wynalda. Übrigens, sie spielen ja in Hartford, Connecticut. Ein sportlich historisches Ereignis hat da stattgefunden.
Wynalda: “Das ist eine tolle Stadt und es wird ein tolles Spiel. Ich glaube, das ist das erstmal seit ein paar Jahren, dass dort gespielt wird.”
Ja, Fußball, aber Tennis.
Wynalda: “Auf Tennis habe ich keine Lust mehr. Ich bin 54, das ist jetzt schon zu spät.”
Gut, dann verrate ich es Ihnen. 1987, Davis Cup, John McEnroe gegen Boris Becker! Längstes Match, sechst Stunden und zehn Minuten und Becker hat gewonnen.
Eric Wynalda: “Ja, natürlich! Das war mit Agassi, Ivan Lendl, Jimmy Conners eine andere Zeit, das war super damals!
Interview: Carsten Fuß