Vor rund sechs Jahren beendete Giovanni Federico seine aktive Karriere und kann auf eine illustre Karriere beim FC Köln, Dortmund, Bochum oder auch Bielefeld zurückblicken.
Einige dieser Vereine haben aktuell, oder seit längerem, mit Problemen zu kämpfen. Dahre blickt der Deutsch-Italiener natürlich auf den Abstiegskampf des VfL, der Kampf in die andere Richtung des Effzeh und natürlich auf den Klassiker zwischen dem BVB und den Bayern.
Der 42-Jährige analysiert die Situation bei Bochum rund um Neo-Coach Dieter Hecking, mit dem er kürzlich gesprochen hat, blickt ausführlich auf das Duell von Dortmund gegen die Bayern und wie sie punkten. Zudem blickt er auf den KSC, den FC Köln und einen möglichen Trainer für den HSV.
Giovanni Federico über Bochum: “Team funktioniert wieder”
Wettbasis: Giovanni Federico, Sie haben lange für Bochum gespielt und haben auch noch eine emotionale Nähe zum Klub. Und vor allen Dingen haben Sie vor einigen Tagen mit dem neuen Coach Dieter Hecking gesprochen. Was sagt der? Wie wird er das Ding noch herumreißen?
Giovanni Federico: “Hallo! Ja gut, der Glaube ist immer da. Jeder weiß, wie in Bochum die Leute funktionieren. Da brennt immer alles, gerade in den Heimspielen. Und diese Kraft müssen wir einfach auch ins Auswärtsspiel mitnehmen.
Ich habe selber einmal Augsburg gegen Bochum spielen dürfen. Wir haben 0:1 gewonnen damals, im ganz kalten Januar und sind dann in der 2. Liga noch fast in die Relegation gestartet und deswegen hoffe ich, dass wir das am Samstag auch wiederholen können.”
Also Sie sehen da schon die Bochumer im Vorteil. Was werfen die rein, was da entscheidend ist?
Federico: “Es muss der Kampfgeist, die Leidenschaft, einfach das Team wieder funktionieren. In dem einen oder anderen Heimspiel oder Auswärtsspiel in den letzten Wochen war nicht so das Gefühl da, dass die Mannschaft zusammen funktioniert.
Das war jetzt der erste Schritt gegen Leverkusen wieder in die richtige Richtung, dass man sieht, die Mannschaft ist eine Truppe. Natürlich hängt das auch mit den Ergebnissen zusammen. Wenn man natürlich dann auch immer wieder Rückschläge verkraften muss, dann spiegelt sich halt nicht immer das Gleiche wieder.
Aber man hat das Gefühl gerade gegen Leverkusen schon gehabt, dass die Mannschaft wieder zusammenwächst und dass neues Leben da ist.”
Höhepunkt in der Hinrunde, Borussia Dortmund gegen Bayern München, das ist das Spiel am Samstagabend.
War das ein Arroganz-Anfall der Bayern, als sie gesagt haben, die Meisterschaft haben wir sowieso schon gewonnen? Wie würden Sie das jetzt aufnehmen, als Borussia Dortmund Spieler?
Federico: “Das ist ja nur ein Kitzeln und ein Ansporn mehr, am Samstag den Bayern den Zahn zu ziehen. Es wird sauschwer, Bayern ist eigentlich im Moment in Topform, könnte man sagen. Sieben Spiele hintereinander gewonnen, ohne Gegentor, das wird eine schöne Aufgabe.
Aber als Fußballer erlebt man die gerne. Und ich bin gespannt, ob wir es hinbekommen, weil wir auch in dieser Saison noch kein Heimspiel verloren haben. Es waren natürlich enge Spiele dabei, aber wir haben keines verloren, haben alle gewonnen und deswegen freue ich mich auf den Samstag.”
Wenn man so ein Spiel vor der Brust hat, dann ist man hoch motiviert. Was macht das konkret mit einem, wenn man auf den Platz geht?
Federico: “Ich habe ja auch das ein oder andere Duell gegen Bayern spielen dürfen und es ist immer eigentlich ein Genuss erstmal, gegen so tolle Spieler zu spielen, weil man darf sich keine Fehler erlauben, weil sie die brutal ausnutzen. Aber es ist halt eines der schönsten Spiele in der Saison, die man bekommen kann.
Das motiviert bis in die Haarspitzen und man will mindestens genauso gut performen wie immer. Mit einem Sieg gegen Bayern rüttelt man ganz Deutschland wach, weil es ist ja immer etwas Außergewöhnliches und man kennt es ja, die letzten zehn, zwanzig, dreißig Jahre, diese Duelle waren immer sehr hitzig, sehr kampfbetont.
