Die Saison 2024/25 in Deutschland startet so richtig durch. Den Anfang machen die erste Runde des DFB-Pokals sowie der DFL Supercup zwischen Meister Bayer Leverkusen und Vizemeister VfB Stuttgart.
Als Experte wird Gonzalo Castro auf die anstehenden Spiele für Bayer Leverkusen blicken und wie viel Aufschluss sie über spätere Saison liefern könnten.
Doch Castro analysiert nicht nur Bayer Leverkusen vs. VfB Stuttgart und ausgewählte Spiele im Pokal, er blickt auch auf die B04 Titelchancen, vergleicht Xabi Alonso und Sebastian Hoeneß und .
Gonzalo Castro über Leverkusen: “Werden ihre Serie fortsetzen”
Wettbasis: Als Experten fungiert heute einer, der Leverkusen in- und auswendig kennt und auch für den VfB Stuttgart gespielt hat. Hallo Gonzalo Castro.
Gonzalo Castro: “Hallo, guten Tag.”
Ein Supercup, mit dem man eigentlich überhaupt nicht gerechnet hat. Der erste Saisonhöhepunkt, Bayer Leverkusen gegen den VfB Stuttgart. Ist Bayer Leverkusen für Sie auch eher der Kandidat für einen Sieg? Und warum?
Castro: “Natürlich. Allein weil sie keine Abgänge diesen Sommer hatten, beziehungsweise große Abgänge. Die wichtigsten Spieler sind alle da, sind dem Trainer treu geblieben.
Deswegen denke ich, dass es eine Mannschaft geblieben ist, die sich in- und auswendig kennt und deswegen werden sie ihre Serie fortsetzen, die sie schon in der Rückserie gebracht haben.”
Sie sind ungeschlagen durch die Saison gegangen. Wird das wieder so sein? Also glauben Sie, dass sie an Qualität nichts eingebüßt haben?
Castro: “An Qualität haben sie nichts eingebüßt, eher sogar noch mehr gewonnen. Viele waren bei der EM, haben dadurch noch mehr Erfahrung mitgenommen. Viele haben jetzt auch eine Saison mehr als Bundesligaspieler. Die Erfahrung und die Qualität ist noch höher geworden.
Die Frage ist, ob sie es vom Kopf her so beibehalten können. Eine ganze Saison mit Champions League, also mit der anderer Dreifachbelastung, die jetzt dazukommt. Ob sie das schaffen, das wird die große Crux werden, auch für den Trainer, alle Spieler wieder so beieinander zu haben, wie sie das letztes Jahr geschafft haben.”
Sie haben ja nach wie vor auch ein Ohr in der Mannschaft. Dieser Move, dass Alonso gesagt hat, ich bleibe noch ein Jahr, wird das noch mehr Kräfte freisetzen? Wie ist das aufgenommen worden?
Castro: “Bei den Fans, aber auch innerhalb der Mannschaft und des Vereins, war es natürlich eine Erleichterung. Es waren schon so ein, zwei, drei Wochen am Stück, wo viele große Trainer aufgehört haben, wie Kloppo, Xavi. Es waren schon ein paar Vereine frei, wo er ja auch gespielt hat und die auch sehr attraktiv gewesen wären.
Aber der Move von ihm war sehr, sehr clever, dass er gesagt hat, er ist noch nicht fertig in Leverkusen. Das stimmt auch. Es ist das erste Jahr jetzt wieder seit langem mit Champions League.
Deswegen denke ich, dass es der Mannschaft gutgetan hat, aber auch den Fans so ein bisschen Rückgrat gegeben hat, dass nicht ein Trainer jetzt nach einem Jahr weggeht, sondern einfach bleibt und mit der Mannschaft weiter Erfolg haben will.”
Die Spiele gegen den VfB Stuttgart waren die spektakulärsten in der vergangenen Saison. Was erwarten Sie sich für den Supercup?
