Beim laufenden Women’s World Cup 2023 ist Eunice Beckmann als Expertin von Beidfüßig im Einsatz und gibt ihr Fußball-Knowhow zum Besten.
Bei einer WM selbst teilnehmen konnte sie zwar nie, doch im Fußball hat sie einiges gesehen. In der Jugend wurde sie U19-Europameisterin mit Deutschland, gewann den DFB-Pokal mit Duisburg, zweimal die Meisterschaft mit Bayern und spielte in den hochdekorierten Ligen in den USA und Spanien.
Im Interview mit der Wettbasis verrät Eunice Beckmann, wie sie es aus dem beschaulichen Wuppertal auf die große Fußballbühne geschafft hat, warum es immer nur den Fußball gab und wie es nach der Genesung ihrer aktuellen Verletzung weitergehen soll.
Eunice Beckmann: “Fußball war immer noch Teil meines Lebens”
Wettbasis: Wie sind Sie als Wuppertaler Mädchen zum Fußball gekommen, und warum hat er Sie nicht wieder losgelassen?
Eunice Beckmann: “Ich bin zum Fußball gekommen, tatsächlich, weil ich im Kindergarten immer mit den Jungs gespielt habe, warum auch immer. Mir hat’s einfach wirklich sehr viel Spaß gemacht, und irgendwann kam dann ein Trainer vorbei, der eine Bambini Mannschaft gründen wollte. Sein Sohn selber war auch bei mir im Kindergarten.
Deswegen war es halt einfach so, dass er die meisten Kinder aus dem Kindergarten nehmen wollte für seine Mannschaft und er hat mich dann da gesehen, hat mich wahrscheinlich auch oft auf dem Spielplatz gesehen und dann dachte er sich, dieses Mädchen bräuchte ich bei mir in der Mannschaft, die hat was drauf. Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen.
Das ist nur die Geschichte, die ich immer von meinen Eltern höre. Ich war zu dem Zeitpunkt, glaube ich, vier oder fünf Jahre alt, deswegen finde ich das immer ziemlich interessant. Wie hat man mit vier, fünf schon gesehen, dass man Talent hat? Aber anscheinend war das der Fall. Meine Eltern waren tatsächlich erst mal dagegen, weil sie dachten: Mädchen, Fußball, in einer Jungenmannschaft, das ist ein bisschen komisch.”
Aber generell gegen Fußball hatten sie jetzt nichts. Sie haben nicht gedacht, lieber Reiten oder Ballett?
Beckmann: “Weder, noch. Wir sind fünf Kinder. Sich da um alle Kinder zu kümmern, war bisschen schwierig. Finanziell ging es meinen Eltern wahrscheinlich damals noch nicht so gut wie heute, und sich da drum zu kümmern, dass man jedes Kind in irgendeine Sportmannschaft oder was auch immer schickt, dafür hatten sie überhaupt gar keine Zeit.
Das war auch früher so, dass mich immer andere Elternteile zum Training gefahren haben. Oder später dann, als ich älter wurde, mit Bus und Bahn gefahren bin. Das war ziemlich selten, dass mein Vater mich mal fahren konnte, weil er halt von morgens bis abends gearbeitet hat. Und meine Mutter hatte halt auch wenig Zeit. Von daher war’s für sie einfach nochmal eine Belastung zu sagen: Ja, hey, cool, wir unterstützen das, und ja, wir stecken sie da in eine Mannschaft?
Aber der Trainer hat sie anscheinend davon überzeugen können. Dann war ich mal beim Probetraining und habe anscheinend so gut trainiert. Aber von da an ging es dann so weiter. Ich hab’ dann bis zu meinem 16. Lebensjahr bei den Jungs gespielt und kannte auch nichts anderes. Mich hat auch nichts anderes interessiert. Fußball war und ist immer noch Teil meines Lebens.
