Ale ehemaliger Mittelfeldspieler des FC Arsenal (1997-2000) und des FC Chelsea (2001-2004) wird für Emmanuel Petit das WM-Viertelfinale zwischen Frankreich und England ein besonderes Spiel.
Gegenüber Wettbasis erklärt Emmanuel Petit exklusiv was ihm an den Franzosen gefällt, warum er optimistisch auf diesen Knaller schaut und warum Englands Innenverteidiger Harry Maguire mehr Respekt verdient hat.
Emmanuel Petit über England vs Frankreich: “Schlüssel liegt im Mittelfeld”
Wettbasis: Monsieur Petit, sind Sie optimistisch, dass Frankreich am 18. Dezember erneut Weltmeister wird?
“Durch die vielen Verletzten und der mangelnden Vorbereitung durfte man eher pessimistisch sein, aber die französische Nationalmannschaft performt gerade richtig gut und die Leistungen sind vielversprechend.
Ich hoffe sehr, dass Frankreich zum zweiten Mal in Folge den Titel holen wird und damit in die Geschichte eingehen wird, denn nur Brasilien gelang es überhaupt zwei Mal hintereinander Weltmeister zu werden.”
Am vergangenen Sonntag ging Olivier Giroud mit seinem 52. Länderspieltreffer in die Geschichte ein und zog an Thierry Henry vorbei, womit er Frankreichs bester Torschütze der Geschichte wurde. Sind Sie überrascht, dass Giroud dermaßen effektiv ist?
“Er ist das beste Beispiel, was ein Sportler auf dem höchsten Niveau erfüllen muss. Er hat während seiner gesamten Laufbahn unheimlich viel Charakter, Persönlichkeit und Widerstandsfähigkeit gezeigt.
Jedes Mal wenn man ihm den Ausgang zeigt, kommt er immer wieder zurück durchs Fenster. Man kann ihn durch seine Leistungen und seine Mentalität einfach nur lieben.”
Also ist er aus der Startelf nicht mehr wegzudenken?
“Definitiv. Er gehört zu den festen Größen. Auch weil er sich mit Mbappé und Griezmann seit mittlerweile vielen Jahren blind versteht.”
Bei diesem Viertelfinale Frankreich gegen England, was wird Ihrer Meinung nach ausschlaggebend sein?
“Der Schlüssel wird im Mittelfeld liegen: Wenn Antoine Griezmann und Adrien Rabiot ihr Potenzial wie bisher in diesem Turnier abrufen, dann bin ich optimistisch, dass Frankreich ins Halbfinale einziehen wird.
Aber ich freue mich auf heiße Duelle unter anderem mit Jude Bellingham, einer der kommenden Welt-Stars, der mir in Katar richtig gut gefällt.”
Also wird der Schlüssel nicht alleine Mbappé sein?
“Das wäre der größte Fehler, den man machen könnte. Je mehr das Turnier vergeht, desto schwieriger wird es. Insofern braucht Frankreich Mbappé, aber auch Mbappé braucht seine Mitspieler immer mehr.
Es ist auch wichtig, dass sein Pendant auf dem rechten Flügel, egal ob Ousmane Dembélé oder Kingsley Coman, die Erwartungen erfüllt, um bei solchen KO-Spielen die besten Chancen zu haben die nächste Runde zu erreichen.”
Die Leader dieser Mannschaft werden besonders wichtig.
“Klar, dabei denke ich an Varane und Kapitän Hugo Lloris. Bisher traf Frankreich auf Gegner, die kaum Druck über die Flügel erzeugt haben.
Nun wird es ja gegen England komplett anders, da müssen wir dagegenhalten und eine noch imposantere Körpersprache an den Tag legen, das heißt noch kompakter agieren und die wichtigen Zweikämpfe gewinnen.”
Was macht Sie im Grunde genommen optimistisch für den weiteren Lauf des Turniers?
“Ich habe das Gefühl, dass die Stimmung in der Kabine hervorragend ist, was zum Beispiel bei der letzten Europameisterschaft nicht der Fall war.
Jeder spielt gern mit seinen Kollegen, jeder will den größten Erfolg und stellt sich in den Dienst der Mannschaft.”
Wie etwa bei einem Spieler von Arsenal. Wie lautet Ihr Urteil zur Entwicklung von William Saliba?
“In dieser Saison hat er einen großen Sprung nach vorne gemacht, er hat sich bei Arsenal durchgesetzt und auch er hat einen wichtigen Anteil an der erfolgreichen Saison der Gunners. Er wirkt bereits sehr reif und sehr abgeklärt in seinem Spiel.
Nachdem er erst ausgeliehen war (St. Etienne, Nizza und Marseille) wollte er es allen zeigen, insbesondere Coach Mikel Arteta. Er antizipiert sehr gut die Angriffe des Gegners, technisch ist er sauber und er strotzt nun vor Selbstbewusstsein.
Er gehört mittlerweile zu den besten Verteidigern der Premier League, das ist völlig klar. Er ist die Zukunft des FC Arsenal, aber auch der französischen Nationalmannschaft.”
Sie als ehemaliger Mittelfeldspieler, was sagen Sie zu den Leistungen von Adrien Rabiot und Aurélien Tchouaméni, die ja bei dieser Weltmeisterschaft die große Aufgabe haben, Paul Pogba und N´Golo Kanté zu ersetzen?
“Ich mag Tchouaméni, er hat sich hervorragend entwickelt. Er sorgt für die Balance, während Griezmann und Rabiot viel unterwegs sind.
Rabiot hat mich überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass er dermaßen auftrumpft und die Erwartungen erfüllt. Er ist sehr clever wie er sich zwischen den Linien bewegt. Am Ball erinnert er mich an Patrick Vieira und vom Spielstil ähnelt er mir immer mehr.”
Petit über Frankreich: “Mutige Elf auf den Platz schicken”
Welche französische Elf erwarten Sie gegen England?
“Ich hoffe, dass Deschamps dieselbe Elf aufstellt wie gegen Polen, dass er also nichts ändert.”
Warum?
“Weil ich gegen Polen feststellen konnte, dass sich ein Adrien Rabiot, ein Antoine Griezmann, ein Olivier Giroud in bestechender Form befinden und noch sehr gierig sind.
Man darf nicht plötzlich defensiv agieren, weil der Gegner England heißt, sondern uns treu sein und eine mutige Elf auf den Platz schicken. Frankreich respektiert zwar England, hat aber sicherlich keine Angst.”
Wie lautet Ihr Fazit bisher zum Abwehr-Duo aus Raphael Varane und Dayot Upmaecano?
“Raphael Varane wird nach seiner Verletzung immer stärker, aber ich vermisse noch eine gewisse Leichtigkeit bei manchen Stammspielern in der Abwehrkette. Dayot Upamecano übernimmt immer mehr Verantwortung, er hinterlässt einen besseren Eindruck als seine Mitspieler.
Er ist viel stabiler geworden. Bisher hat Frankreich allerdings zu viele Torchancen zugelassen, obwohl man auf noch keine Top-Teams getroffen ist. Insofern wird England eine Art Gradmesser.”
Ist Englands Schwäche Harry Maguire?
“Die Kritik an Maguire ist völlig unberechtigt. Bei dieser WM war er bisher fehlerfrei, zweikampfstark und er hat ein überragendes Stellungsspiel.
Er ist nach all der Kritik und seiner Krise bei Manchester United wieder aufgestanden. Respekt. Dass ihn Gareth Southgate treu geblieben ist, war eine mutige, aber die richtige Entscheidung.”
Emmanuel Petit Interview: Alexis Menuge