Castro: “Das wird wieder ein Spiel werden wie in der letzten Saison. Das sind einfach die zwei besten Mannschaften, fußballerisch auf jeden Fall. Letztes Jahr hat das auch das Ergebnis der Saison bestätigt, dass Leverkusen Meister geworden ist und Stuttgart Zweiter am Ende, weil sie einfach am konstantesten und auch am schönsten Fußball gespielt haben.
Sie spielen sehr ähnlichen Fußball. Daher wird das jetzt am Wochenende wieder ein Spiel werden, sehr taktisch geprägt, sehr fußballerisch geprägt. Klar ist es noch sehr früh in der Saison, es ist das erste Spiel in der Saison, viele kamen vor ein paar Wochen erst von der EM wieder, aber ich denke, dass wir trotzdem ein sehr hohes fußballerisches Niveau sehen werden.”
Castro über Stuttgart: “Qualität ist nicht weniger geworden”
Sie haben ja auch beim VfB Stuttgart gespielt. Dort herrscht ja ein ganz anderer Zustand aktuell. Also viele Abgänge, Anton hinten mit Sicherheit ein ganz wichtiger Mann auch für die Mannschaftshygiene, vorne Guirassy weg. Werden die anknüpfen können an das, was sie in der letzten Saison gezeigt haben?
Casto: “Ich glaube schon. Letztes Jahr war es eine ähnliche Situation mit so viel Abverkauf, wobei es wahrscheinlich letztes Jahr noch extremer war mit Endo, Mavropanos und Sosa. Das waren drei Schlüsselspieler, wo die aus der Saison rausgekommen sind, wo sie gerade den Klassenerhalt geschafft haben.
Und ich denke, dass sie einfach dieses Jahr auch gefestigter sind und auch Spieler dazubekommen haben, die eine hohe Qualität haben und sich jetzt auch Spieler leisten können, weil sie finanziell, mit der Champions League, ein bisschen stabiler stehen.
Das hat auch Fabian Wohlgemuth im Interview gesagt, dass sie finanziell sehr, sehr stabil sind, jetzt sogar über paar Jahre und auch mit der Qualität der Transfers die sie getätigt haben, auch sehr clevere Transfers, dass sie wieder anknüpfen werden, wo sie letztes Jahr aufgehört haben.”
Welche Transfers finden Sie besonders clever, die sie getätigt haben?
Gonzalo Castro: “Sie machen über die Abgänge keinen großen Hehl. Also sie jammern nicht. Natürlich war Waldemar Anton ein sehr wichtiger Spieler in der Mannschaft, aber auch generell für das Mannschaftsgefüge. Da meckern sie nicht viel und holen einfach dann Ersatz.
Zagadou kommt nach langer Verletzung wieder zurück, das ist auch nochmal ein wichtiger Spieler. Bei Demirovic bin ich sehr gespannt. Undav war so eine Hängepartie über Wochen, wobei er sich klar bekannt hat, dass er zu Stuttgart will. Das hat eine große Euphorie geweckt in Stuttgart, dass ein Spieler unbedingt kommen wollte, obwohl er bei einer guten Mannschaft in England war.
Das sind zwei Transfers, die entscheidend sind. Und den größten Teil im Mittelfeld, wo sie auch die Spiele drüber gewonnen haben, den haben sie behalten. Die Qualität ist auf jeden Fall nicht weniger geworden.”
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Sebastian Hoeneß und Xabi Alonso, wenn Sie die vergleichen, was sind die entscheidenden Dinge, die sie unterscheiden?
Castro: “Die Vergangenheit ist ein bisschen anders bei beiden Trainern. Xabi Alonso war fußballerisch, als Spieler, nochmal um zwei, drei Klassen höher als Sebastian Hoeneß. Und das ist ein großer Punkt, dass Alonso auch ein paar andere Trainer hatte, wo er gelernt hat oder lernen konnte.
Das ist das Größte, was Xabi auch hat, dass er immer gute Trainer hatte, wo er einfach sehr, sehr viel lernen konnte.”
Sebastian Hoeneß, was zeichnet ihn aus? Sie haben ihn ja kennengelernt.
