Mit 298 absolvierten Spielen für den VfB Stuttgart, kann man Krassimir Balakov getrost als VfB-Legende bezeichnen.
Der Bulgare war unter anderem für seine Freistöße bekannt, mit 72 Toren und 65 Vorlagen war er aber generell ein sehr torgefährlicher Mittelfeldspieler und immerhin auch Teil des magischen Trios mit Fredi Bobic und Giovane Elber.
Die Stuttgarter erlebten letzte Saison sowas wie ihr Revival, welches sie sogar in die Champions League brachte. Balakov gibt seine Einschätzung zu den Chancen des VfB im Wettbewerb. Weiters blickt er auf die Spieler, die diese Saison die Verantwortung übernehmen müssen, welcher seiner Trainer am einflussreichsten war und in welchem Spieler von heute er sich wiedererkennt.
Krassimir Balakov Stuttgart in Champions League: “Weiterkommen ist möglich”
Wenn Sie die anderen Gegner neben Real Madrid sehen, mit PSG und Juve, aber auch Roter Stern Belgrad, Sparta Prag oder YB Bern, hat man hat schon das Gefühl, da ist was drin für den VfB.
Balakov: “Letztlich sind drei Gegner auf dem Papier zu schlagen. Die Mannschaft muss alles aus sich herausholen, was sie zur Verfügung hat. Im neuen CL-Modus ist es so, dass man möglicherweise mit acht Punkten aus den acht Spielen weiterkommen kann.
Für mich ist das auch möglich. Real ist zum Auftakt ein starker Gegner, und wenn man von denen etwas mitnimmt, wäre das schon gut. Aber der VfB hat die Chance aufs Weiterkommen, wenn sie mitspielen können und auch ein bisschen Glück haben.”
Ist es möglich, dass eine deutsche Mannschaft wie Dortmund, Leverkusen oder Bayern bis ins Finale kommt, denn das Finale nächstes Jahr ist ja immerhin in München.
Krassimir Balakov: “Das wäre natürlich schön, wenn eine deutsche Mannschaft ins Finale kommt. Aber das wird nicht einfach. Mit der neuen Konstellation muss man erst einmal sehen, wie das läuft.
Jedes Spiel wird entscheidend. Es gibt immer Mannschaften, die man schlagen kann. Die Chance ist für jeden da, man muss nur an sich glauben.”
Wer sind für Sie die absoluten Topfavoriten? Drei, vier, fünf Mannschaften, die Sie da nennen könnten?
Balakov: “Die Top-Favoriten sind immer die, die das große Budget haben. Real Madrid, Paris St. Germain sind immer mit dabei. Manchester City, Liverpool, das sind die Mannschaften, die oben immer mithalten.
Das Potenzial im Kader ist unheimlich hoch und sie haben auch den einen oder anderen Top-Spieler dabei.”
Balakov lobt VfB-Kollektiv: “Können als Team weit kommen”
Zurück zum VfB: Glauben Sie, kann Stuttgart die letzte Saison wiederholen?
Balakov: “Letztes Jahr war einfach eine gute Saison. Es ist verdammt schwer, das in dieser Saison zu wiederholen. Die brauchen jetzt noch ein paar Spiele in der Bundesliga, um in den Rhythmus zu kommen.
Aber die anderen Mannschaften wissen schon, dass Stuttgart und Leverkusen sehr stark sind und die kommen auch mit einer anderen Einstellung. Jedes Spiel muss man 100 Prozent aus sich herausholen, um zu gewinnen. Das ist einfach so.
Und sehr oft sage ich, bei manchen Vereinen, die die vorherige Saison hervorragend gespielt haben, läuft es im nächsten Jahr nicht mehr so gut, wie es gewünscht ist. Aber die Zeit wird die Tabelle in der Bundesliga noch relativieren.
Der VfB wird dann wieder auf die Positionen kommen, wo sie hinwollen. Das Eis ist sehr dünn, und das wissen sie auch. Aber ich wünsche ihnen, dass sie die Kurve möglichst schnell kratzen und wieder erfolgreich spielen.”
Erwarten Sie von einem besonderen Spieler, der letzte Saison schon stark war, noch eine Leistungssteigerung? Vielleicht Chris Führich oder Deniz Undav?
