Ganze 154 Spiele absolvierte Jorginho in der Bundesliga, aufgeteilt auf den FC Bayern und Bayer Leverkusen.
Immerhin eine deutsche Meisterschaft darf er sein Eigen nennen, seinen größten Erfolg feierte er aber 1994 in den USA, als er mit Brasilien Meister wurde.
Wir haben den heute 59-Jährigen exklusiv zum Interview gebeten. Fokus liegt natürlich auf dem Meisterrennen seiner Ex-Klubs, was Xabi Alonso und seine Werkself so stark macht, Kritik an Neymar und Brasiliens Fußballern und die Chancen bei der WM 2026.
Jorginho über Leverkusen & Bayern: “Mein Herz ist für immer dankbar”
Wettbasis: Ich freue mich, einen der ganz Großen im Weltfußball hier zu Gast zu haben. Wir gehen nach Rio de Janeiro an den Zuckerhut und begrüßen keinen Geringeren als Jorginho.
Jorginho: “Hallo. Es ist eine große Ehre, mit euch zu sprechen. Ich werde versuchen, mein bestes Deutsch zu sprechen, damit mich alle verstehen.”
Ich denke mal, Sie fühlen sich wohl in Rio de Janeiro und denken wenn, nur manchmal zurück an München oder Deutschland?
Jorginho: “Doch, klar. Ich denke immer an Deutschland. Deutschland ist für mich wirklich meine zweite Heimat. Ich war in Leverkusen, in Dortmund, in Schalke und auch in München.
Zuletzt vor einem Monat, denn wir haben eine Stiftung in Deutschland, die uns sehr viel hilft. Gemeinsam mit einer Stiftung in Brasilien. Ich vermisse Deutschland oft.
Und ich bin Trainer. Vielleicht irgendwann, wenn das möglich wäre, einmal in Deutschland eine Mannschaft zu trainieren, das wäre natürlich ein Traum.”
Wie schon erwähnt, Sie waren bei Bayer Leverkusen einige Jahre, dann waren Sie in München Deutscher Meister. Für welchen Verein schlägt Ihr Herz mehr?
Jorginho: “Beide sind natürlich sehr wichtig für mich. Leverkusen war mein Start in Europa und hat die Tür für mich geöffnet. Vor ein paar Tagen habe ich mit Herrn Calmund gesprochen. Er wird jetzt 75, und er ist immer natürlich in meinem Herzen. Es war wirklich eine tolle Zeit.
München war natürlich auch sehr besonderes, denn ich war Deutscher Meister in dieser Zeit und Weltmeister mit Brasilien. Das war ein tolle Zeit. 1994 war die beste Zeit in meinem Leben im Fußball.
Natürlich war beides ganz gut, aber ich bin immer für beide Vereine. Ich bin sehr glücklich, dass Leverkusen jetzt Erster ist, auch weil Bayern die Meisterschaft schon viele Male gewonnen hat, also elf oder zwölf Mal hintereinander.
Von daher wäre es gut, wenn es vielleicht Leverkusen diese Saison schafft, Meister zu werden. Aber wirklich, mein Herz ist für immer sehr dankbar. Beide Mannschaften sind sehr wichtig für mich.”
Sie haben es ja jetzt schon angesprochen, Bayer Leverkusen ist Tabellenführer. Trauen Sie ihnen zu, dass sie Meister werden? Und welche Gründe sehen Sie, dafür, dass sie Meister werden können?
Jorginho: “Ja, ich glaube schon. Ich habe die Mannschaft ein bisschen studiert, als ich einmal beim Training war, und ich habe natürlich ein paar Videos bekommen aus Leverkusen. Ich habe mit Xabi Alonso gesprochen, das war eine gute Zeit, er war sehr freundlich.
Und, er war ein super Spieler und er ist eine sehr intelligenter Trainer, auch noch ein ganz junger Trainer. Aber er hat so viel Erfahrung. Er hat so viele andere Trainer in seine Karriere gesehen, in München, bei Real Madrid und in Liverpool.