Castro: “Seine Ruhe, seine Gelassenheit, tut dem Verein, der Mannschaft, sehr gut. Es ist eine junge Mannschaft. Das hat man letzte Saison einfach gesehen, dass er auch in den Phasen, wo es nicht so lief – wo sie auch mal ein Spiel verloren haben, wo diese zwei, drei Spieler nicht so gut gespielt haben – trotzdem ruhig geblieben ist und dass er nie irgendwie die Mannschaft angegangen ist, sondern sich immer an seinen Plan gehalten hat.
Das hat man auch dieses Jahr schon gesehen bei den Transfers, dass es nirgends große Schlagzeilen gab. Beim VfB Stuttgart war es immer ein Thema, dass es große Schlagzeilen gab. Aber jetzt, seit anderthalb Jahren wo Sebastian Hoeneß da ist, gab es nie eine große Schlagzeile, dass der Verein ins Wanken kommt, sondern eher andersrum, dass er Verein stetig wächst und ihm auch die Ruhe gibt und er in Ruhe trainieren kann und langsam den Verein wieder stabilisiert hat.”
Das heißt, Sie trauen dem VfB Stuttgart eine ähnliche Rolle zu wie in der vergangenen Saison? Glauben Sie, dass die auf dem Niveau weiterperformen?
Castro: “Auf jeden Fall. Vielleicht werden die ersten Wochen ein bisschen zum reinfinden, denn die Dreifachbelastung ist nochmal komplett was anderes für viele Spieler.
Aber die Qualität von Sebastian Hoeneß ist einfach so hoch, dass er das auch sehr gut dosieren kann und die Spieler alle einsetzen kann und dann machen sie so weiter, wie in der letzten Saison.”
Meisterschaftskandidat?
Gonzalo Castro: “Ich hoffe es natürlich für den Verein, dass es wieder so ein Dreikampf wird. Letztes Jahr war es ein bisschen eintönig, was schön war für Leverkusen natürlich.
Ich hoffe, dass sie ein bisschen mitspielen können, aber am Ende wird es dann wahrscheinlich nicht reichen.”
Einen Ergebnistipp brauchen wir aber noch von Ihnen. Wie wird der Supercup ausgehen?
Castro: “2:1 für Leverkusen. Ich sage Xhaka und Wirtz für Leverkusen. Und Demirovic für Stuttgart.”
Castro über BVB unter Sahin: “Über kurz oder lang Titelkandidat”
Noch kurz zwei, drei Sachen zum DFB-Pokal. Sie haben ja auch mit Nuri Sahin zusammengespielt. Das erste Pflichtspiel für ihn wird sein bei Phoenix in Lübeck zu bestehen. Wird das ein Problem werden?
Castro: “Ich glaube nicht. Nuri Sahin wird so motiviert sein und so auch die Jungs, dass sie da problemlos weiterkommen.”
Die Vorbereitung war jetzt nicht ganz stolperfrei. Was kann Nuri Sahin mit dem BVB schaffen? Was ist das für ein Typ?
Castro: “Er ist ein sehr ehrlicher Junge. Er war schon immer ehrlich, immer sehr direkt. Das hat man jetzt auch bei den Sequenzen gesehen aus dem Training, dass er ganz klare Vorstellungen hat, wie er Fußballspielen will und auch ganz klare Vorstellungen hat, wie der Verein sein wird, wie er die Mannschaft leiten will.
Über kurz oder lang wird er da Erfolg haben beim BVB, weil er einfach klare Vorstellungen hat, wie sein Trainer-Leben sein wird.”
Jetzt ist der BVB ja schon ziemlich umgekrempelt. Also die haben sich beim VfB Stuttgart bedient, mit Guirassy, mit Anton. Maximilian Beier jetzt als neuer Stürmer, ein ganz anderer Typ als Füllkrug. Wird Borussia Dortmund besser dadurch oder glauben Sie, das wird ein zu großer Cut sein?
