Die Gruppe E bei der EM 2024 besteht aus dem klaren Favoriten Belgien und drei weiteren Ländern, die alle den Sprung ins Achtelfinale schaffen könnten. Ukraine, Rumänien und Slowakei.
Der erste Platz scheint vergeben, das sind sich auch die Experten sicher, aber dahinter bietet die Gruppe E unheimlich viel Spannung. Wie schätzen die Experten Max Nicu und Marek Mintal die Chancen ihrer Nationen ein?
In der “Beidfüßig” Vorschau zur Gruppe E diskutieren sie über Chancen und Risiken, die Stimmung im Land und natürlich den Weg in die K.O. Spiele.
Max Nicu über Rumänien: “Ziel ist, Gruppe zu überstehen”
Max Nicu über die Stimmung in Rumänien:
“Es kommt darauf an, wen man fragt. Ich hab jetzt auch mal ein bisschen reingehört, allgemein in die Stimmung im Land. Ich habe ein bisschen was gelesen, auch allgemein über die Mannschaft bzw. wie die Mannschaft interpretiert wird. Es ist so, dass die Euphorie tatsächlich sehr groß ist.
Es herrscht sehr viel Selbstvertrauen in der Mannschaft. Die Stimmung außenrum scheint auch sehr gut zu sein. Klar muss man jetzt ein bisschen auch beachten, dass die Gruppe nicht allzu stark ist, nicht unbedingt vergleichbar ist mit den anderen Gruppen.
Das Ziel von Rumänien ist ganz klar wenn man rein hört, egal ob es Spieler, Ehemalige oder Promis sind, oder wer auch immer noch ein bisschen seinen Senf dazugibt. Das Ziel ist ganz klar, dass sie die Gruppe überstehen. Also das hat die oberste Priorität.
Das ist jetzt auch, glaube ich, keine Raketenwissenschaft, dass jede Mannschaft aus der Gruppe raus möchte. Aber da scheint das Selbstvertrauen und die Ambition da zu sein, dass man das auf jeden Fall schaffen sollte.”
Max Nicu über Trainer Iordanescu:
“Zuerst mal muss man sagen, dass jetzt in dieser Mannschaft auch viele Jungs dabei sind, die auch schon in der U21 zusammengespielt haben. Das darf man jetzt nicht unterschätzen, dass die sich besser kennen, als es vielleicht ein paar Jahre zuvor der Fall war. Unter Iordanescu ist es so, dass sie sehr zu einer Einheit geworden sind.
Das hört man auch tatsächlich im Umfeld, wenn man die Jungs auch selber fragt, oder wenn sie Interviews geben, kommt das immer an erster Stelle. Da kommt, vor allem was das Fußballerische angeht, erst mal der Zusammenhalt der Mannschaft, die Einheit. Und dass das ein sehr, sehr großer Faktor geworden ist, der auch sehr gut funktioniert, hat man auch in der Qualifikation gesehen, die sie am Ende auch tatsächlich sogar als Gruppensieger abgeschlossen haben, vor der Schweiz.
Ansonsten ist es fußballerisch so, dass sie natürlich schon mit dem Material arbeiten müssen, auch der Trainer, was sie zur Verfügung haben. Da muss man immer wieder davon weggehen, weil viele Leute, die über Rumänien reden, reden dann über diese goldene Generation mit Hagi usw., sein Sohn ist ja da auch dabei. Allerdings darf man das nicht vergleichen. Also das sind nicht diese individuellen Spieler, die es damals gab. Es ist tatsächlich die Einheit, Iordanescu weiß das auch und deswegen kommt er mehr über diese Geschlossenheit.”
Max Nicu über die taktische Ausrichtung:
“Systemtechnisch glaube ich, will er mehr in einem 433 oder 4231 spielen, was jetzt auch keine Neuerung ist, was viele Vereine oder viele Nationalmannschaften auch spielen werden. Das Problem ist, dass sie viel von den Spielern abhängen, wie sie spielen können. Momentan ist es so, dass sie viele Spieler haben, die nicht jetzt gerade in den besten Clubs der Welt spielen, das muss man auch dazusagen. Deswegen ist er da auch ein bisschen dazu gezwungen, so wie es viele andere Nationaltrainer auch sind, da ein bisschen was Neues zu kreieren.
Also die werden eher versuchen über schnelle Gegenangriffe, über schnelles Umschaltspiel zu kommen, als selber viel im Ballbesitz zu sein. Das darf man auch nicht von Rumänien erwarten. Aber dafür haben sie dann schon den ein oder anderen Spieler drin, der die Qualität mitbringt, um das auch umzusetzen. Ansonsten ist er sehr modern, ja. Aber man darf nicht vergessen, dass er mit dem Material arbeiten muss, das ihm zur Verfügung steht.”
