Als am Samstagnachmittag die Konferenz der 1. Bundesliga begann, hatte man den Eindruck, dass die Profi-Fußballer in Deutschland regelmäßig auf der Wettbasis vorbeischauen. In der letzten Ausgabe von Guidos Guide hatten wir am letzten Dienstag darauf hingewiesen, ein wenig mehr Tore in der Konferenz sehen zu wollen. Nach vier Minuten war die 1. Bundesliga am 20. Spieltag den Wünschen schon nachgekommen: Tor von Dortmund nach zwei Minuten; Tor von Hoffenheim nach vier Minuten!
Leider war es das mit Herrlichkeit. Spannend wurde es erst wieder beim interessanten Halbzeitprogramm, denn bis dahin hatte die Konferenz gerade einmal drei weitere Treffer zu bieten. Fünf Tore und zwei Nullnummer zur Pause: Müde!
Nun ja, wirklich attraktiv ist der Spieltag aus neutraler Sicht nicht gewesen, insbesondere die letzten drei Spiele hielten sich fußballerisch in durchschnittlichen Gewässern auf.
Ein großes Thema ereignete sich gar nicht am Wochenende, sondern am Montag. Denn am Montag ist gemäß der Statuten und Vorgaben die Transferperiode zu Ende gegangen. Es ist bekannt, dass auf dem letzten Drücker noch der ein oder andere Transfer getätigt wird, aber in diesem Jahr ist der Markt kurz vor Schluß noch einmal explodiert.
"Warum die Vereine gerade am letzten Tag wie wild aktiv werden und scheinbar in einem Wahn in den letzten Stunden und Minuten die komplette Mannschaftsplanung über den Haufen werfen, verstehe wer will!", sagte Guido mit Nachdruck.
"Und was da für Summen innerhalb von Minuten über den Tisch gehen?", sprudelte es überrascht aus mir heraus. "Unfassbar!".
Allein der FC Liverpool hat innerhalb der letzten Stunden ordentlich Geld umhergeschoben. Fernando Torres wurde für umgerechnet etwa 59 Millionen Euro zum FC Chelsea transferiert. "Klar, dass einige Fans Torres-Trikots verbrennen, wenn dieser sagt, der Wechsel zum FC Chelsea sei ein weiterer Schritt in seiner Karriere. So etwas kommt beim traditionsbewussten Pool-Anhänger natürlich alles andere als gut an." Guido zeigte Verständnis für die Fanreaktionen, die in ihrer Botschaft klar, aber in ihrer Ausführung etwas ausgeartet waren. "Das war eher ein Schritt zum Söldnertum", sagte ich.
Gleichzeitig besorgte sich Liverpool Ersatz bei Newcastle United: Andy Carroll heißt die englische Sturmhoffnung, die zwar hierzulande noch keinen Namen besitzt, in England aber schon als nächster Paul Gascoigne gehandelt wird. Schlappe 41 Millionen Euro war Liverpool dieser Transfer wert. Auf der anderen Seite hat Chelsea sich beim Geben und Nehmen mal wieder nur auf das Nehmen beschränkt: Neben Fernando Torres wurde auch noch David Luiz von Benfica Lissabon gekauft. Im Gegensatz zum Einkaufspreis von Fernando Torres dürfen die 25 Millionen Euro Ablöse für den brasilianischen Verteidiger aus Lissabon als Schnäppchen betrachtet werden.
In der Bundesliga trieben es Felix Magath mit dem FC Schalke 04 und Dieter Honeß mit dem VfL Wolfsburg (etwas zu) wild. Am letzten Tag der Transferperiode besorgte sich Felix Magath noch einmal Nachschub – die Profis Nummer 35, 36 und 37 in dieser Saison. Mit dem Ghanaer Annan möchte er das Loch im Zentrum kitten, was er mit Charisteas und Ali Karimi vorhat, ist vollkommen unklar. Man vermutet, dass er lediglich den Altersdurchschnitt im Rahmen halten wollten, nachdem er mit Julian Draxler einen 17 Jährigen in den Kader aufgenommen hatte.
Den VfL Wolfsburg scheint der Aktionismus geritten zu haben, als man am letzten Tag mehr oder weniger den Markt leer kaufte. Ein Spielerpaket aus fünf Spielern wurde verpflichtet, um den VfL vor dem Abstieg zu bewahren. Die bekanntesten Namen sind Sanli Tuncay von Stoke City, Jan Polak von Anderlecht und Patrick Helmes von Ligakonkurrent Bayer Leverkusen.
"Wenn Torres von einem Karriereschritt spricht, dann meint er das positiv. Ich möchte nicht aussprechen, wie ich das im Fall von Patrick Helmes einschätzen würde, wenn man mit 24 Jahren aus der Champions League in den Abstiegskampf wechselt.", Guido unterbrach sich selbst, um nicht ausfallend zu werden. "Ich kann es nicht verstehen.", sagte er kurz und knapp und beendete sein Plädoyer.
Auch mir selbst, fiel es sehr schwer diesen Schritt zu verstehen: "Die meisten Wechsel zum VfL Wolfsburg sind aus finanziellen Gründen motiviert. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man sich selbst so die Perspektiven nehmen kann. Das ist ja noch nicht mal ein "Auf der Stelle hüpfen", sondern ganz klar ein Rückschritt. Dieser Mann soll in der Nationalmannschaft ein großer werden. Das kann noch klappen, ohne Probleme. Aber so? Ich weiß es nicht."
Wir regten uns noch lange darüber auf – auch weil wir beide nicht viel von dem Auto-Club halten. Aber im Grunde tat es uns Leid für die Entwicklung des Talents Patrick Helmes.
Vielleicht sind wir zu kurzsichtig und es ist doch ein Schritt in die richtige Richtung – zumindest teilweise wird es aber immer ein Schritt in eine Richtung sein, die die Liverpooler Fans mit Verbrennungen anprangern.
Bei Guidos Guide geht es jeden Dienstag um den letzten Bundesliga-Spieltag, den internationalen Fußball, sowie um aktuelle Stammtischthemen, die sich mit dem Lederball beschäftigen. Und natürlich Guidos Meinung.