Selbst, wenn man nur seitlich etwas von Fußball mitbekommt und sich nur sachte für den Sport mit dem Lederball interessiert – Moment, Lederball? Die neuen superrunden Spielbälle in der Bundesliga haben schon lange nichts mehr mit dem guten alten Lederball zu tun, die hochmodernen Rundungen mit optimierten Flugeigenschaften verhalten sich zunehmend wie ein Plastikball und führen dazu, dass jeder noch so unterklassige Fußballer das Spielgerät à la Bernd Schuster über das Spielfeld dreschen kann – so jetzt aber wieder zurück zum Thema: Also, selbst, wenn man nur seitlich etwas von Fußball mitbekommt und sich nur sachte für den Sport mit dem Lederball interessiert, hat man gemerkt, dass in dieser Saison in der Bundesliga alles drunter und drüber geht. Das mag dem ein oder anderen Spieler Fehlentscheidungen aufgezeigt haben, dem ein oder anderen Präsidenten unerwartete Glücksgefühle beschert haben und den ein oder anderen Sportwetter viel Geld gekostet haben.
Man ist sich demnach darüber einig, dass in der Liga viel passiert, was nicht vorhersehbar war und in der Sommerpause vor der Saison noch außerhalb der Wahrnehmungen lag. Wie das immer so ist in Krisen, man brauch einen Sündenbock. Da das ganze System zu komplex ist, um einen einzigen Schuldgien festzunageln – wie wäre es mit dem Plastikball? – hat man sich nun eine Gruppe von Schuldigen ausgesucht. Die Trainer. Erfahrungswerte zeigen, dass diese Schuldigen immer schon eine treffende Wahl waren, wenn es darum ging, irgendeine Schuld abzuladen, Aktionismen zu fahren oder Verantwortliche an den Pranger zu stellen. Ein großer Vorteil ist beispielsweise, dass sich Trainer so schlecht wehren können und angenehmerweise immer in der Unterzahl sind.
Im Oktober entlässt der VfB Stuttgart Christian Gross und Jens Keller übernimmt (1). Keller ist eine Mischung aus Interimtrainer und Trainerhoffnung. Floppt aber und wird noch vor Ende der Hinrunde wieder beurlaubt – Bruno Labbadia leitet nun die Geschicke der Mannschaft (2).
Der 1. FC Köln trennt sich kurz nach dem Gross-Rauswurf in Stuttgart von Zvonimir Soldo. Das Kölner Eigengewächs Frank Schäfer übernimmt die Arbeit (3).
Nach mehreren Versuchen schafft es Ralf Rangnick in der Winterpause sich aus dem eigenen Amt zu mosern. Die Zukunftspläne von Hopp und Rangnick passen in Hoffenheim nicht zueinander. Rangnicks Assistent Marco Pezaaiuoli tritt seine Nachfolge an (4).
Anfang Februar verlässt Steve McClaren den VfL Wolfsburg. Der Verein verabschiedet den Trainer und setzt auf Co-Trainer Pierre Littbarski (5), der eine unschöne Misch-Masch Rolle zwischen Übergangslösung und Platzhalter ausübt und später von Felix Magath agelöst wird (6).
In fußballerischer Talfahrt übernimmt Lucien Favre von Michael Frontzeck bei Borussia Mönchengladbach (7).
In Hamburg hatte man sich Anfang März schon auf ein Ende der Zusammenarbeit nach der Saison mit Armin Veh geeinigt, entschloss sich dann aber den Trainer nach dem Debakel in München (0:6) sofort zu entlassen. Michael Oenning übernahm und musste wie Keller, Schäfer und Littbarski vor ihm auch mit einer unangenehmen, undefinierten Übergangsrolle vorlieb nehmen (8).
In der letzten Woche wurde dann bekannt, dass Rangnick sofort zu Schalke geht, um Brandherde zu löschen (9) und Magath, wie oben schon erwähnt (und gezählt), dasselbe in Wolfsburg versuchen wird.
Und um den Anlass dieser Dokumentation auch noch zu präsentieren: Trotz der ersten drei Punkte der Rückrunde und dem vermeintlichen Platzen des Knotens hat sich Eintracht Frankfurt heute morgen von Michael Skibbe getrennt. Christoph Daum wird ab Mittwoch das Training leiten (10).
Für die Zukunft – im Konkreten für das Saisonende – hat das Trainerkarussell noch die Trennung von Louis van Gaal (11) mit den Bayern [wahrscheinlichster Nachfolger Jupp Heynckes), die Trennung von Jupp Heynckes (12) mit Bayer Leverkusen (bereits offizieller Nachfolger: Robin Dutt) und die Trennung von Robin Dutt (13) und dem SC Freiburg (bereits offizieller Nachfoger: Marcos Sorg von den Amateuren) vorgesehen.
"So schlecht können die Leute ja nicht sein, wenn sie innerhalb von wenigen Atemzügen wieder einen festen Job bei der Konkurrenz haben", sagte Guido und konnte sich die Rotationen auf der Trainerbank nur so vorstellen: "Es gab mal eine Studie oder sogar eine Strategie, ich weiß nicht mehr genau, die hat im Kern ausgesagt, dass man sich, wenn man keine Stratgie hat, am besten an der Strategie der Konkurrenz orientiert."
Bei Guidos Guide geht es jeden Dienstag um den letzten Bundesliga-Spieltag, den internationalen Fußball, sowie um aktuelle Stammtischthemen, die sich mit dem Lederball beschäftigen. Und natürlich Guidos Meinung.