Der aktuell laufende Women’s World Cup 2023 zeigt wieder einmal, wie weit der Frauen-Fußball in Sachen Qualität und Unterhaltung mittlerweile gekommen ist.
Und dennoch liegen die Damen in Sachen Bezahlung, selbst in den Topligen, noch weit hinter ihren männlichen Pendants. Zurecht? Dieses Thema haben wir mit Profi-Spielerin Eunice Beckmann diskutiert.
Beckmann, die selbst in der Topliga in den USA tätig war, liefert ihre Meinung zur Gehaltsdiskrepanz im Fußball, blickt auf den potenziellen Einfluss des frühen DFB-Aus auf die Zuschauerzahlen und gibt ihre Meinung zur Forderung von Milene Domingues, wonach Frauen in den USA mehr verdienen sollten als die Herren.
Eunice Beckmann: “Fußball ist Frauen- & Männersport”
Wettbasis: Bei den Kollegen von Apostolagos hat die brasilianische Ex-Profi-Spielerin Milene Domingues gesagt, dass die Frauen in den USA mehr Geld verdienen sollten als die Männer, weil das Team viel bekannter ist und auch viel mehr Titel und Erfolge gefeiert hat. Was sagen Sie dazu?
Eunice Beckmann: “Für mich macht es wenig Sinn zu sagen, dass die Männer weniger verdienen sollten. Wenn, dann sollten die Frauen mehr verdienen. Also ich sehe das eher andersrum.
Weil jeder, der gutes Geld verdient, dem gönne ich das, das ist die eine Sache. Die andere Sache ist, es kommt ja auch ein bisschen darauf an. Die Männer werden ja vermarktet, das ist ja Unterhaltung und wenn die Einschaltquoten passen, oder wenn man Trikots wegen des Spielers verkaufen kann, dann wird der Spieler natürlich dementsprechend bezahlt.
Es ist genauso, wie wenn ich mich vor die Kamera stellen und nichts sagen würde, habe aber eine Einschaltquote von 3 Millionen. Dann möchte ich auch mein Geld davon haben, auch wenn ich nichts geleistet habe, in Anführungsstrichen. Aber so ist das ja auch bei den Männern.
Man darf nicht vergessen, der Fußball war mal ein Männersport, und viele denken da halt leider noch sehr konservativ. Es ist mittlerweile ein Männer- und ein Frauensport, und der Frauenfußball entwickelt sich gut weiter. Wenn man sich andere Sportarten anschaut, denen geht es um einiges schlechter, zum Beispiel in der Leichtathletik in Deutschland.
Also, die wären froh darüber, wenn die verdienen würden, wie die Wolfsburgerinnen oder vom FC Bayern. Von daher sehe ich das ein bisschen anders.
Ich hoffe darauf, dass die Frauen irgendwann mal auch so viel verdienen wie die Männer oder dass man immer mehr verdient. Man darf halt nicht vergessen, wo man war und wo man jetzt ist. Da muss man halt sagen, dass sich das schon sehr, sehr gut weiterentwickelt hat.”
Wettbasis: Es ist auch so ein wenig eine Aussage ‘Männer gegen Frauen’. Darum geht es ja eigentlich auch nicht, sondern um faire Bezahlung.
Beckmann: “Absolut. Wenn ich ins Stadion gehe und beispielsweise die Bayern-Männer spielen in der Allianz-Arena gegen Dortmund, dann ist das Stadium einfach voll, und deswegen werden auch dementsprechend die Spieler bezahlt.
Und genauso sollte das Ziel sein, dass wir die Stadien der Frauen auch so voll kriegen, und nicht nur einmal im Jahr, sondern am besten jedes Heimspiel oder jedes Auswärtsspiel. Das sollte das Ziel sein, und nicht darauf zu achten, wie viel der Mann verdient und wie viel die Frau verdient oder dass der Mann auf ein Mal weniger verdienen soll, als die Frau.
Man sollte das nicht miteinander vergleichen im negativen Sinne, sondern einfach sagen: Hey, das sollte irgendwann auch mal unser Ziel sein.”
DFB WM-Aus? “Kein negativer Einfluss auf Bundesliga”
Wettbasis: Glauben Sie, das vorzeitige Aus der Deutschen bei der WM wird einen negativen Einfluss haben? Dass die Leute jetzt sagen werden: Das war so schlecht, ich will nicht ins Stadion gehen?
Beckmann: “Das glaube ich nicht. Es wird jetzt natürlich auch keinen positiven Einfluss haben. Schwierig zu sagen, weil ich meine, in der Bundesliga hat man natürlich auch internationale Spielerinnen, die bei der WM dabei sind, und gute Leistungen gebracht haben.
Das frühe Aus der deutschen Frauen ist jetzt nicht der Weltuntergang der deutschen Frauen-Bundesliga. So sehe ich das jetzt nicht. Es wird weitergehen, die Champions League ist ja auch noch da. Da haben sich ja auch zwei Bundesligamannschaften qualifiziert.
An sich ist es einfach wirklich sehr, sehr schade, weil ich glaube, dass durch das Weiterkommen noch mehr drin gewesen wäre, auch im deutschen Frauenfußball. Aber man muss jetzt einfach damit leben, dass man raus ist, und sich überlegen, wie man jetzt weitermacht, und dann wird man weitersehen.
Ich glaube jetzt nicht, dass keine Zuschauer mehr zu den Bundesligaspielen kommen werden, weil es noch mal eine ganz andere Liga ist, und es wird eine interessante Saison auf jeden Fall. Wenn man sich wirklich für den Frauenfußball interessiert, dann kommt man halt auch, genauso ist es ja bei den Männern.
Die sind auch mal in der Gruppenphase ausgeschieden und die Stadien waren danach trotzdem gefüllt. Also ich glaube nicht, dass das einen negativen Einfluss haben wird auf die Bundesliga.”
Wettbasis: Vielleicht denkt man da so, weil alle nach der Europameisterschaft gesagt haben, das ist so gut gelaufen und jetzt steigt das Interesse.
Eunice Beckmann: “Absolut. Man hat es ja auch in England gesehen, die haben die Europameisterschaft geholt, und dadurch sind viele Menschen auf gewisse Einzelspielerin aufmerksam geworden, die dann richtig gut davon profitieren konnten.
Das beste Beispiel sind Leah Williamson und Beth Mead, die sich leider verletzt hat. Die sind ja wirklich noch mal richtig durch die Decke gegangen. Die deutschen Frauen müssen sich jetzt von diesem Rückschlag erholen, aber 2025 steht die EM in der Schweiz an.
Und bis dahin ist noch genügend Zeit, um sich darauf vorzubereiten, um vieles anders machen zu können, weil Fakt ist, dass zu wenig Spielerinnen auf dem Platz waren, die sich was getraut haben. Wenn man noch mehr Persönlichkeiten wie Poppi auf dem Platz hätte, dann wäre man richtig weit gekommen.”