Also wirklich, wie sie spielen, wie sie organisiert spielen, in einem 3-4-3. Ich habe gesehen, dass sie eine tolle Mannschaft haben und eine sehr organisierte und sehr aggressive Mannschaft. Außerdem haben sie einen der besten jungen Spieler, Florian Wirtz wird ein super Spieler in Deutschland. Sie haben einen super Stürmer mit Boniface und wirklich, sie haben eine sehr organisiert Mannschaft.
Ich habe mit Arthur gesprochen, er ist Brasilianer, er war verletzt. Ich glaube, er ist schon fit. Das war vielleicht vor vor einem Monat. Ich war in Leverkusen und er hat gesagt, dass die Mannschaft sehr konzentriert ist und sie denken, das ist eine große Möglichkeit, dass sie in diesem Jahr Meister werden.”
Und Sie erklären uns jetzt, wie Xabi Alonso als Trainer tickt. Sie sind ja selber Trainer. Sie haben mit ihm gesprochen, Sie haben das Training gesehen. Was macht diese Mannschaft so erfolgreich oder was macht Alonso, was diese Mannschaft so erfolgreich spielen lässt?
Jorginho: “Ich finde das Training, die Methodologie, die er hat, ist wirklich sehr interessant.”
Was ist dabei konkret interessant? Lassen Sie uns mal wissen, was ist da konkret interessant? Was macht er Spezielles?
Jorginho: “Er ist sehr, sehr organisiert. Er macht sehr viel, er will unbedingt, dass die Mannschaft sich bewegt, also sie spielen nicht einfach ihre Position, sie tauschen die Position.
Darüber hinaus verstehen sie sehr gut, dass wenn sie den Ball verlieren, sie sofort den Ball zurückgewinnen müssen und das ist sehr aggressiv und auch sehr gut. Der Fußball heute ist sehr schnell. Sie haben eine Mannschaft, die in einem sehr guten Alter ist.
Die Spieler haben viel Kraft und sie sind sehr engagiert. Die Spieler haben das verstanden. Ich habe auch mit Xabi über Taktik und solche Sachen gesprochen.”
Was haben Sie mit ihm besprochen? Geben Sie doch ein kleines Geheimnis preis für uns.
Jorginho: “Natürlich ist es ein bisschen das Geheimnis vom Trainer, aber das Wichtigste ist seine Erfahrung. Er hat so viel gewonnen. Er war viele Male Meister, mit Bayern München, Real Madrid, Liverpool und er weiß ganz genau, wie er die Spieler motiviert und das Beste aus dem Spieler herausholt.
Das ist wirklich eine gute Sache, dass ein Ex-Spieler Trainer wird. Wie Alonso, oder auch wie ich. Wir verstehen das Herz und den Kopf der Spieler. Also wenn er auf der Bank ist, wenn er nicht auf der Bank ist oder wenn er Stammspieler ist, wenn er verliert, wenn er gewinnt, wissen wir, was in seinem Herz los ist. Das ist wirklich ganz gut, dass wir das verstehen. Wir haben diese Erfahrung für die Spieler.
Zum Beispiel Arthur ist ein sehr guter Spieler, aber Frimpong ist auch ein sehr guter rechter Verteidiger und Alonso weiß ganz genau, wie er auch Arthur wachsen lassen und nach vorne bringen kann. Er ist zwanzig Jahre alt und er hat eine große Zukunft.
Er hat erfahren, dass ich als Rechtsverteidiger da war und schon Erfolg hatte als Rechtsverteidiger bei Bayer Leverkusen. Das macht Alonso natürlich besser als andere Trainer, aufgrund seiner großen Erfahrung.”
Jetzt haben Sie schon Frimpong als Ihren Nachfolger auf der rechten Seite angesprochen. Das sind die beiden erfolgreichsten Außenverteidiger in der Bundesliga, sowohl was die Tore betrifft, als auch die Vorarbeit. Alle anderen Außenverteidiger-Pärchen in der Bundesliga haben halb so viele Tore geschossen und Torbeteiligungen. Ist das das wesentlich Merkmal von Bayer Leverkusen?
Jorginho: “Ja, ich glaube ja. Beim Training, das ich gesehen habe, haben sie die Freiheit, zum Beispiel von außen zu kommen, oder von innen zu kommen. Sie haben drei Innenverteidiger, da ist es natürlich ganz einfach für die Außen, offensiv zu sein.