Aber es waren auch immer wieder Spiele, die die Zuschauer mitgerissen haben. Das denke ich, wird am Samstag auch wieder passieren. Hier im Signal-Iduna-Park werden alle dem Spiel gegen den FC Bayern entgegenfiebern und hoffen natürlich auf einen Sieg der Schwarzgelben.
Wissend, dass es schwierig wird, wir müssen eine Topleistung abrufen, um gegen Bayern zu punkten.”
Welche Personalien sind für Sie entscheidend bei diesem Spiel? Vor allen Dingen auf Seiten von Borussia Dortmund? Welche Key-Spieler gibt es?
Federico: “Es wird sehr, sehr schwer, Bayern ist eigentlich überall top besetzt. Es sind einfach die Eins-gegen-Eins-Duelle, die man für sich entscheiden muss. Egal, ob es rechts außen, links außen, rechts hinten, links hinten ist. Auch die Box-Spieler, also in der Mitte, das ist der Grundstein.
Wenn man seine Eins-gegen-Eins Duelle gewinnt, legt man eine gute Performance hin und man kann natürlich dann auch positiv und mit Selbstvertrauen in die nächste Aktion gehen. Das ist, glaube ich, entscheidend. Dortmund wird eventuell tiefer stehen, Nuri Sahin kennt Bayern auch sehr, sehr gut und wird schon die richtigen Schlüsse ziehen.
Wir haben eine Topleistung in Madrid gespielt zur ersten Halbzeit, das mal als Gegenbeispiel. Natürlich haben wir gegen Bochum zu Hause nicht gut ausgesehen, wo wir vielleicht 0:2 oder 0:3 hintenliegen können, das Spiel dann aber in der zweiten Halbzeit drehen.
Das darf gegen Bayern nicht passieren, deswegen sind es schon die einzelnen Duelle, die man für sich entscheiden muss.”
Wen würden Sie gegen Musiala stellen? Can ist ja gesprerrt.
Federico: “Das ist natürlich eine schöne Frage. Im Kollektiv muss man halt irgendwie Musiala – genau wie Coman, wenn man ihn gegen PSG gesehen hat – auch gleich doppeln, weil im Eins-gegen-Eins wird es immer schwer die aufzuhalten.
Deswegen muss das Kollektiv da zusammen funktionieren und dann kann man auch die Jungs stoppen. Wenn ich sehe, Olise kommt dann noch rein, der natürlich eine überragende Qualität hat. Also ich denke, dass das Zusammenspiel der Jungs einfach passen muss.
Im letzten Spiel hatten wir ja Sabitzer, Nmecha und Brand im Mittelfeld.”
Das ist sehr offensiv.
Giovanni Federico: “Sehr offensiv natürlich. Das war das letzte Heimspiel. Man muss natürlich gucken, wie stellt man die Mannschaft ein. Stellt man sie ein bisschen defensiver ein, stellt man die offensiver ein.
Wer da jetzt in Frage kommt, das kann nur der Trainer am besten beurteilen, weil er sie jeden Tag sieht. Am Mittwoch war noch ein wichtiges Champions-League-Spiel, wer kommt da gut raus, wer wurde geschont? Das sind Sachen, die natürlich der Trainer dann entscheiden wird.
Und trotzdem glaube ich, dass wir, egal welche Jungs da auf dem Platz stehen, am Samstag brennen werden und versuchen werden, den Bayern das Leben so schwer wie möglich zu machen und am besten das Spiel für sich zu gewinnen.”
Die gelbe Wand ist Unterstützung, aber kann es auch manchmal sein, dass sie einen Spieler überfordert?
Federico: “Natürlich kann das auch mal vorkommen, wenn man drei Spiele zu Hause verliert, aber das ist jetzt nicht der Fall. Wir haben sieben oder acht Heimspiele saisonübergreifend oder wettbewerbsübergreifend gewonnen und von daher glaube ich, dass da die volle Unterstützung da ist.
Wenn die Jungs, das ist einfach in Dortmund so, alles raushauen, 100 Prozent geben, die eine oder andere Torschussmöglichkeit erarbeiten, vielleicht auch mehrere, dann wird die Gelbe Wand immer dahinter stehen. Also da wird nichts drübergehen.”
Abschließend noch einen Ergebnistipp von Ihnen?
Federico: “Mein Herz hofft auf ein 1:0, aber es wird sehr, sehr schwer.”
Federico über KSC-Trainer Eichner: “Ganz anderer Flair”
In der 2. Bundesliga gibt es das Top-Spiel zwischen Karlsruhe und dem HSV. Sie haben in Ihren besten Jahren, also Mitte Zwanzig, beim KSC gespielt. Was macht gerade die Qualität des KSC aktuell aus?
