Auf dem Platz hatten in den letzten Tagen vor allem Schalke 04 und der MSV Duisburg die Hauptrollen inne. In der kommenden Woche werden Borussia Mönchengladbach und der VfL Bochum auf nationaler Ebene, sowie der FC Barcelona und Manchester United auf internationaler Ebene im Vordergrund stehen.
Zwischen DFB-Pokal, Champions League und Relegationsspielen beherrschen zwei Themen das Geschehen außerhalb des Platzes: Der Kampf um Manuel Neuer und eine folgenschwere Aschewolke.
Doch in meinem Gespräch mit Guido musste ich feststellen, dass diese Themen nicht ganz meine Erwartungen erfüllt haben. Die Aschewolke ist vermutlich viel zu spekulativ, denn weder Guido noch ich oder irgendwer kann vorhersagen, ob es letztlich zu Einschränkungen kommen wird. Alles Aussagen behandeln bisher nur Wahrscheinlichkeiten. Prekär ist immerhin schon, dass der FC Barcelona schon mehrere Tage vorher anreisen wird – geplant ist Dienstagabend – um eventuellen Problemen mit der Anreise entgegenzuwirken.
Die Diskussionen um Manuel Neuer sind diesbezüglich deutlich konkreter, allerdings gleichzeitig auch mit einer aggressiven Emotionalität verbunden, die bei einem Vereinswechsel vermieden werden sollte. "Wenn Schalke auf der einen Seite die eigenen Tradition für viele Millionen mit Gazprom auf dem Trikot verkauft, dann ist das vollkommen legitim und Teil des modernen Fußballs, aber wenn Manuel Neuer nach Jahren in der Kurve und im Tor des Vereins einen weiteren Karriereschritt geht, dann ist es ein Traditionsbruch", brach es wütend aus Guido heraus. "Ich kann diese Heuchelei nicht mehr hören: Der Mann ist mehr Schalker als es die meisten, die sich hier ein Urteil erlauben, jemals sein werden. Zumal es auf der Hand liegt, dass es um sportliche Veränderung geht und weder um materielle noch um ideologische Veränderung." Guido pausierte kurz und sagte in einem deutlich ruhigerem Ton: "Neuer trägt Schalke im Herzen, aber viele Schalker versuchen alles, um Schalke aus seinem Herzen zu vertreiben."
Im Grunde genommen kann man die Berichterstattung in den deutschen Medien als ordentlich bezeichnen. Für jeden sollte auf den verschiedenen Internetseiten und bei Berichterstattungen eine Meinung dabei sein. Oft gibt es nach betrachten der Wiederholung auch kaum Zweifel. Allerdings ist die Beschreibung des Siegtreffers von Igor de Camargo von Borussia Mönchengladbach beim 1:0 Sieg im Relegationshinspiel gegen den VfL Bochum etwas aus dem Ruder gelaufen.
Zugegeben, das Tor ist kein normales. Viele verschiedene Spieler von beiden Mannschaften am Ball, dann auch noch in den letzten Sekunden, eigentlich in der Nachspielzeit der Nachspielzeit. Alles etwas verwirrend, aber mit einer langsamen Wiederholung müsste es gehen oder?
Es lohnt sich vorm Weiterlesen, das Tor nochmal gesehen zu haben.
Nun ja, beginnen wir einmal mit dem größten deutschen Sportblatt, dem Kicker. In seiner Beschreibung des Siegtreffers verzichtet der Kicker zwar auf wesentliche Teile der Entstehung – der Querpass von Arango bleibt beispielsweise unerwähnt – jedoch ist das Geschriebene wenigstens korrekt. Interpretationssache ist allerdings die Aussage, der Ball wäre "in den rechten Winkel" gegangen. Wenn dieser Ball im Winkel eingeschlagen haben soll, dann ist es im Fußball wohl unmöglich nicht den Winkel zu trefen. Zwar schießt De Camargo von links seitlich in Richtung hoch rechts, doch der Ball tritt doch sehr mittig über die Torlinie. Würde sich das Sportstudio das obere Loch in der Torwand nach Definition des Kickers positionieren, so würde es vermutlich nur noch drei Treffer in diesem Bereich geben.
Die Berichterstattungen im Live-Ticker auf den jeweiligen Seiten der beiden Vereine, betrachten das entscheidene Tor sehr emotional. Obwohl beide augenscheinlich das Tor aus verschiedenen Perspektiven betrachten, sind sich Borussia Mönchengladbach ("Unfassbar!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!") und der VfL Bochum ("Unfassbar.") in der Beschreibung einig und doch verschieden.
Weniger emotional betrachten Sport1 und RevierSport die Begegnung. Da beide Berichte sich im Wortlaut nahezu gleichen, ist nicht davon auszugehen, dass überhaupt jemand das Tor, welches auf beiden Seiten nicht beschrieben wird, gesehen hat.
Spox beschreibt das Tor in der eigenen Berichterstattung nahezu perfekt. Besonders das Unvermögen von Hanke, die Murmel aus drei Metern über die Linie zu bringen, kommt deutlich raus. Im Torschuss von De Camargo den Einsatz der "Hacke" zu erkennen, ist anatomisch vermutlich richtig, fußballerisch jedoch grenzwertig. Liest man nur den Artikel, vermutet man einen Treffer mit dem Rücken zum Gehäuse.
Bei Spiegel Online liest man die interessanteste Version der Geschichte. Der Spiegel hat die Parade von Luthe im Programm, erkennt jedoch danach noch zwei weitere Ballkontakte des Bochumer Keepers, die im Live-Bild definitiv nicht zu beobachten sind. Demnach soll Luthe einen Schuss von Arango nicht festgehalten haben. Weder der Torschuss von Arango, noch eine eventuelle Ballberührung von Luthe sind zu erkennen. Dieser – nicht vorhandene – Schuss soll Ursache für einen Abpraller gewesen sein, den De Camargo dann einnetzte. Ein Abpraller war allenfalls der Ball, der zu Arango nach außen springt und mit viel Wohlwollen die Verrenkung von Hanke, aber das hat der Spiegel wohl anders gesehen.
Wie immer schießt die Bild-Zeitung auch in diesem Thema den Vogel ab. Das Boulevardblatt veröffentlichte auf der Internetseite nämlich einen Artikel, der sich mit dem torlosen (!) Relegationshinspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem VfL Bochum beschäftigte. Erst nach einigen Minuten wurde auf Bild.de die Berichterstattung geändert und das Siegtor doch noch in die Analyse eingebaut.
Wir resümieren: Während sich in den Live-Tickern beider Vereine höchste Gefühle abspielten, haben sich die Redakteure des Kicker auf einem emotionalen Klimax als Gladbach-Fans geoutet. Bei Sport1 und RevierSport hielt man es nicht für nötig das Spiel selber zu gucken. Bei Spox hat man immerhin das Spiel gesehen, obgleich man den Leser etwas verwirrt hat. In der Redaktion des Spiegels lief das Spiel maximal im Splitscreen neben einem besonders spanneden Film. Bei Bild.de hatte die Redaktion längst ausgestempelt und befand sich auf dem Heimweg als De Camargo doch noch traf.
Bei Guidos Guide geht es jeden Dienstag um den letzten Bundesliga-Spieltag, den internationalen Fußball, sowie um aktuelle Stammtischthemen, die sich mit dem Lederball beschäftigen. Und natürlich Guidos Meinung.