Wie auch die 2. Bundesliga in Deutschland, startet die höchsten Spielklasse Österreichs am letzten Juli-Wochenende in die Saison 2023/24, mit Michael Liendl liefert ein prominenter Gast seine Bundesliga Österreich Prognose.
Liendl absolvierte insgesamt 300 Spiele in der Bundesliga – für die Wiener Austria, den WAC und Kapfenberg – und hatten zwischendurch ein Auslandsabenteuer in Düsseldorf, bei 1860 München und bei Twente Enschede.
Der Zauberfuß und Standard-Spezialist analysiert auf dem “Wettbasis Sportwetten” Youtube Channel die neue Spielzeit. Kann Sturm Graz Red Bull Salzburg stoppen? Und was machen die zwei Wiener Großklubs?
Michael Liendl: “Immer schon mit Trainerwesen beschäftigt”
Wettbasis: Hugo Meisl hat 1924 gedacht: Wir machen eine professionelle Liga in Österreich! Und war damit neben Großbritannien der erste europäische Verband, der das gemacht hat. Also, Österreich war Vorreiter, und die gehen Ende des Monats dann auch in die neue Saison. Das besprechen wir mit einem Experten, der besser nicht passen könnte. Hallo Michael Liendl!
Michael Liendl: “Hallo, freue mich sehr über die Einladung. Danke.”
Michael Liendl kennt man als ‘Goldfüßchen’. Ihre Spezialität war es, dem ruhenden Ball so viel Leben einzuhauchen, dass entweder die Mitspieler den Ball nur noch einköpfen mussten oder eben ein direkter Freistoß gleich mal ins Tor ging. Verraten Sie uns doch, was Ihre besondere Technik war?
Liendl: “Das ist schwer zu sagen. Natürlich sind die Standardsituation recht gut gekommen, weil es davor ein jahrelanges Üben und Trainieren war. Das war dann schon, kann man sagen, eine Spezialität von mir.
Ich habe es auch richtig gern gemacht, hatte immer ein gutes Gefühl, wenn ich einen ruhenden Ball vor mir gehabt habe. Vor allem heutzutage entscheiden einfach Standardsituationen sehr, sehr viele Spiele. Deswegen war das natürlich schon eine Waffe bei den jeweiligen Vereinen.”
Absolut. Michael Liendl hat auch bei 1860 München und Fortuna Düsseldorf gespielt, also in der deutschen Bundesliga. Insgesamt 20 Jahre Profifußballer, ohne größere Verletzungen und jetzt haben Sie aber aufgehört. Was ist im Moment Ihr Job?
Liendl: “Ja, zwanzig Jahre lang Profi, das ist natürlich unglaublich lange. Und dann, wie gesagt, ohne Verletzung durchzukommen, war schon sehr, sehr cool und ich bin dafür sehr dankbar.
Jetzt momentan ist es so, dass ich ins Trainerwesen einsteigen möchte. Ich habe jetzt die zweite Mannschaft vom Grazer AK, wo ich zuletzt aktiv war, übernommen und werde am Montag mit dem Training starten.
Ich freue mich riesig auf die neue Aufgabe, weil ich mich immer schon mit dem Trainerwesen auch beschäftigt habe.”
Sprechen wir gleich über die Meister-Kandidaten. RB Salzburg hat jetzt zehnmal hintereinander den Titel geholt. Natürlich starten die wieder in der Pole Position. Aber wen sehen Sie jetzt als härtesten Konkurrenten? Sturm Graz, LASK?
Michi Liendl: “An Salzburg wird dieses Jahr auch wieder kein Weg vorbeiführen, das steht fest. Sie sind natürlich der Krösus in der Liga, und das wird auch dieses Jahr so sein.
Sturm Graz hat definitiv den Abstand aber verringert. Ich denke auch, dass sie dieses Jahr wieder ein mächtiges Wort mitreden werden. Letzte Saison war es zumindest bis ein, zwei, drei Spieltage vor Schluss noch richtig spannend an der Tabellenspitze. Das hat man so auch sehr, sehr lange nicht gehabt.
Deswegen denke ich schon, dass Sturm Graz der erste Verfolger sein wird. Aber ich bin auch sehr, sehr gespannt auf den LASK. Die haben sie richtig gut verstärkt, haben sich grundsätzlich auch mit dem neuen Stadion, und dem ganzen Umfeld richtig gut aufgestellt.
Deswegen werden es sich die drei ausmachen. Wobei man trotzdem sagen muss, dass Salzburg mit ziemlicher Sicherheit wieder den Meisterteller einfahren wird.
Wer sind für Sie die besten Neuzugänge beim LASK?