Von außen, von innen, frei. Frimpong zum Beispiel ist ein Rechtsverteidiger, der kann das Eins-gegen-Eins viel besser als ich. Ich war auch gut, aber er ist schnell und er hat Mut.
Ich habe ganz kurz mit ihm gesprochen. Eine Kleinigkeit bei ihm, die er vielleicht noch verbessern kann, sind die Flanken. Aber er ist genau wie Arthur ein super Spieler. Er ist ganz jung und er hat eine große Zukunft.
Das selbe gilt für den Linksverteidiger, für Grimaldo. Der ist ja auch genial. Ich habe das Spiel gesehen und war begeistert, was die Mannschaft von Leverkusen macht. Sie sind sehr, sehr fleißig. Sie sind sehr offensiv. Wenn sie den Ball verlieren, gehen sie sofort ins Pressing und das macht den großen Unterschied.”
Jorginho über Frimpong: “Kann noch besser werden”
Jorginho, Sie haben gerade gesagt, Sie haben mit Frimpong gesprochen und haben ihm eine kleine Verbesserung vorgeschlagen.
Jorginho: “Nein, ich sage nicht ganz genau wie und was, aber er kann es natürlich verbessern. Ich glaube, er hat die die Qualität noch besser zu werden. Auch wenn er in den Strafraum geht. Ich glaube er kann seine Ecken noch verbessern.
Er kann im Eins-gegen-Eins gut in den Strafraum kommen, aber er könnte auch vorher schauen, wie es im Sechzehner aussieht. Er kann noch viel trainieren und viel verbessern. Arthur macht es bei Flanken, meine Meinung, ein bisschen besser als er. Er hat den Blick vorher dafür, wer wo im Sechzehner steht.
Ich habe viele Spiele von Arthur, auch in der Nationalmannschaft gesehen und viele Trainings gesehen von ihm, also Leverkusen hat zwei super Rechtsverteidiger.”
Wir könnten jetzt noch eine Stunde alle analysieren, Bayer Leverkusen oder auch die einzelnen Spieler. Die Zeit haben wir leider nicht, aber vielleicht noch die Frage, sehen wir Xabi Alonso ganz bald auch auf dem Trainer-Stuhl von Bayern München?
Jorginho: (lacht) “Ich glaube, das Beste ist, dass er jetzt konzentriert bei Bayer bleibt. Es wird viel geschrieben, auch dass er zu Real Madrid geht. Das ist ganz normal, wenn er eine gute Arbeit macht.
Er hat sieben Siege, und ein Unentschieden und alles schaut zu ihm. Aber das Beste ist, er konzentriert sich auf seine Arbeit bei Leverkusen. Ich habe ihm gesagt, dass ich nächstes Jahr nach Deutschland fliege, am Ende der Saison, um mit ihm und mit der Mannschaft zu feiern.
Natürlich bin ich immer Bayern München Fan, aber Bayern München hat schon so oft gewonnen und das wäre natürlich super für für Alonso und auch natürlich für Bayer Leverkusen. Das wäre ein Traum für sie.”
Calli haben Sie schon angesprochen und auch mit Hoeneß, haben sie zwei Typen gehabt, als Manager, die natürlich herausragend sind. Wie sehen Sie die beiden?
Jorginho: “Also ich glaube, die beiden haben eine große und wichtige Rolle gespielt bei beiden Mannschaften. Calmund bei Leverkusen war so clever, so intelligent, und seine Sicht der Dinge. Er ist nach Brasilien gekommen und hat mein Spiel gesehen.
Sie wollten einen anderer Spieler haben. Ich habe nie Rechtsverteidiger gespielt. Ich habe immer Mittelfeld gespielt und er hat gesehen, das passt ganz gut. Er hatte eine super Zeit, Leverkusen war ganz klein damals. Wenn man sich heute das Stadion anschaut, die Zuschauer, alle Leute sind begeistert. Also er bedeutet ganz viel für Bayer Leverkusen.
Uli Hoeneß ist einer, der selber Spieler war und weiß, wie man mit den Spielern sprechen muss. Und er war sehr intelligent. Natürlich, was er aus Bayern München gemacht hat ist unglaublich. Die gewinnen elf Mal hintereinander die Meisterschaft, weil sie Uli Hoeneß gehabt haben und bis heute bedeutet er ganz viel für Bayern München.