Federico: “Ich glaube, das war genau ähnlich wie zu meiner Zeit. Wir waren als Team top zusammengestellt, jedes Rädchen hat ins andere gegriffen und so ähnlich würde ich das gerade auch sehen.
Christian Eichner macht einen super Job in Karlsruhe. Durch das neue Stadion ist da nochmal ein ganz neuer Flair reingekommen und man kann da nur den Hut vor ziehen. Mit den Mitteln die sie haben, machen sie es echt super.”
Charakterisieren Sie uns doch bitte mal Christian Eichner.
Federico: “Er ist ein sehr bodenständiger Trainer, so war er auch schon als Spieler. Ich hatte das Vergnügen sogar, mit ihm fast zwei Jahre auf dem Zimmer zu sein. Sehr, sehr feiner Mensch, ein sehr guter Junge, sehr bodenständig, sehr clever, sehr schlauer Mensch.
Und genau das vermittelt er den Jungs auch, immer bodenständig und ehrgeizig zu sein. Er selbst hat viel an sich gearbeitet und ich glaube, das verlangt er auch von seinen Jungs, jeden Tag sich zu verbessern.
Er hat seine eigene Spielidee und das vermittelt er super und sehr leidenschaftlich.”
Wenn Sie auch miteinander auf dem Zimmer waren, wer hat denn da beim Zocken gewonnen?
Federico: “Ja, wir haben zwar zwei verschiedene Betten gehabt, aber uns das Zimmer geteilt. (lacht)
Was heißt zocken? Also wir hatten keine Play Station, Karten, na ja, auf der ein oder anderen Busfahrt hat man auch mal Karten gespielt, aber jetzt nicht so, wo es darum ging, wer gewonnen hat. Es hat einfach Spaß gemacht mit den Jungs, weil es ein super Mannschaftsgefüge war, was der Ede Becker und Rolf Dohmen da zusammengestellt hatten.
Und ich glaube, dass das jetzt mit Sebastian Freis und Christian Eichner genauso ist und die einen riesen Job machen. Wie gesagt, er war sehr, sehr bodenständig, ein sehr, sehr entspannter Junge und wir haben uns super verstanden und deswegen gab es da kein Zocken auf dem Zimmer.”
Hätten Sie denn damals gesagt, er wird Trainer?
Federico: “Ich wusste ja, dass er was anderes gelernt hatte und habe mir eigentlich eher vorgestellt, dass er in den Beruf zurückgeht.”
Was hat er gelernt?
Federico: “Er ist Lehrer.”
Gut, das ist ja nicht so weit weg.
Federico: “Natürlich, Schülern oder Spielern etwas beizubringen kann man verknüpfen und von daher sage ich ja, er macht einen riesen Job und ich finde es super, wie er es macht.”
Der “Schöne Bruno”, wie er auch genannt wird, hat auch beim KSC gespielt. Ist Bruno Labbadia einer für den HSV?
Federico: “Das wäre dann die dritte Amtszeit, er war schon zweimal beim HSV, soweit ich mich erinnere. Er kennt den Verein, kennt die Automatismen. Natürlich sind andere Personen jetzt da, aber trotzdem kennt er das Umfeld, kennt die Zuschauer, weiß, wie er sie mitnehmen muss.
Ich bin gespannt, er ist jetzt auch nicht tagtäglich im Geschäft drin gewesen, wie schnell er sich da wieder reinfinden wird. Natürlich hat er Ideen, die werden auch irgendwann greifen, aber es wird auch ein paar Tage dauern, bis das dann alles eins zu eins reift. Deswegen glaube ich, das das ein Vorteil für den KSC sein wird am Wochenende.”
Ein weiteres Kracher-Spiel findet am Samstagmittag statt, nämlich Köln gegen Hannover. Sie waren auch in Köln, da ist die Erwartungshaltung immer sehr hoch. Packen die das? Die haben ja in letzter Zeit doch relativ gut gepunktet.
Federico: “Ich habe sie ja am Freitag live gesehen, in Münster, wo ich sage, da haben sie natürlich mit der ersten guten Torchance das Spiel für sich entschieden. Sie standen hinten sehr gut.
Dazu muss ich ehrlich sagen, dass das jetzt nicht so ein packendes Zweitligaduell war, Preußen Münster gegen Köln. Es war sehr taktisch geprägt mit sehr viel technischen Fehlern. Aber ich glaube, in Köln mit 50.000 Fans an der Seite tritt der FC ganz anders auf und wird Hannover echt Probleme machen. ”
Also Sie glauben an einen Kölner Sieg?
Giovanni Federico: “Weil sie oben dran bleiben wollen, glaube ich daran, dass sie alles dafür tun werden. Ich glaube, dass sie vielleicht so 1:0 gewinnen können.”