Liendl: “Grundsätzlich wird mal interessant sein, was mit Nakamura passiert. Er ist ein Spieler, der letzte Jahr richtig gut war. Wenn der noch weggeht, dann wird es natürlich schon sehr, sehr schwierig.
Aber sie haben in Summe gesehen richtig gute Spieler, und deswegen wird das sehr spannend sein, zu sehen, was sie leisten können.”
Aber Salzburg bleibt das Maß aller Dinge, obwohl sie auch wieder viele Abgänge haben. Die vielen jungen Spieler müssen da erst wieder hineinwachsen. Wie bringen sie das wieder auf Schiene? Ist das so leicht zu kompensieren?
Liendl: “Dieses Thema gilt für Salzburg jedes Jahr. Sie sind ein absoluter Topverein mittlerweile, der unglaubliche Ablösesummen generiert und deswegen jedes Jahr eigentlich die Topspieler verliert.
Aber man denkt dann immer wieder, schaffen sie es dieses Jahr auch wieder, diese Spieler zu ersetzen. Ja, jedes Jahr schaffen sie es wieder aufs neue, eine Topmannschaft hinzustellen, mit wieder richtig guten Jungen, die hinten nachschieben.
Deswegen bin ich davon überzeugt, dass sie es dieses Jahr wieder schaffen und wieder eine richtig gute Mannschaft haben werden. Ich bin schon sehr gespannt.”
Michael Liendl: “Sehe Austria Wien vor Rapid”
Matthias Jaissle, der Coach, war auch schon in der Verlosung bei Eintracht Frankfurt, hieß es zumindest. Glauben Sie, dass er den Sprung in eine solche Liga schaffen könnte?
Michael Liendl: “Er ist ein sehr junger Trainer, hat trotzdem schon bewiesen, dass er eine Top Mannschaft trainieren kann. Es wird spannend sein zu sehen, wie es dieses Jahr wird, wie er gegen Widerstände ankämpft, wie er sich verhält, wenn es vielleicht mal nicht so gut läuft.
Das ist in Salzburg schwierig als Trainer, weil du eigentlich immer Erfolg hast: Was passiert, wenn es mal nicht so gut läuft? Und da sieht man dann auch, wie ein Trainer sich verhält. Aber bis jetzt macht er einen richtig guten Job.
Ich denke schon, dass er das Zeug hat, für größere Aufgaben, sprich, in größeren Ligen zu trainieren.”
Dann reden wir jetzt über die Wiener Clubs. Die haben insgesamt 55 Titel bislang gesammelt. Aber das ist auch schon sehr lange her. Warum ist speziell die Austria in der Krise? Da ist ja so viel Unruhe. Was ist da los?
Liendl: “Es ist natürlich immer schwierig in Österreich, den Spagat hinzubekommen zwischen wirtschaftlichem und sportlichem Erfolg. Bei der Austria war es so, mit dem neuen Stadionbau und dem Nicht-Erreichen der sportlichen Ziele, ging die Kluft relativ weit auseinander, weswegen man das nicht so wirklich auffangen konnte.
Und deswegen haben sie natürlich jetzt auch finanziell ein Riesenthema. Nichtsdestotrotz haben sie ja den Weg dann auch ein bisschen einschlagen müssen, auf dem sie junge Spieler einbauen mussten. Das haben sie ganz gut hinbekommen. Dieses Jahr denke ich schon, dass sie wieder eine vernünftige Truppe haben.
Nach wie vor ist die Situation angespannt, weil sie finanziell weiterhin nicht auf Rosen gebettet sind. Da hat man vielleicht den einen oder anderen Fehler gemacht. Aber der Stadionbau, der hat natürlich ein riesen Loch ins Budget gerissen.”
Die Austria hat einen deutschen Trainer, Michael Wimmer. Der war beim VfB Stuttgart für einige Zeit aktiv. Hat er schon seine Handschrift zeigen können, und was trauen Sie ihm zu?
Liendl: “Er hatte natürlich einen richtig schweren Start, weil da Turbulenzen mit dem ehemaligen Trainer Manfred Schmid, waren, wo die Fans nicht unbedingt begeistert waren, dass die Austria den Trainer entlassen hat.
Somit war das eigentlich schon eine richtig schwierige Situation, die er aber bravourös gemeistert hat, finde ich. Sie haben dann gleich ein paar Spiele gewonnen. Das tut natürlich immer gut, und dann hat man das Standing bei den Fans auch gleich mal erreicht. Somit hat er bis jetzt einen richtig guten Job gemacht.