Ich meine, ich bin jetzt gerade in der Situation, wo ich langzeitverletzt bin, hab mir letztes Jahr im März das Kreuzband gerissen und arbeite weiterhin daran, wieder auf dem Platz zu stehen. Mit 31 überlegt man sich, ob man das überhaupt nochmal machen möchte, ob man da nochmal durch möchte, durch die Sommervorbereitung, durch die Wintervorbereitung, lange Auswärtsfahrten und so weiter und so fort.
Aber für mich war es einfach wichtig, noch einmal stark zurückzukommen und nicht aufzugeben, weil die Verletzung ist nicht einfach. Vor allem jetzt bei mir gab es ein paar Komplikationen, und ich möchte einfach so nicht die Bühne verlassen. Von daher möchte ich es auf jeden Fall noch einmal versuchen und bin eigentlich auch guter Dinge, dass es funktionieren wird.”
Beckmann über Wechsel zum Profisport: “Komplett im Schock”
Wie lange wird es noch dauern, bis zur kompletten Genesung?
Beckmann: “Das hängt so ein bisschen eigentlich von meinem Körper ab. Also der Plan ist Oktober, dass ich im Oktober wieder auf dem Platz stehe, aber es kann halt immer noch irgendwie alles kommen. Ich gebe mein Bestes.”
Wie war das dann, das erste Mal in einer Frauenmannschaft zu spielen, wenn man die ganze Zeit nur mit Jungsteams gespielt hat? Hat man dann da Lust drauf, oder denkt man sich, oh nein?
Eunice Beckmann: “Dadurch, dass ich ja schon in der Junioren-Nationalmannschaft gespielt habe, war das für mich an sich kein Problem. Ich glaube, der Wechsel von Junioren zu Senioren ist nochmal ein Riesensprung. Das ist einfach vom Niveau her noch mal was ganz anderes.
Wenn man dann als Jugendspielerin zu den Frauen rübergeht, da muss man sich auf jeden Fall noch mal dran gewöhnen, finde ich. Oft war das dann so, dass ich im Zweikampf dann mal weggehauen worden bin und total unter Schock war, weil ich halt dachte, ich habe hier bei den Junioren gespielt, habe alles abgeräumt. Warum sollte das bei den Senioren nicht funktionieren?
Aber ich glaube, sobald man dann bei den Frauen ist, ist man in der Realität angekommen.”
Viele sehen das dann vielleicht auch als sportlichen Abstieg, wenn man von den Jungs wechselt?
Beckmann: “Nein, würde ich nicht sagen, weil irgendwann merkt man halt auch, dass man, wenn man jahrelang in der Jungenmannschaft gespielt hat, ab einem bestimmten Alter bei dem Tempo nicht mehr so hinterherkommt.
Ich hätte mir jetzt wahrscheinlich noch ein Jahr in der A-Jugend zugetraut, aber wahrscheinlich eher in der unteren Klasse der A-Jugend, aber das ist halt auch nicht das, was ich machen möchte. Irgendwann ist es einfach so, dass Männer körperlich schneller sind. Ich mache drei Schritte, die machen einen Schritt und sind trotzdem schneller als ich, und das macht dann irgendwann auch keinen Spaß mehr.
Aber es ist kein Abschied. Es kommt immer darauf an, wo man dann landet im Verein. Ich hatte halt das Glück, dass ich bei FCR Duisburg dann gespielt habe. Zu dem Zeitpunkt ging es um die Meisterschaft, wir waren in der Champions League, haben den DFB-Pokal gewonnen. Das war halt die goldene Zeit des FCR Duisburg.
Aber wenn man in einen Verein kommt als junge Spielerin, wo man gegen den Abstieg spielt, wahrscheinlich noch nicht mal so viel Spielzeit bekommt und dann noch dem Ball hinterherlaufen muss und wenig in Ballbesitz ist, dann macht das umso weniger Spaß. Aber das ist ja normal.”