Er ist wirklich der eine Mann. Viele sind gekommen und gegangen, aber er ist wirklich der große Faktor, dass Bayern München finanziell ganz ruhig, ganz klar dasteht. Phänomenal.”
Was war denn die lustigste Geschichte, die Sie mit Calli erlebt haben? Ich meine, mit Calli erlebt man sehr viele lustige Geschichten. Welche fällt Ihnen da ein?
Jorginho: “Er ist immer lustig und manchmal habe ich gesagt: Herr Calmund, ich verstehe gar nichts, weil sie sprechen so schnell, und sein Dialekt war sehr schwer zu hören. Und er hat gesagt okay, ich spreche ganz langsam mit dir. Er war zu mir immer wie ein Vater.
Er wird jetzt, am 23. November, 75 Jahre alt und ich bin schon eingeladen. Er hat gesagt da brauchst du keinen Flug zahlen, kein Hotel, ich zahle alles für dich. Das ist Calmund.”
Und die lustigste Geschichte mit Uli Hoeneß? Hat er Sie zum Oktoberfest geschleift oder was hat er gemacht mit Ihnen?
Jorginho: “Aber natürlich. Er hat natürlich gelacht. Ich mit Lederhose, das war natürlich komisch für mich, aber sie habe immer alles sehr freundlich gemacht. Und das war sehr, sehr wichtig für mich.
In der Zeit bei Bayern München hat Uli Hoeneß mir eine ganz wichtige Person vorgestellt, Frau Loi. Sie hat mir wirklich super super geholfen mit dem Haus, mit den Möbeln, mit allem was ich brauchte. Also Uli Hoeneß hat gesagt, helfen Sie Jorginho, denn ich weiß, es ist nicht einfach. Er hat schon drei Jahre Erfahrung gehabt, aber hier in München ist es etwas anderes.
Es ist eine große Mannschaft und er muss sich wohlfühlen. Das war natürlich dann eine super Zeit. Deswegen, Uli Hoeneß ist so intelligent und er hat einen schönen Blick für die Leute und ihnen zu helfen. So, wie er es immer gemacht hat, auch für viele Ex-Spieler, zum Beispiel Gerd Müller. Er hat so viel geholfen, wirklich, er hat ein gutes Herz.”
Jorginho über Brasilien: “Spieler machen sich mehr Sorgen um ihre Frisur”
Jetzt war ja Bayer Leverkusen lange und oft Sprungbrett für brasilianische Spieler zu größeren Klubs. Warum ist das heute nicht mehr so?
Jorginho: “In Brasilien heute wir haben große Schwierigkeit, große Spieler zu haben, wie zu meiner Zeit Zico, oder Pele und so weiter. Wir hatten immer viele Spieler und große Spieler in den großen Mannschaften in Deutschland, England und Spanien.
Heute ist das nicht mehr so, wir haben natürlich viele Spieler in Europa, aber die sind nicht die ersten Ansprechpartner. Auch die Nationalmannschaft hat große Schwierigkeiten. Sie haben jetzt erst verloren gegen Uruguay. Okay, wir haben früher auch schon mal verloren, auswärts gegen Uruguay. Auch ich als Co-Trainer, mit Dunga.
Aber wir haben auch Unentschieden gespielt gegen Venezuela. Da gewinnen wir normalerweise von 3:0 bis 6:0 oder 7:0. Da herrscht momentan eine große Enttäuschung und es stellt sich die Frage nach der Mentalität. Wenn die Spieler das nicht verstehen. Geld ist natürlich wichtig, berühmt zu sein, bei Instagram zu sein, Facebook, TikTok, das ist sehr schön, aber du musst konzentriert sein. Heute gibt es ein paar Spieler, die machen sich mehr Sorgen um ihre Frisur.
Also sie machen ganz andere Sachen. Sie machen so viele Sachen und alles ist dann wichtiger als der Fußball. Sie sind immer auf TikTok und Instagram und so weiter. Also ich hoffe wirklich, dass diese Mentalität unbedingt wieder wechselt, und dass Brasilien wieder Weltmeister wird.