Jetzt hat er im Sommer die erste richtige Vorbereitung mit der Truppe, und deswegen wird es richtig spannend sein zu sehen, wie die Austria reinstartet. Das denke ich schon, dass man eine gewisse Handschrift gesehen hat, er will schon aktiven und aggressiven Offensivfußball spielen lassen.
Aber wie gesagt, jetzt ist die erste richtige Sommer-Vorbereitung, deswegen wird es wirklich spannend sein zu sehen, wie die Austria in die Saison startet.”
Spieler-Stationen von Michi Liendl:
Wenn wir dann zu Rapid kommen: Da hat man das Gefühl, die werden jedes Jahr schlechter statt besser. Was ist denn da das Problem?
Liendl: “Das ist schwer zu sagen, ein richtig riesiger Verein in Österreich. Cooles Stadion, riesengroße Fanbase, für österreichische Verhältnisse. Echt top!
Aber ja, ist halt auch schwierig. Im Trainersektor gab’s viele Turbulenzen, dann hatten sie einfach nicht den sportlichen Erfolg, sehr viel Unruhe, kamen nie wirklich auf Schiene. Wie wir alle wissen: Bei größeren Vereinen darf man sich einfach nicht viele Fehler leisten, denn dann hat man sofort Unruhe.
Das Thema mit den Fans ist Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite unglaublicher Support, der einer der besten in Österreich ist. Auf der anderen Seite hat man ihnen auch sehr, sehr viel Mitspracherecht gegeben.
Ich glaube, das ist nicht immer gut, und deswegen kam es da immer wieder zu Turbulenzen. Das ist schon ein schwieriges Thema.”
Was glauben Sie denn jetzt im Vergleich? Wer wird besser in die Saison kommen, wer wird besser abschneiden? Austria oder Rapid?
Liendl: “Ganz schwer zu sagen. Als ehemaliger Austrianer hoffe ich natürlich, dass sie es schaffen, dass sie vor Rapid sind. Davon gehe ich auch aus, weil da ein bisschen mehr Ruhe ist.
Wie sie sich jetzt aufgestellt haben, sehe ich Austria Wien momentan sogar ein bisschen vor Rapid. Grundsätzlich hält sich das relativ die Waage, denke ich. Aber momentan würde ich schon sagen, dass Austria Wien ein Stück weit die Nase vorne hat.”
Kommen wir jetzt zu den Abstiegskandidaten. Zunächst mal finde ich es faszinierend: Blau-Weiß Linz ist aufgestiegen. Das ist schon auch bemerkenswert. Was ist da Ihre Meinung? Wieso haben die das geschafft?
Michael Liendl: “Die haben es geschafft, weil wir, der Grazer AK, am letzten Spieltag das Spiel nicht gewonnen haben.”
Bundesliga Österreich Prognose: “Absteiger wird Austria Lustenau heißen”
Ich wollte nicht noch Salz in die Wunde streuen.
Liendl: “Danke schön, das schmerzt immer noch. Aber es ist nun mal Fakt. Hätten wir das Spiel gewonnen, wären wir aufgestiegen. Das haben wir leider nicht geschafft, und somit muss man Blau-Weiß gratulieren.
Sie haben eine Top-Saison gespielt. Blau-Weiß ist natürlich eine kleine Wundertüte. Vor allem jetzt auch mit dem neuen Stadion, denke ich schon, dass sie ein bisschen Rückenwind in der Bundesliga haben werden. Sie haben auch in der 2. Liga ein richtig gutes Jahr gespielt, muss man ganz klar sagen.
Und ja, wenn man aufsteigt, ist man schlussendlich auch verdient aufgestiegen. Als Aufsteiger, sagt man zumindest so, ist das erste Jahr immer ein bisschen einfacher. Deswegen denke ich, Blau-Weiß wird sich im ersten Jahr gut halten.
Austria Lustenau wird es dieses Jahr schwer haben. Sie haben auch den einen oder anderen Abgang, und deswegen, zweites Jahr wird ein bisschen schwieriger. Aber da wird sich jetzt nicht großartig was ändern, aus meiner Sicht, im Vergleich zum letzten Jahr.
Hartberg, Austria Lustenau, wie gesagt. WSG Tirol vielleicht dieses Jahr. Die schaffen es zwar immer wieder dabei zu sein, aber ich denke, Tirol wird es dieses Jahr auch nicht einfach haben. Somit wären die Kandidaten wieder dabei.”
Bei Blau-Weiß Linz ist Christoph Schösswendter der Macher. Der möchte das Modell Union Berlin so ein bisschen umsetzen. Ist das realistisch?
Liendl: “Das wird man sehen. Er war jetzt im Sommer noch Spieler, kam dann ein paar Wochen später direkt als Sportdirektor zurück. Das ist sicher keine einfache Situation, es wird spannend sein zu sehen, wie er das handelt, wie er das wirklich macht.