Max Nicu über Vorteile einer Mannschaft ohne Stars:
“Die Spiele in der Qualifikation sind dann tatsächlich auch irgendwo entschieden worden durch den Willen, durch den unbedingten Willen, den sie an den Tag gelegt haben, gerade in den Spielen gegen die Schweiz. Das hat dann sehr gut funktioniert. Deswegen ist auch dieses „übertriebene“ Selbstvertrauen entstanden, das sie auch mitgetragen haben, in die Bevölkerung rein. Das hört man auch immer wieder raus. Kann durchaus ein Vorteil sein.
Es gibt schon ein paar Spieler in der Mannschaft, die individuell was entscheiden können. Stanciu als Kapitän zum Beispiel, der gewisse Situationen entscheiden kann, Hagi wenn er einen guten Tag wischt, der auch die eine oder andere Situation individuell entscheiden kann. Es sind zwei Jungs dabei aus Parma, die jetzt aufgestiegen sind in die Serie A, die sehr viel dazu beigetragen haben. Vor allem Mihaila, der auch in der Qualifikation viel gemacht hat.
Es gibt aber nicht mehr so einen Adrian Mutu, der irgendwie über allem stand, fußballerisch sicherlich auch, aber auch was den Charakter und die Person anging. Und das hat man jetzt nicht, was durchaus ein Vorteil sein kann. Allerdings hat man leistungstechnisch gesehen, dass sie zum Beispiel gegen Kolumbien dann irgendwo an ihre Grenzen gestoßen sind und so ein Spiel verloren haben. Es ist durchaus möglich, dass das ein Vorteil ist, aber ich glaube, es hängt sehr, sehr viel davon ab, wie die Jungs an den Spieltagen ihre Leistungen auf den Platz bringen können.”
Max Nicu über die Spiele gegen Ukraine und Slowakei:
“Gerade das erste Spiel gegen die Ukraine wurde jetzt auch öfters mal betitelt und ich glaube schon, dass sie sich da ein bisschen als Außenseiter sehen. Sie werden schon versuchen, irgendwo auch ihren Stil zu spielen, was sie wahrscheinlich gegen Belgien nicht machen werden können, das ist auch klar. Aber auch gegen die Ukraine werden sie sich selber schon so ein Stück weit als Außenseiter hinstellen, um da gewissen Druck wegzunehmen.
Gegen die Slowakei muss man schon die Ambition haben, dass man da ein bisschen den Takt vorgeben will. Allerdings hängt es auch davon ab, wie sie das erste Spiel spielen, das weiß man ja auch, wie man dann eben ins zweite Spiel reingeht. Muss ich dann schon mehr Risiko gehen oder kann ich mich vielleicht ein bisschen zurückziehen? Aber vom Prinzip ist es genau so, dass Belgien klarer Favorit ist in der Gruppe und dann ist aber schon die Hoffnung da und auch der Glaube da, dass man die Gruppe als Zweiter abschließen kann.”
Max Nicu über den Einzug ins Achtelfinale:
“Ich habe jetzt auch sehr viel gelesen, auch viele Meinungen mal angehört. Das ist natürlich klassisch in Rumänien so, dass jeder natürlich mal seine Meinung dazu geben darf. Es gab vor kurzem ein Benefizspiel in Bukarest, wo viele ehemalige Profis dabei waren und da wurden viele Ehemalige befragt, es wurde auch ein sehr großer Komponist, der inzwischen auch etwas in die Jahre gekommen ist, befragt.
Also es darf jeder seine Meinung abgeben und da geht es tatsächlich von wir haben gar keine Chance und die Mannschaft hat keine Qualität, bis hin zu wir können tatsächlich auch sogar übers Achtelfinale hinauskommen. Das ist immer wieder sehr amüsant das zu lesen.
Der Komponist hat die Mannschaft tatsächlich ziemlich zerlegt. Also der hat bis auf einzelne Spieler der Mannschaft jegliche Qualität abgesprochen. Der ist jetzt 87 Jahre alt, alte Schule, der hat ganz klar gesagt, dass da viel zu wenig Qualität ist und dass es viele Spieler gibt, die einfach nichts können, um es auf gut Deutsch zu sagen.
Wenn man jetzt aber die verbreitetste Meinung reinholt, dann ist es schon so, dass viele definitiv das Ziel haben die Gruppe zu überstehen und wir können sie auch überstehen, wenn wir unsere Leistung bringen.
Mit diesem Selbstvertrauen, was sie gezeigt haben in der Qualifikation. Es ist natürlich respektabel, was die Jungs da geleistet haben. Aber so ein Turnier ist dann noch mal ein bisschen was anderes als diese Qualifikation. Von dem her bin ich da der Meinung meines ehemaligen Trainers, Razvan Lucescu, der gesagt hat, es wird sehr, sehr viel davon abhängen an den jeweiligen Spieltagen, wie die Leistungsträger ihre Leistungen abrufen können.”