Im Moment haben wir Arthur bei Bayer Leverkusen, ich hoffe, dass er schnell fit wird und dann eine super Arbeit machen wird. Aber es wäre super, wenn andere Spieler, wie früher Paolo Sergio, ze Roberto, Lucio, Elber und viele andere Brasilianer, wieder zu echten Stars werden.”
Um nochmal kurz auf Calli zurückzukommen, wie hat er Sie damals überzeugt, nach Leverkusen zu kommen? Also was hat er Ihnen gesagt, dass Sie es auch verstanden haben?
Jorginho: “Sie haben ein Spiel von mir gesehen, gegen Portugal damals. Ich habe natürlich bei Brasilien Rechtsverteidiger gespielt, und wir haben 4:0 gewonnen, und ich war der Kapitän.
In unserem Trainingslager habe ich mich verletzt und bin nach Hause gekommen und da waren Calmund, der Berater Juan Figa und Jürgen Gersdorf bei mir zu Hause und sie haben mir erzählt, was der Plan ist. Zwei Jahre vorher haben sie mit dem großen Tita den UEFA-Cup gewonnen und das war natürlich für mich eine große Hoffnung.
Leverkusen war super. Tita war sehr gut, hatte Erfolg in Leverkusen, und die waren natürlich schon vorbereitet für das. Das hat Calmund erzählt damals, und ich hatte einen Dolmetscher, Heinz. Er war lange Zeit bei einer Sportmarke gearbeitet, aber er war lange Zeit bei Leverkusen als Dolmetscher. Und er hat mir super geholfen, super alles gemacht. Er konnte natürlich portugiesisch und deutsch und er hat gesagt, wenn du nach Leverkusen kommt, hast du die Möglichkeit, es wie Tita zu machen.
Und du kannst natürlich aufmerksam machen auf dich in Europa. Auch vorher schon hatte ich ein paar Möglichkeiten, nach Europa zu kommen. Aber es waren immer eher kleine Mannschaften. Und das was Calmund mit mir geredet hat, hat mir geholfen, diese Entscheidung zu treffen und das war die beste Entscheidung für mich in dieser Zeit. Und ich war wirklich sehr zufrieden in Deutschland.”
Reden wir über Neymar. Er ist leider gerade schwer verletzt, wurde aber auch hart kritisiert aufgrund seiner Leistungen, aufgrund seines Lebensstils. Wie sehen Sie ihn? Wie bewerten Sie ihn?
Jorginho: “Nun ja, also er ist unbestritten ein super Spieler. Wirklich. Wir hatten die Möglichkeit damals 2010 Neymar zur Nationalmannschaft zu bringen, Neymar und Ganso, die beiden super Spieler von Santos und Neymar war super. Siebzehn Jahre alt und einfach sehr gut.
Aber wir hatten nicht die Möglichkeit, ihn bei einem Freundschaftsspiel zu bringen, weil sie im Finale des Brasilien-Pokals standen und dann hat Dunga gesagt, nein, wir bringen ihn nicht. Aber von da an, seit dieser Zeit 2010 bis jetzt, ist Neymar größer geworden, also mehr Kraft und mehr Intelligenz auf dem Platz.
Aber ich sage immer, ich weiß nicht warum, aber es fehlt immer noch was. Ich habe ein paar Interview gemacht in Brasilien. Ich sage immer: „Neymar, du bist der beste Spieler von Brasilien, aber es fehlt was.“ Vielleicht die Konzentration. Er muss sich mehr auf seine Karriere konzentrieren, denn er hat nicht mehr so viele Zeit wie 2010. Er hat weniger Zeit.
Zum Beispiel: Messi war Weltmeister und stand schon fast vor dem Ende seiner Karriere. Er hat dieses Wunder, diese Glücklichkeit, dass er Weltmeister ist. Aber ich verstehe nicht, wenn ich Messi sehe, wenn er ein Foul bekommt, dann versucht er immer noch weiterzukommen und Neymar, ich weiß nicht, ob die Trainer mit ihm darüber sprechen. Wir haben einen National-Trainer, der spielt sehr ähnlich wie das Tiki-Taka von Barcelona, er versucht das mit seiner Mannschaft.
