In seiner aktiven Karriere war Hansi Müller am öftesten für den VfB Stuttgart im Einsatz und auch danach liegt sein Herz beim VfB, immerhin ist er von 1999 bis 2015 durchgehend beim Verein angestellt gewesen.
Deshalb blickt der 67-Jährige natürlich gespannt auf das Bundesliga-Wochenende nach der Länderspielpause, wenn mit Bayern München und Stuttgart zwei der stärksten Teams diese Saison die Klingen kreuzen.
Hansi Müller spricht über den Erfolg der Stuttgarter im Nationalteam, welche Taktik Sebastian Hoeneß gegen Bayern München wählen sollte, was den Trainer so besonders macht und er liefert Tipps zu allen Spielen des Wochenendes.
Hansi Müller schwärmt von Stuttgart: “So etwas hat es noch nie gegeben”
Wettbasis: Samstagabend, das Spitzenspiel, Bayern empfängt den VfB Stuttgart und schon Thomas Müller hat gesagt, das wird ein richtig geiles Spiel, denn der VfB Stuttgart ist oben angekommen. Einen Müller haben wir schon zitiert, einen weiteren begrüßen wir zum Gespräch: Hansi Müller.
Hansi Müller: “Hallo, guten Tag.”
Zu Beginn eine Frage, die erst einmal die aktuellen Eindrücke aufgreift. Wie steht es denn um Deniz Undav und Chris Führich?
Müller: “Sie haben beide muskuläre Probleme. Bei Undav ist es so, dass er beim Länderspiel in München gegen Holland auf der Bank war und nicht zum Einsatz kam. Wahrscheinlich hat man ihn geschont, davon gehe ich aus.
Und bei Chris Führich ist es so, dass er sich an den Adduktoren verletzt hat. Da haben sich wohl einige Muskelfasern verabschiedet und da wird es eventuell zwei bis vielleicht sogar drei Wochen dauern, bis er wieder zurückkommt. Aber die Prognose ist, dass Deniz Undav am Samstag spielen kann. Das wäre natürlich sehr wichtig.”
Die Stuttgarter haben in der Nationalmannschaft zuletzt richtig gut performt. Woran liegt das?
Müller: “Also wenn ich zurückdenke, dass man noch vor gut einem Jahr Relegation gespielt hat gegen den HSV, wird dann in der Folgesaison Vizemeister, spielt jetzt Champions League und hat sechs Spieler im Kader der Nationalmannschaft, das hat es beim VfB noch nie gegeben, zu meiner Zeit waren es mal fünf. Da war Dieter Hoeneß dabei, die Förster-Brüder, Walter Kelsch glaube ich wars noch.
Aber dass wir jetzt sechs Spieler in der Nationalmannschaft haben, ist sensationell. Und es kommt nicht von ungefähr. Julian Nagelsmann hat ja auch das eine oder andere Spiel hier in der MHP-Arena gesehen vom VfB und verfolgt natürlich die Mannschaft, wenn sie so weit oben steht und dann auch Vizemeister wird. Das ist auch verdient, weil die Mannschaft einen guten Fußball spielt, erfolgreich war und Sebastian Hoeneß, mit seinem Trainerteam, hat sehr viele Spieler einfach besser gemacht.”
Und deshalb haben die Stuttgarter der deutschen Nationalmannschaft auch zuletzt sechs Punkte geholt, durch die Stuttgarter Tore.
Müller: “Das ist ja wie im Film. Deniz Undav war jetzt erst so kurz dabei bei der Nationalmannschaft und macht beide Tore letzte Woche beim 2:1 Sieg in Bosnien. Da muss man dazusagen, dass auf der anderen Seite beim Stand von 1:0 Demirovic, unser Mittelstürmer, an die Latte schießt und ein paar Minuten später macht Undav dann das 2:0.
Dann jetzt gegen die Niederlande kommt Leweling, wird nachnominiert wegen Verletzungen, kommt von Anfang an zum Zug, macht nach zwei Minuten ein Tor, das leider annulliert wird und danach, nach etwa einer Stunde, dieses 1:0, das zum Sieg führt. Also zwei VfB Stürmer sorgen für sechs Punkte für die deutsche Nationalmannschaft in der Nations League. Das ist das unfassbar.”
Sie haben ja auch die Bayern mit Sicherheit verfolgt, die kassieren viele Gegentore. Ist das jetzt der Schlüssel? Also, dass man agiert wie Eintracht Frankfurt, die wenig Ballbesitz hatten, aber dann eben in den Umschaltsituationen gnadenlos waren? Oder wird der VfB auch auf Ballbesitzfußball setzen, so wie das eigentlich üblich ist bei ihnen?
Müller: “Also Fakt ist mal, dass der VfB natürlich durch die Erfolgserlebnisse in der Nationalmannschaft, dieses Selbstbewusstsein natürlich in die Mannschaft reingetragen wird, das ist keine Frage. Das heißt für mich für Samstagabend, dass der VfB mit breiter Brust auflaufen wird. Aber ich glaube, dass Sebastian Hoeneß auch in der Lage ist, der Mannschaft klarzumachen, dass man so einem Gegner, der auf jeder Position eine brutale Qualität hat, mit höchstem Respekt begegnet, aber nicht mit irgendwelcher Ehrfurcht oder Angst.