Gonzalo Castro: “Das war ein bisschen notwendig. Natürlich, es war vorher Edin Terzic da, der seine Spieler haben wollte. Jetzt kam Nuri im Sommer, der eine gewisse Vorstellung vom Fußball hat, wie sein Team spielen wird und dafür braucht er einfach die Spieler.
Die hat er jetzt zum größten Teil bekommen. Er wollte unbedingt noch einen Flügel- oder Außenbahn-Spieler, der den Ball noch ein bisschen mehr vorantreiben kann und bei Guirassy weiß man, was man bekommt. Er ist ein Garant dafür, dass er nicht viel Chancen braucht, um ein Tor zu schießen.
Natürlich hat man mit Beier auch einen guten Transfer gemacht, das ist ja die Sturmhoffnung für Deutschland in den nächsten Jahren. Dann war auch schon zu sehen, als er letztes Jahr bei Hoffenheim schon sehr gut gespielt hat. Die Qualität ist nochmal gewachsen, durch die Spieler, mit Anton noch natürlich in der Defensive.
Ich glaube, dass Nuri Sahin da auf jeden Fall seine Spieler bekommen hat, die er haben wollte und jetzt liegt es an ihm, ob er das umsetzen kann.”
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Spielen die um die Deutsche Meisterschaft mit?
Castro: “Ich hoffe es natürlich. Die Mannschaft wird sich erst finden müssen mit dem Trainer, mit einem jungen Trainer. Aber er ist sehr, sehr gut akzeptiert in der Mannschaft, da er ja schon die letzte halbe Saison die Mannschaft kennenlernen durfte.
Er dürfte auch die Spieler kennen. Und ich denke, dass sie dann über kurz oder lang, wie vorhin schon gesagt, auf jeden Fall Meisterschaftskandidat sind.”
Sie haben auch für Arminia Bielefeld gespielt, die spielen im Pokal gegen Hannover 96. Also ein Derby kann man schon sagen, oder nicht?
Castro: “Ja, das ist ja fast um die Ecke in Ostwestfalen. Deswegen kann man schon sagen, dass das ein kleines Derby ist. Ich denke am Ende, dass es mit der Qualität auf jeden Fall Hannover schaffen wird.
Ja, definitiv. Weil sie jetzt in der Rückserie sehr, sehr gefestigt waren, sehr gut gespielt haben. Die hatten auch kaum Abgänge und gute Neuzugänge bekommen. Ein Trainer, der eine klare Vorstellung hat vom Fußball, der jetzt über Jahre schon in der 2. Liga bewiesen hat, dass er ein guter Trainer ist.
Und ich denke, dass sie in diesem Jahr auf jeden Fall um den Aufstieg spielen werden.”
Bayern München hat in den letzten Pokal-Saisons nicht so performt, wie man sich das vorgestellt hat. Sie sind gestolpert, letzte Saison ziemlich früh, in Saarbrücken. Glauben Sie, dass die gegen Ulm Schwierigkeiten haben werden, in der ersten Runde?
Castro: “Das ist schon ein sehr unangenehmer Gegner und Ulm hat das in der 3. Liga auch schon gezeigt. Sie sind quasi durchmarschiert in die 3. Liga. Das muss man erst mal schaffen.
Jetzt in der 2. Liga, mit zwei Niederlagen, sind sie nicht so gut gestartet. Aber es ist trotzdem immer was anderes, wenn man Bayern München zu Hause hat. Da sind die Spieler extra motiviert und wollen natürlich so ein kleiner Stolperstein sein. Aber am Ende, mit der Qualität, werden sie sich durchsetzen.”
Ist Vincent Kompany der richtige Trainer für die Bayern?
Gonzalo Castro: “Das wird man in der Zukunft sehen. Das kann man jetzt nicht sagen, aber ich habe sehr viel Gutes von ihm gehört.
Auch, dass er jahrelang bei Pep Guaridola war, dass er sehr viel dazugelernt hat und ich denke schon, dass er der richtige Mann ist für Bayern München.”