Das ist ein ganz kurzes Spiel. Man kann den Ball nicht lange halten, aber die meisten Spieler von Brasilien halten den Ball zu lange und auch Neymar hält ihn zu lange. Er sucht das Foul und das nervt. Er ist so ein intelligenter Spieler, warum macht er das Spiel nicht schnell. Wenn er natürlich die Möglichkeit hat, in den Sechzehner zu gehen und ein Tor zu machen.
Aber auch außerhalb des Fußballs, macht er Sachen, die nicht gut sind. Wirklich. Es wäre super, wenn er sich konzentriert auf den Fußball. Wenn man zu meiner Zeit etwas gemacht hat, dann blieb das draußen, aber heute haben alle ihr Telefon für Fotos und es sind so viele Sachen von Neymar aufgekommen.
Ich weiß natürlich, dass alles auf ihn schaut, aber es wäre gut, wenn er das verstehen würde und sich mehr konzentriert auf den Fußball in Brasilien, da er ein sehr, sehr wichtiger Spieler ist und wir brauchen ihn. Aber wenn die Leute nicht mit ihm sprechen, dass er genau so ist, wie alle anderen. Alle andere Spieler sind genau so wichtig.
Du kannst nicht zum Beispiel nach dem Spiel einfach wegfahren, du musst hier bleiben, du musst konzentriert bleiben. Du musst im Trainingslager die gleichen Sachen machen, wie alle. Also ich finde, er ist ein super Spieler, aber er muss verstehen, dass seine Zeit langsam vorbei ist. Er muss diese Zeit nutzen.”
Dann sind wir bei der Weltmeisterschaft 2026. Kann er da Brasilien noch mal zum Titel führen? Wie kann das funktionieren? Er spielt jetzt in Saudi-Arabien.
Jorginho: “Ich glaube ja. Wir haben, wie ich gesagt habe, gute Spieler auch wenn nicht so überragend wie früher. Aber wir haben immer noch gute Spieler, Neymar, Vinicius Junior, Rodrygo, wir haben gute Abwehrspieler.
Wir haben Schwierigkeiten auf den Außen, Rechts und Links. Das wäre super, wenn Arthur bei Leverkusen spielen würde. Vielleicht hat er die Möglichkeit, denn er war schon bei der U-20, das wäre natürlich wunderbar. 2026 sind wir 24 Jahre ohne Meisterschaft, genau wie 1994 und ich hoffe, dass wir wirklich eine gute Richtung einschlagen.
Ich hoffe, dass wir eine super WM-Qualifikation machen und dass die Spieler sich auf den Fußball konzentrieren und sich auf die Familie konzentrieren. Sie müssen unbedingt verstehen, dass die Zeit vorbei ist. Und wenn wir nicht wirklich konzentriert sind und uns nicht wie Profis verhalten, dann bekommen wir große Schwierigkeiten.”
Wer war denn eigentlich der beste Fußballer, mit dem Sie jemals zusammengespielt haben?
Jorginho: “Der beste Fußballer war für mich Zico, mit dem ich zusammengespielt habe. Er war wirklich der Beste. Er war ganz gut im defensiven Bereich, bei der Vorarbeit, der letzte Pass war immer überragend. Er hat Tore gemacht, mit links, mit rechts, mit dem Kopf.
Er war so intelligent und er war sehr, sehr diszipliniert. Er war der beste Spieler, ein absoluter Profi-Fußballer. In Brasilien haben wir zwei Worte für Fußballer. „Jogador“, das ist ein Spieler. Aber der „Profesional“ ist etwas anderes. Zico war wirklich überragend. Er war total konzentriert in seiner Karriere.
Bis heute, wenn er ein Spiel im Maracana macht, am Ende des Jahres. Er macht immer ein Benefizspiel, dann kommen 70.000 Leute, weil es Zico ist. Er war für mich der beste. Ich habe mit vielen anderen super Spielern gespielt, mit Lothar Matthäus, mit Bebeto, mit Romario, mit Ronaldo zum Beispiel.
Aber mit Ronaldo nur ganz kurz, er war so jung bei uns, 1994, er hat auch nicht bei der WM gespielt, er war nur auf der Bank. Aber Zico war der Beste, in meinen Augen.