Und irgendwo finde ich es cool, dass das Spiel jetzt am Montag in München war und jetzt am Samstagabend, 18:30 Uhr, zum Topspiel sind sie wieder in München, also in dem Stadion, wo sie das Erfolgserlebnis hatten. Das ist natürlich VfB-mäßig gedacht und deswegen denke ich, wird es ein Spiel auf Augenhöhe, vielleicht 60:40 zugunsten Bayern, weil sie auch den Heimvorteil haben.
Aber in dem Spiel ist alles drin und es ist wichtig, dass der VfB am Anfang stabil ist und vielleicht versucht, zwanzig, fünfundzwanzig Minuten kein Gegentor zu bekommen, weil dann tun sie sich mit Sicherheit leichter. Ich kann mich erinnern, beim letzten Spiel hat Karazor einen Fehler gemacht nach fünf Minuten, dadurch sind die Bayern dann nach fünf Minuten mit 1:0 in Führung gegangen.
Sowas ist natürlich ein Schock für die Mannschaft, daher sollte man versuchen das zu vermeiden. Dann bin ich guter Dinge, dass da was möglich ist.”
Der VfB will spielen, ist das vielleicht dann vielleicht sogar angenehmer für die Bayern, auf solche Gegner zu treffen?
Müller: “Es wird darauf ankommen, dass der VfB Stuttgart bei allem Selbstbewusstsein, bei aller Qualität die sie haben, nicht zu viel will, sondern erst mal ein bisschen vorsichtig und behutsam in das Spiel reingeht, ohne dabei zu passiv zu sein. Ich habe die Top-Qualität von Bayern angesprochen. Gegen so einem Gegner musst du hundertprozentig konzentriert sein und auch den nötigen Respekt haben.
Der VfB hat, obwohl es meckern oder kritisieren auf hohem Niveau ist, in dieser Saison bisher noch nicht dieses spielerische Level erreicht, vor allem in der Bundesliga und man muss jetzt auch abwarten, wie der VfB mit der momentanen Mehrbelastung umgeht. Sie hatten jetzt sechs Spieler bei den Länderspielen gehabt, spielen bei den Bayern, drei Tage später in Turin gegen Juventus in der Champions League. Also da kommt ein Kracher nach dem anderen.
Das ist die Kunst jetzt von Sebastian Hoeneß und seinen Co-Trainern mit David Krecidlo und Malik Fathi, dass die drei es schaffen, die Jungs so auf den Punkt hin zu bringen, damit sie auch wissen, dass die Bundesliga, bei aller Wertschätzung für die Champions League, einfach das Wichtigste ist. Da müssen sie performen und da müssen sie schauen, dass sie auch diese Saison wieder im oberen Drittel landen. Und das wird noch ein hartes Stück Arbeit.
Das kann man dann schon auch mal aus dem Fokus verlieren, wenn man denkt Real Madrid, Juventus Turin, PSG, Atalanta, was da alles kommt in der Champions League. Es bleibt abzuwarten, dazu ist es noch ein bisschen zu früh, um das jetzt hundertprozentig einzuschätzen, aber es wird nicht einfach, das zu handeln.”
Sagen Sie uns noch zu Sebastian Hoeneß, der wirklich einen tollen Job macht, was Sie an ihm besonders mögen?
Müller: “Sein Vater, Dieter Hoeneß, mit dem ich ja vier Jahre beim VfB Stuttgart gespielt habe – der ihn auch berät, was natürlich ein Riesenvorteil ist, wenn man als Vater im früheren Spiel einen Funktionär hat, der erfolgreich war – der hat zu mir gesagt: der Sebastian, der liebt Fußball und er lebt Fußball. Und das kann ich nur bestätigen.
Ich weiß, dass der morgens der Erste ist, der den Laden aufschließt und abends der Letzte ist, der geht. Der also nichts anbrennen lässt, sich voll reinhaut und dann eben die Gabe hat, mit den ganzen Jungs individuell sehr gut und sehr erfolgsorientiert und wertschätzend umzugehen. Das, glaube ich, ist sein Geheimnis.
Die beiden Co-Trainer Malik Fathi und David Krecidlo sind ja auch so alt wie Sebastian Hoeneß, die sind alle drei Anfang Vierzig und die machen aus meiner Sicht einen super Job. Wenn ich manchmal beim Training zuschaue, wie die trainieren auf kurzes Feld, fünf gegen fünf, so vier, fünf Minuten, wie da die Kugel geht, zack, zack. So spielen die auch. Da kann man nur sagen Hut ab, was die geleistet haben und hoffentlich geht es so weiter.”
Natürlich braucht es noch einen Ergebnis-Tipp von Ihnen. Was sagen Sie, wie geht es aus am Samstag?
Hansi Müller: “2:2, aber für den VfB. Ein Punkt in München wäre schon klasse.”
Tipps zu den restlichen Spielen:
Dortmund vs. St. Pauli – 3:1
Leverkusen vs. Frankfurt – 1:1
Hoffenheim vs. Bochum – 3:1
Freiburg vs. Augsburg – 1:0
Mainz vs. Leipzig – 3:3
Gladbach vs. Heidenheim – 2:2
Kiel vs. Union Berlin – 1:1
Wolfsburg vs. Bremen – 3:1