Mittlerweile muss man sich ja fast schon dafür bedanken, dass die Bundesliga reibungslos läuft. Man muss nur einen Blick über den Tellerrand der Bundesliga hinaus in die Primera Divisíon nach Spanien werfen. Dort streiken die Profimannschaften und es gibt aktuell keinen Fußball: Nicht in der ersten und auch nicht in der zweiten Liga. Warum die Spieler streiken? Man schuldet ihnen einen ordentlichen Batzen Geld – dafür haben sie Zukunftsängste.
Ein Dilema für den Fan. Ein Dilema für die Spieler. Ein Dilema für die Vereine. Und in diesen Zeiten auch ein Dilema für die finanzielle Ordnung im Fußball. Nicht nur, dass der spanische Fußball als Marke an Marktwert verliert, eben weil er nicht stattfindet, sondern viel mehr stellt sich dem System Fußball auf dem ganzen Kontinent die Existenzfrage. Kann es so weiter gehen? Darf man sich weiterhin von einem kommerziellen Sog leiten lassen?
Mit Sicherheit wird der Weg des Fußballs als Sportart ein Weg sein, an dessen Horizont die Kommerzialsierung mit all ihren Facetten steht. Welchen Weg man zu diesem Ziel einschlägt ist allerdings nicht geklärt. Wenn man die Situation der spanischen Vereine sieht, die in ihrer blinden Transfersucht den nationalen Größen aus Madrid und Barcelona aber auch den internationalen Größen Parolie bieten wollten, dann sehnt sicht der deutschen Fußballanhänger nach einem Konzept, das von Karl Heinz Rummenige voran getrieben wird: Financial Fair Play.
In diesem System geht es darum, zwar durch Kommerzialisierung die Sportart auszuschlachten, aber nur moderate Schulden oder im Idealfall gar keine Verschuldung zuzulassen. Ein Verein dürfe – so ein Teil der Vision – nur soviel ausgeben, wie er selber etwirtschaftet habe. Die Vermutung liegt nahe, dass die deutschen Vereine von solch einem System zumindest kurz- bis mittelfristig profetieren müssten, da sie schon jetzt über strenge – und vor allem strengere – Prinzipien und Normen verfügen, als das in Europa der Fall ist. So ist beispielsweise die Lizenzvergabe in Spanien minderwertig geregelt und stellt keinerlei ökonomische Ansprüche an die Vereine.
Auf der iberischen Halbinsel spüren sie den rauer werdenen Wind. Er ist Ausläufer von Veränderungen. Veränderungen, die wie bei Malaga und Real Sociedad zu einem arabischen Investor führen können. Aber auch die Veränderungen des ökonomischen Wertes der Primera Divisíon ist bewusst. Die Trikots der Vereine sind unattraktiv. Zum Einen spielt die schlechte spanische Wirtschaftslage eine Rolle, allerdings sind es bekanntlich häufig internationale Unternehmen, die sich buchstäblich die Brüste der Spieler sichern. Nahezu die Hälfte der Vereinen haben keinen Hauptsponsor auf dem Trikot: Die andere Hälfte verdient zusammen (!) durch Trikotwerbung weniger als zehn Milliionen Euro. Zum Vergleich: Real Madrid und der FC Barcelona verdienen jeweils etwa 30 Millionen Euro.
Die Probleme der Bundesliga scheinen, verglichen mit denen der internationalen Vereine, weitestgehend oberflächlicher zu sein. “Das größte Problem ist die, wie ich sie nennen, Europa League Flucht. Eine Strategie, die der FSV Mainz 05 in höchst peinlicher Art und Weise vorgelebt hat. Mittlerweile sind Schalke, durch Eigenverschulden, und Hannover, durch Fremdverschulden, auf den gleichen Zug aufgesprungen”, Guido sagte das deutlich bedachter als er es meinte, “Gegen die Mainzer habe ich echte Antipathie entwickelt: Eigentlich war mit die Truppe von Thomas Tuchel mit ihrem Jugendstil immer sympathisch – jetzt nicht mehr. Ich fühle mich ausgebeutet von den Mainzern. Ich fühle, als hätten sie die Bundesliga veraten. Sich auf Kosten der anderen einen internationalen Platz ergattert, nur um die Gemeinschaft, die sich repräsentieren sollten, dann in so einer Form öffentlich bloß zu stellen.” Ich wollte eingreifen, doch Guido ergriff noch mal das Wort: “Ich weiß, dass es nicht der Realität entspricht und die Mainzer nicht mit Absicht, blabla. Ist mir klar, mein Empfinden stört sich daran aber nicht.”
Dieses Problem, die Europa League Flucht, wird uns noch fünf Jahre verfolgen – bis die Zeit auch diese Wunde in unserer Fünf-Jahres-Wertung heilt. Ob die Spanier sich bis dahin geeinigt haben, möchte ich nicht bewetten.
Bei Guidos Guide geht es jeden Dienstag um den letzten Bundesliga-Spieltag, den internationalen Fußball, sowie um aktuelle Stammtischthemen, die sich mit dem Lederball beschäftigen. Und natürlich Guidos Meinung.