Auf meiner Position, ich weiß nicht ob Sie ihn kennen, war Leandro der beste Spieler. Er war nicht Weltmeister, er war Meister mit Flamengo, Weltmeister mit Flamengo, aber nicht Weltmeister mit Brasilien. Aber er war der beste Rechtsverteidiger aller Zeiten.”
Cafe bester Außenverteidiger? “War nicht besser als Leandro”
Cafu nicht?
Jorginho: “Er war natürlich super, super, wirklich. Er hat super gespielt. Wir sagen, Cafu hat bei vierzehn Mannschaften vorgespielt und es nicht in die Mannschaft geschafft, nur bei Sao Paulo. Und jedes Jahr ist er immer besser geworden. Er ist der einzige Spieler auf der ganzen Welt, der drei WM-Finale hintereinander gespielt hat. 1994, 1998, 2002.
Aber er hat nicht die Technik, das Wunder von Leandro. Ich auch nicht. Ich war nicht wie Leandro. Er ist der Beste. Cafu war wunderbar, aber er war nicht besser als Leandro.”
Eine Sache noch: Sie waren, wie gesagt, in Leverkusen. Simon Rolfes ist ja dort Manager. Wie viel Anteil hat der denn am Erfolg aktuell in Leverkusen? Oder ist es einfach nur, weil Xabi Alonso da ist?
Jorginho: “Nein, ich glaube, es war immer wichtig, dass du einen Direktor, einen Manager hast, der gute Geschäfte machen kann und zusammen mit Alonso auf dem Platz passt das aktuell natürlich.
Ich habe mich dort nicht so lange aufgehalten, aber Xabi Alonso ist eine Art Schlüssel für Leverkusen. Seine Erfahrung, seine Intelligenz und das alles, was er erlebt hat in seiner Karriere, bringt er jetzt als Trainer ein, und das ist sehr wichtig. Die Spieler merken, wenn der spricht, wer zu ihnen spricht.
Er macht manchmal ein Beispiel mit dem Ball und die Spieler schauen zu und man merkt im Gesicht der Spieler: Mein Gott, wie er immer noch spielt. Er ist natürlich ganz frisch, er ist ganz dünn und spielt immer noch gut. Aber er braucht einen Direktor. Er braucht jemand hinter ihm, das gibt ihm Kraft und das lässt ihn seine Arbeit machen.”
Jetzt spielt am Sonntag Leverkusen zu Hause gegen Freiburg. Wie wird das ausgehen? Wie lautet Ihr Tipp?
Jorginho: “Also ich hoffe natürlich, dass Leverkusen gewinnt. 2:0.”
Wer schießt die Tore? Frimpong?
Jorgniho: “Das kann sein. Aber ich hoffe, dass Wirtz die zwei Tore macht.
Ich glaube, er wird in kürzester Zeit einer der besten Spieler in Deutschland. Wie auch Musiala von Bayern München. Also ich glaube, die zwei haben eine große Zukunft.”
Bayern München hat aktuell einen sehr kleinen Kader. Kann das ausschlaggebend sein, dass sie nicht erfolgreich sein könnten? Als Trainer und als Spieler haben Sie es auch erlebt, wenn wenig Möglichkeiten bestehen.
Jorginho: “Bayern München ist immer dabei. Bayern München ist immer eine der besten Mannschaften, hat den besten Kader, hat mehr Geld, die Möglichkeit sind natürlich riesig. Es ist alles offen.
Und Bayern München hat immer die Möglichkeit Meister zu werden, auch mit achtzehn Spielern. Sie haben sechs Siege und zwei Unterschieden. Alles offen. Aber ich glaube schon, dass Bayern München eine große Mannschaft wird, die jetzt wieder die Möglichkeit hat, noch einmal Meister zu werden.
Auch Dortmund hat immer die Möglichkeit dazu. Natürlich ist Stuttgart jetzt besonders, weil sie letztes Jahr in großen Schwierigkeiten steckten. Aber dieses Jahre ist wunderbar, wirklich.”
Jorginho, vielen Dank nach Rio und natürlich haben wir uns gefreut über Ihre Expertise.
Jorginho: “War schön, mit Ihnen zu sprechen. Alles Gute für Deutschland und vielen Dank!”
Interview: Carsten Fuß