Auswärtsspiele bei Roter Stern Belgrad sind in der Champions League berühmt berüchtigt und meist von Reisewarnungen für die Fans begleitet. So auch am Mittwoch wieder, wenn der VfB Stuttgart in Serbiens Hauptstadt gastiert.
Doch Roter Stern Belgrad ist viel mehr als nur Gewalt und beeindruckende Pyroshows auf den Rängen. Wie tickt der Verein, der als Jugoslawiens Rekordmeister in die Historie einging?
Ein Porträt des serbischen Klubs mit anderem Namen, einem großen Erfolg, deutschem Anstrich und viel Tradition.
1991 gelingt Roter Stern Belgrad in Europa der große Wurf
In Belgrad ist es eine Frage von Leben oder Tod, vergleichbar fast nur mit der übermäßigen Leidenschaft, die südamerikanische Fans ihren Klubs entgegenbringen: Roter Stern oder Partizan Belgrad.
Sympathien für beide Klubs kann niemand hegen, zu groß ist die Rivalität seit Jahrzehnten. Sie führt zurück nach Jugoslawien, wo Roter Stern mit insgesamt 19 Titeln zum Rekordmeister wurde, ehe das Zerfall des Landes der großen Ära der heutigen Serben ein Ende setzte.
Nachdem die jugoslawische Liga 1992 nicht mehr existierte, kam es zum Ausverkauf einer legendären Mannschaft, die gerade einmal ein Jahr zuvor den größten Erfolg der Klubgeschichte feierte.
Roter Stern gewann 1991 den Europapokal der Landesmeister und schlug dabei im Finale Olympique Marseille im Elfmeterschießen. Auf dem Weg ins Endspiel bezwang die Mannschaft um Stars wie Robert Prosinecki oder Sinisa Mihajlovic Dynamo Dresden und den FC Bayern.
Im Dezember ließen die Jugoslawen dann noch den Weltpokal-Sieg folgen. Mit 3:0 bezwang die Mannschaft ohne den mittlerweile für unglaubliche 15 Millionen Euro zu Real Madrid transferierten Prosinecki die Chilenen von Colo-Colo. Roter Stern stand zum Abschluss auf dem Gipfel der Fußballwelt.
Der große Glanz bröckelte seit dem Zerfall Jugoslawiens vom Klub ab, doch auch in Serbien wird man seinem eigenen Anspruch gerecht und ist wie einst in Jugoslawien Rekordmeister und -pokalsieger.
Auf die Rückkehr in die Champions League musste man derweil lange warten. Erst zur Spielzeit 2018/19 schaffte man endlich wieder die Qualifikation für die Königsklasse und wurde mit Spielen gegen Neapel, PSG und Liverpool belohnt – 2:0-Heimsieg gegen Liverpool inklusive.
Technischer Direktor bei Roter Stern Belgrad ist alter Bekannter
Wer sich den aktuellen Kader von Roter Stern Belgrad ansieht, dem wird schnell klar, dass es sich hierbei nicht um einen möglichen Champions League Sieger handelt. Dennoch: In den letzten Jahren entwickelte sich vieles zum Guten.
Das hat unter anderem auch mit einem alten Bekannten und Kind der deutschen Bundesliga zu tun. Die Rede ist von Marko Marin, der seit April 2023 als technischer Direktor beim serbischen Traditionsklub angestellt ist.
Zuvor war der unter anderem für Gladbach und Bremen aktive Marin bereits als Leiter der Scouting-Abteilung bei Roter Stern tätig. In seinen anderthalb Jahren als Funktionär feierte Marin zwei Meisterschaften und zwei Pokalsiege – mehr geht nicht.
Der ehemalige DFB-Nationalspieler wurde einst im jugoslawischen Gradiška geboren und hält neben der deutschen auch die serbische Staatsbürgerschaft. Von 2018 bis 2020 streifte er sich zudem als Profi das rot-weiße Trikot über.
Auch ein aktueller Spieler sorgt für ein Aufhorchen, insbesondere unter den Fans des VfB Stuttgart. Denn Silas ist bis zum Saisonende an die Serben ausgeliehen und trifft nun unerwartet bereits vorzeitig wieder auf seinen Stammklub.
In der Champions League stand Silas stets in der Startelf und erzielte in vier Spielen immerhin ein Tor. Auf einen Erfolg wartet Roter Stern Belgrad in der Ligaphase 2024/25 aber noch vergeblich.
Vielleicht machen es ja die Fans möglich, die sich als besonders heißblütig einen zweifelhaften Ruf, von dem auch Guido Buchwald bei uns im Interview spricht, erworben haben.
Insbesondere beim “Ewigen Derby” gegen Partizan Belgrad brennt die liebevoll “Marakana” genannte Betonschüssel gerne lichterloh mit Pyroshows.
Die führende Ultra-Gruppe nennt sich “Delije”, was übersetzt so viel wie “Mutige” bedeutet. Sie wurde einst gegründet, um diverse nationalistisch eingestellte Gruppierungen zu vereinen.
Das führte historisch auch dazu, dass während der Jugoslawienkriege viele Mitglieder der “Serbischen Freiwilligengarde” vor allem aus Reihen der Fans von Roter Stern Belgrad stammten.
Das ist Roter Stern Belgrad:
- Gegründet am 4. März 1945
- Rekordmeister und Rekordpokalsieger in Jugoslawien und Serbien
- Größter Erfolg war der Europapokal der Landesmeister samt Weltpokalsieg 1991
- Heimspielstätte ist das Stadion Rajko Mitic mit einem Fassungsvermögen von 55.538 Zuschauern
- Bekannt für heißblütige Fans und das “Ewige Derby” gegen Erzrivale Partizan Belgrad
Was bedeutet eigentlich der Name Crvena Zvezda?
Wer die Spiele von Roter Stern Belgrad in der Champions League näher verfolgt, dem dürfte bei Übertragungen bereits ein anderer Name aufgefallen sein: Crvena Zvezda steht oft statt dem deutschen Begriff dort.
Doch warum ist das so? Hat der Klub zwei Namen?
Nein, hat er natürlich nicht. Es handelt sich lediglich um die serbische Übersetzung des Namens “Roter Stern”. Offiziell fungiert der Klub unter dem Namen Fudbalski klub Crvena zvezda.
In der offiziellen (kyrillischen) Schreibweise des Landes liest sich der Klubname im Übrigen wie folgt: Фудбалски клуб Црвена звезда. Fans nennen ihren Verein auch gerne verkürzt “Zvezda”, also einfach “Stern”.
Wer den kommenden Gegner des VfB Stuttgart in der Königsklasse besonders gekonnt aussprechen möchte, der hält sich an Crvena Zvezda oder einfach Zvezda. Doch auch bei Roter Stern weiß sofort jeder, wer gemeint ist.
Die große Historie des serbischen Rekordmeisters macht es möglich.