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Marek Mintal: “Hinter Belgien ist es schon sehr offen”
Marek Mintal über die Stärke der Slowakei:
“Eine Stärke ist auf jeden Fall die Mentalität von den Jungs. Bei den letzten EM-Turnieren war die Slowakei dabei, auch bei der WM in Südafrika 2010, das heißt in den letzten Jahren war die Slowakei fast immer dabei und es ist für unser Land schon eine geile Sache. Das muss man so sagen. Und das ist einfach eine Mannschaft mit Mentalität, mit Charakter und mit Bodenständigkeit.”
Marek Mintal über den italienischen Trainer der Slowakei:
“Da merkt man schon ein bisschen das italienische Blut. Calzona versucht einfach mit dieser Mannschaft im 433 zu spielen, zu reagieren. Er hat mit Marek einen unheimlich erfahrenen Spieler an seiner Seite, mit einer geilen Karriere. Das passt einfach.
Die Jungs haben das geschafft, sie haben sich qualifiziert für die EM. Das heißt, das komplette Team hat einen guten Job gemacht und in ein paar Tagen starten sie in Deutschland in dieses geile Turnier und mit geilen Spielern in die Gruppe.”
Marek Mintal über den Spielansatz gegen Rumänien und Ukraine:
“Wenn wir die drei Gegner in die Gruppe anschauen, ist Belgien für mich oder auch für uns alle einfach Topfavorit. Dann hat man die zwei Kandidaten, Ukraine und Rumänien, wo man sagt, das sind die zwei Gegner, wo wir die Punkte holen müssen, wenn wir unbedingt in der Gruppe weiterkommen wollen.
Aber gegen diese Mannschaften, diese Länder ist es auch extrem schwierig zu spielen, die haben auch eine sehr gute Qualität. Rumänien habe ich schon seit langer Zeit nicht gesehen, aber wenn ich an ihre überragenden Fußballer denke, wie Hagi damals, dann haben sie schon eine gute Mannschaft und seit Jahren richtig gute Fußballer.
Belgien, na ja, schauen wir mal, da kann man vielleicht schon verlieren, aber gegen Ukraine und Rumänien, die Punkte muss man holen. Holen wir die Punkte, bin ich selber gespannt.”
Marek Mintal über Probleme in der Offensive:
“Die Offensive ist bei uns schon seit mehreren Jahren irgendwie ein Problem. Wir haben keine richtigen Goalgetter. Wir haben Spieler mit mehr als einhundert Spielen, aber wenn man die Torquote anschaut, ist das einfach zu niedrig.
Ich habe den Kader gesehen und wenn ich die Offensive sehe, dann hat man keinen Spieler, der zwei, drei Saisonen hintereinander zwischen zehn bis fünfzehn Tore macht und das ist immer schade. Das ist immer schade, denn für diese Turniere braucht man richtig gute Goalgetter, das wissen wir. Aber ich bin gespannt, wie die Jungs das aufteilen. Aber vorne haben wir Schwierigkeiten, das muss man zugeben.”
Marek Mintal über die Key Spieler der Slowakei:
“Es gibt schon Qualität im Kader. Die Jungs spielen fast überall, von Premier League, Bundesliga, Serie A, Spanien, Holland bis Portugal. Die sind gut unterwegs, das muss man so sagen.
Hinten haben wir Dubravka von Newcastle einen erfahrenen Torwart, der seine Qualitäten hat. In der Verteidigung Milan Skriniar, der seit letztem Sommer bei Paris St. Germain spielt. Er hat seit ein paar Monaten Probleme mit Verletzungen, wurde im Dezember oder Januar operiert. Das heißt in der Rückrunde hat er nicht nicht viel gespielt, aber trotzdem, denke ich, funktioniert er wieder richtig gut.
Dann in der Mitte Lobotka, der ist für mich so der Motor. Fußballerisch ein richtig guter Spieler, aber er könnte, oder sollte, noch etwas gefährlicher sein. Dann hat man Andrej Duda, der mit Verona jetzt gerade den Klassenerhalt in der italienischen Liga geschafft hat.
Über ihn wird viel diskutiert, aber er ist ein geiler Kicker, feiner Fuß, feines Auge, der kann echt gute Bälle spielen. Aber er wirkt für mich ein bisschen lustlos auf den Platz, das ist schade. Aber wer weiß. Wir wissen, wie diese Turniere sind. Kann sein dass es passt in dem ein oder andere Spiel bei ihm und dann wird man sagen, wie fantastisch er gespielt hat. Aber es stimmt schon, er bringt seine PS selten auf den Platz.”
Marek Mintal über die Chancen in Gruppe E:
“Für mich ist der Favorit klar Belgien. Platz zwei ist das, wovon das Trainerteam oder auch wir Fans träumen. Die nächsten K.O.-Spiele sind dann einfach so wie sie sind, aber die Aufgabe wird lauten Platz zwei in der Gruppe. Das ist meine Meinung. Das ist möglich. Schwierig, aber das ist möglich.”