Balakov: “Ich glaube, dass die Mannschaft, als Mannschaft, wieder sehr weit kommen kann, so wie letzte Saison. Natürlich hatten sie einen Spieler vorne, der viele Tore gemacht hat, aber es war insgesamt eine außergewöhnliche Mannschaftsleistung.
Die muss jetzt dieses Jahr auch wieder kommen. Der Fußball ist so geworden, dass dich ein oder zwei Spieler nicht nach vorne bringen. Da muss die ganze Mannschaft organisiert sein und Gas geben, dass der Erfolg kommt.”
Es gibt viele, die sagen, der Schweizer Fabian Rieder erinnert von seiner Spielweise her stark an Krassimir Balakov von früher. Sind Sie auch dieser Meinung?
Krassimir Balakov: “Bei solchen Fragen habe ich immer schon gesagt, jeder spielt für sich. Jeder hat seine eigenen Qualitäten und seine Art und Weise. Wenn er wie ich mehrere Jahre lang Leistung bringt, dann kann er ein hervorragender Spieler und eine große Verstärkung für den VfB sein.
Aber das ist jetzt auch noch sehr früh, das zu sagen. Es ist noch sehr früh in der Saison, man muss sehen, wie das Jahr verläuft. Der VfB hat viele Spiele und einen hervorragenden Trainer. Die finden schon den Weg, um wieder Erfolg zu haben. Was Erfolg dieses Jahr bedeutet, das wissen wir noch nicht.”
Balakov schwärmt von Felix Magath: “Habens uns blind verstanden”
Sie haben mit Felix Magath, Jogi Löw und auch Ralf Rangnick in Stuttgart spannende Trainer gehabt. Gab es da einen Favoriten, mit dem Sie am liebsten gearbeitet habe, oder eine besondere Beziehung zum Trainer?
Balakov: “Ich hatte mit allen dreien eine hervorragende Beziehung, auch heute noch. Die Trainer waren auch in unterschiedlichen Situationen in Stuttgart und auch in verschiedenen Phasen meiner Karriere. Alle drei sind großartige Trainer.
In den Trainerstab von Felix Magath reinzukommen, das war damals etwas ganz Besonderes für mich. Von ihm habe ich die Möglichkeit erhalten, viel als Trainer zu lernen. Damals auch dann mit dem zweiten Platz und der Teilnahme an der Champions League.
Felix Magath ist für mich schon ein besonderer Trainer gewesen. Er hat als Aktiver auf der Zehn gespielt, ich habe auf der Zehn gespielt, wir haben uns blind verstanden, über was wir reden. Das war eine sehr schöne Zeit.
Mit Jogi Löw war es auch sehr schön, wir haben 1997 den Pokal gewonnen, am Anfang seiner Karriere. Das war auch eine sehr, sehr schöne Zeit. Im Jahr darauf hatten wir nicht so eine gute Zeit, denn da war die Situation eine andere. Aber taktisch und auch von der Spiel-Philosophie gab es viel zu lernen.
Aber wie gesagt, Felix Magath hat mich geprägt, und mit ihm hatte ich am Ende meiner Karriere nochmal die beste Zeit erlebt.”
Damals haben Sie mit Fredi Bobic und Giovane Elber das magische Dreieck gebildet. Da kann man schon sagen, dass Sie die größte Magie hatten, oder die größten technischen Fähigkeiten?
Balakov: “Nein, nein, wir haben so gut zusammengepasst und ich erinnere mich auch an ein Jahr, da haben wir mehr als achtzig Prozent aller Tore gemacht. Jeder von uns drei hatte um die zwanzig Tore.
Diese Zeit und das magische Dreieck werden immer diskutiert, und nicht von ungefähr ist dieser geflügelte Ausdruck entstanden: ‘Das magische Dreieck’. Wir haben uns blind verstanden.
Natürlich war ich ein bisschen älter als die zwei und wir haben auch viel auf und neben dem Platz zusammen gemacht. Auch heute noch sind wir Freunde und treffen uns auch immer wieder. Das bleibt auch eine ganz besondere Zeit für mich.”
Vielen Dank, Krassimir Balakov.
Krassimir Balakov: “Sehr gerne. Bis bald.”
Interview: Alexis Menuge