Sicher nicht ganz so einfach. Sie hatten am Sportdirektorposten Tino Wawra, der zu St. Pölten gewechselt ist, und somit ist er eingesprungen. Ich denke schon, dass Blau-Weiß ein gesunder, solider Verein ist, der auf gesunden Beinen steht. Das ist Union Berlin auch.
Somit ist das für österreichische Verhältnisse sicher möglich, einen Verein hinzustellen und eine Mannschaft aufzubauen, die auf ähnlichen Strukturen aufgebaut ist wie Union Berlin.”
Dann bitte, sagen Sie uns noch, wie sehen die Top-3 konkret aus und wer wird absteigen?
Michi Liendl: “Als Meister würde ich ganz klar Salzburg tippen, nach wie vor die beste Mannschaft. Auf dem zweiten Platz sehe ich dieses Jahr ein sehr, sehr knappes Rennen zwischen Sturm und LASK Linz.
Ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster und sage LASK wird Zweiter und Sturm Dritter. Der Absteiger aus meiner Sicht wird Austria Lustenau heißen.”
Sagen Sie uns noch, warum der GAK dann dieses Jahr aufsteigt?
Liendl: “Ja, ich hoffe es natürlich. Die Liga ist aus meiner Sicht jetzt nicht unbedingt schlechter geworden, eher im Gegenteil. Sie ist definitiv besser geworden. Das wird natürlich auch dieses Jahr richtig schwer, weil St. Pölten allein von den finanziellen Möglichkeiten über allen anderen steht.
Das hat man schon gemerkt am Transfermarkt, wie St. Pölten zugeschlagen hat, das ist für Zweitliga-Verhältnisse in Österreich schon richtig gut gewesen. St. Pölten ist aus meiner Sicht schon der Favorit.
Aber wir waren letztes Jahr auch nicht Favorit Nummer eins und haben es bis zum letzten Spiel geschafft, dabei zu sein. Ich hoffe natürlich, dass wir es schaffen, weil das für Österreich natürlich ein riesen Mehrwert wäre, wenn der GAK in die 1. Liga aufsteigt. Mit der Fanbase, die sie haben, mit der Tradition, die sie haben, drücke ich natürlich logischerweise die Daumen und hoffe, dass sie es schaffen.
Sie haben wieder gute Transfer getätigt, womit man in der 2. Liga auch wieder ganz vorne mitspielen kann. Um am Ende aufzusteigen, braucht man auch ein gewisses Glück, was wir letztes Jahr leider nicht hatten. Aber ich hoffe natürlich, dass das dieses Jahr gelingen wird.”
Abschließend sollten wir noch die Nationalmannschaft besprechen. Mit dem deutschen Trainer, mit Ralf Rangnick. Sehen Sie die Entwicklung positiv? Wo steht Österreich aktuell mit der Nationalmannschaft?
Liendl: “Ich sehe das richtig positiv. Man merkt es auch im Land, dass eine gewisse Aufbruchstimmung da ist. Das hängt natürlich auch immer mit den Erfolgen zusammen. Aber sie machen richtig gute Arbeit mittlerweile.
Was entscheidend ist, wir haben Spieler, die einfach in Topligen spielen. Nicht nur dabei sind, sondern wirklich spielen und teilweise auch Führungsspieler sind. Gestandene Spieler, Stammspieler sind. Und das ist natürlich für die Nationalmannschaft immens wichtig.
Da haben wir die letzten Jahre einfach unglaubliche Spieler ausgebildet, die sich in den Topligen etabliert haben und zu richtigen Stammspielern geworden sind. Das hilft jeder Nationalmannschaft und Ralf Rangnick macht einen überragenden Job. Das wissen wir auch, dass er ein richtiger Fachmann ist.
Er hat das im internationalen Fußball überall bewiesen, dass er es, was die Zusammenstellung eines Kaders anbelangt, überall richtig gut gemacht hat. Deswegen steht das außer Frage, was für ein richtig guter Fachmann er ist. Von den Spielern her müssen wir uns nirgendwo verstecken.
Wenn man alles durchgeht, wer wo spielt, wer dann bei uns auch auf der Ersatzbank sitzt, oder sitzen muss. Das ist schon sehr, sehr hohe Qualität.
Richtig cool. Freut mich fürs Nationalteam, freut mich für Österreich, dass wir eine Nationalmannschaft haben, wo wir alle wieder mitfiebern und wo wir dementsprechend auch Spiele gewinnen.”
Vielen Dank, Michael Liendl.
Michael Liendl: “Sehr gerne!”