Ein Jahr früher als erwartet wurde gestern Abend bekannt, dass die Fußball-WM 2030 in gleich sechs Ländern stattfinden wird. Spanien, Portugal und Marokko bekommen den Löwenanteil der Spiele, doch je eine Partie wird in Uruguay, Argentinien und Paraguay stattfinden.
Schade eigentlich, finden wir. Auch zur 100-Jahr-Feier der ersten Weltmeisterschaft 1930 stehen bei den Funktionären der FIFA andere Prioritäten als der Fußball im Vordergrund.
Südamerika wollte die WM 2030 – und wird billig abgespeist
Nichts hätte den gemeinen Fußballromantiker wohl so glücklich gemacht wie die Rückkehr an den Ort, an dem einst alles begann. Doch 100 Jahre nach der ersten Fußball-Weltmeisterschaft in Uruguay bleibt ein Turnier im südamerikanischen Land ein Traum.
Gemeinsam mit Argentinien, Paraguay und am Ende auch Chile hatte sich Uruguays Verband um die Austragung der WM 2030 beworben – und wurde am Ende billig abgespeist.
Je ein Spiel findet in sieben Jahren in Uruguay, Argentinien und Paraguay statt. Beteiligt werden jeweils die automatisch für die WM qualifizierten Nationen sein. Dazu gibt es eine Jubiläumsfeier in Montevideo – wie schön.
Die FIFA hat sich stattdessen für Spanien, Portugal und Marokko entschieden, von denen zumindest die beiden europäischen Länder den klaren Vorteil der wirtschaftlichen Sicherheit mitbringen. Doch kommt es darauf unmittelbar nach Katar, den USA und wohl vor Saudi-Arabien wirklich an?
Nirgendwo in der Welt wird der Fußball mehr gelebt als in Südamerika, wie nicht zuletzt die Endrunde 2014 in Brasilien zeigte. Dass man dem Kontinent nun auf Jahre von einer Austragung ausschließt, wird ihm nicht gerecht. Zumal Argentinien auch noch amtierender Weltmeister ist.
“Globales Fest” lässt Realität der Welt außer Acht
Wenn es um eine WM-Vergabe geht, spart die FIFA nicht mit blumigen Worten, so auch in diesem Fall wieder. Ein “globales, völkerverbindendes Fest” solle es 2030 geben, dafür spiele man schließlich in sechs Ländern und drei Kontinenten.
Wie absurd diese Idee in Zeiten der Diskussionen um Nachhaltigkeit ist, braucht keine weiteren Worte. Die Teams, die vier Tage zuvor ihr erstes Spiel in Südamerika bestreiten, fliegen also um die halbe Welt, um ihre Endrunde dann in Europa oder Nordafrika fortzusetzen.
In den vier südamerikanischen Ländern hätte es trotz aller wirtschaftlichen Probleme ausreichend große Stadien gegeben. Auch die Infrastruktur mit nahe beisammen liegenden Hauptstädten Montevideo und Buenos Aires hätte kein übermäßiges Problem dargestellt.
Der Leidtragende ist am Ende somit der Fußball selbst. Dass dieser von einem ignoranten FIFA-Präsidenten ins Verderben geleitet wird, ist schon länger klar. Dass der dann in der Pressemitteilung nicht einmal die Fakten der Premierenausgabe zusammenbrachte, ist geschenkt.
“Das erste dieser drei Spiele wird im Stadion ausgetragen, in dem alles begann – im sagenumwobenen Centenario-Stadion”, so Infantino. Beginnen konnte dort aber 1930 gar nichts – war das Centenario doch zum WM-Auftakt noch gar nicht fertiggestellt.
Gespielt wurde an den ersten Tagen der Weltmeisterschaft vor allem in den kleineren Stadien wie jenen der großen Klubs Nacional und Penarol. Deren modernisierte bzw. neuen Arenen hätten sich auch zur WM 2030 wieder angeboten, gehen aber leer aus.
Zufriedenheit aus Südamerika ist schwaches Zeichen
Dass sich Südamerika im Anschluss an die Nachricht in Person von CONMEBOL-Präsident Alejandro Dominguez zufrieden mit der Entscheidung zeigt, ist ebenfalls ein fatales Zeichen, das nichts mit der Grundstimmung bei den Fans in den Ländern zu tun hat.
Ja, vielleicht war im Voraus klar, dass die wirtschaftlichen Gesichtspunkte gegen die Jubiläumsbewerbung sprechen. Doch anstatt drei Spiele als große Möglichkeit zu verkaufen, hätte man ganz verzichten sollen und den Weg für eine zukünftige Bewerbung erleichtern können.
So wird 2034 den Verbänden aus Asien und Ozeanien vorbehalten. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass am Ende Saudi-Arabien die Weltmeisterschaft ausrichten wird.
Somit handelt es sich unter dem Strich einmal mehr um eine Entscheidung, die über die Köpfe der Fans hinweg getroffen wird. Niemand wird ungern nach Spanien, Portugal und Marokko reisen, die alle drei eine riesige Fußballtradition und -begeisterung mitbringen.
Doch weltweit war man sich wohl selten so einig, dass die 100 Jahre WM-Geschichte gebührend am Ort der ersten Endrunde gefeiert gehören – mit einem Turnier und nicht drei Spielen.
Warum nicht einfach vier Jahre später auf die iberische Halbinsel und nach Nordafrika? Der Scheck der Scheichs wartet wohl schon im Briefumschlag…