Die zweite Runde im DFB-Pokal steht an und hat umgehend einige Partien mit brisantem Charakter zu bieten. Eines davon ist das Aufeinandertreffen vom VfB Stuttgart und dem 1. FC Kaiserslautern. Für Letztere bringt Mike Wunderlich einiges an Expertise mit.
Von 2021 bis 2023 war er für die Roten Teufel 51 Mal im Einsatz, ehe er zu seinem Viktoria Köln zurück wechselte und dort seine Karriere beendete.
Für die Wettbasis wirft der 38-Jährige einen genauen Blick auf das Traditions-Duell, aber auch auf andere Top-Partien im DFB-Pokal wie Leverkusen vs. Elversberg oder FC Köln vs. Holstein Kiel. Wunderlich analysiert den Aufwärtstrend beim FCK, ob beim Effzeh bereits ein Wechsel anstehen sollte und ob Leverkusen überhaupt noch ein Titelkandidat ist.
Mike Wunderlich lobt Kaiserslautern: “Hat das alte Gesicht gesehen”
Wettbasis: Herr Wunderlich, Stuttgart gegen Kaiserslautern, das hört sich eher nach David gegen Goliath an! Welche Chancen sehen Sie denn für Kaiserslautern?
Mike Wunderlich: “Eine Chance gibt es immer im Fußball, in einem Spiel ist immer alles möglich. Jetzt haben sich die Lauterer auch mit den letzten zwei Spielen ein bisschen gefangen, mit dem Sieg gegen Paderborn und dann dem Sieg gegen Düsseldorf.
Klar, Stuttgart ist natürlich gerade auswärts auch nochmal ein anderes Kaliber und es wird sehr, sehr schwierig. Aber die letzte Pokalsaison hat gezeigt, zu was Lautern auch in der Lage ist.”
Kaiserslautern scheint eine echte Pokalmannschaft zu sein. Woran liegt das? Sie haben es ja selber erfahren.
Wunderlich: “Es ist einfach so, dass der ganze Verein, mit den Zuschauern, die absoluter Wahnsinn sind, gerade im Pokal besonders heiß ist. Man weiß, man hat die Möglichkeiten einen Titel zu holen mit wenigen Spielen.
Und gerade wenn es dann noch zu Hause ist am Betzenberg, da ist es dann, siehe auch die letzte Saison, immer sehr schwierig dort zu spielen. Sehr, sehr unangenehm, wenn man da Gegner ist und von daher traue ich ihnen auch in Stuttgart was zu.”
Jetzt ist das ein Auswärtsspiel und Sie haben auch die zwei letzten Siege angesprochen. Was ist denn jetzt besser geworden? Also was hat Markus Anfang jetzt hinbekommen?
Wunderlich: “Ich habe die Spiele gesehen, wenn es die Zeit zugelassen hat. In den letzten zwei Spielen hat man so ein bisschen das alte Gesicht gesehen von den Jungs. Der Fußball, den man in Lautern spielt, aggressiv, leidenschaftlich, das war jetzt wieder deutlich besser. Von daher hoffe ich, dass sie sich jetzt gefangen haben und angekommen sind.
Man hat auch vorher schon gute Spiele gehabt, wo es dann nicht gereicht hat. Mit den beiden Siegen sind sie aber jetzt auch endgültig dann angekommen. Man darf nicht vergessen, Markus Anfang ist neu dazugekommen, hat wieder eine andere Idee vom Fußball und das dauert halt auch seine Zeit. Und wie gesagt, ich hoffe, dass es jetzt vernünftig läuft.”
Wen sehen Sie als Game Changer? Welche Personalien beim 1. FC Kaiserslautern können für eine Sensation sorgen?
Wunderlich: “Ohne Wenn und Aber und mit Abstand Marlon Ritter, der dieses Jahr auch zum Kapitän ernannt wurde. Er ist glaube ich ein Spieler, der den Unterschied macht, der das auch letztes Jahr im Pokal oft gemacht hat.
Von daher denke ich, dass Marlon schon ein Spieler ist, der auch gerade in solchen Spielen immer für etwas gut ist und den Unterschied auch gegen eine Bundesligamannschaft machen kann. Ich habe ja selber mit ihm zusammengespielt, für mich ist er ein Erstligaspieler, hat auch schon Bundesliga gespielt, aber er ist ein Spieler, der absolut den Unterschied macht.”
Dann bitte einen Ergebnis-Tipp und die Wahrscheinlichkeit, dass die Lauterer da was machen.
Wunderlich: “Ergebnis sage ich 1:1 und dann im Elfmeterschießen gewinnt Lautern.”
Wunderlich über FC Köln: “Zu früh, um etwas zu ändern”
Sie leben in Köln und haben zu Köln auch immer eine besondere Verbindung gehabt, speziell zu Viktoria Köln. Was glauben Sie, kann es der 1. FC gegen Kiel schaffen? Im Moment sieht es ja nach Tristesse aus am Rhein.
Wunderlich: “Ja, die letzten zwei Ergebnisse waren natürlich eine Katastrophe. Die Ergebnisse vorher, ich habe auch da viele Spiele gesehen, da war der Effzeh schon in vielen Spielen immer spielbestimmend und hat sehr, sehr gute Leistungen gezeigt, wo man sich aber dann nicht belohnt hat mit Punkten.
Die letzten zwei Spiele waren dann nicht gut und dementsprechend ist natürlich eine große Unruhe jetzt im Verein. Aber so ein Spiel, wie am Dienstag zu Hause, kann dann auch ein Wendepunkt sein. Kiel hat auch seine Probleme in einer Bundesliga, also traue ich dem Effzeh definitiv zu, da am Dienstag auch zu gewinnen.
Das hoffe ich, wünsche ich mir auch für den Verein. Und dann ist so ein Spiel natürlich immer auch in gewisser Brustlöser.”
Sie haben es angesprochen, viel Unruhe, vor allen Dingen Christian Keller ist da in in der Kritik. Wie sehen Sie denn die Situation beim 1. FC Köln? Muss sich da was ändern?
Wunderlich: “Es ist oft leider bei uns in Köln sehr viel Unruhe, immer was los. Die ganzen Voraussetzungen waren nicht einfach vor der Saison, mit der Transfersperre, wo einiges passiert ist. Wie gesagt, wenn man die letzten zwei Spieler mal ausklammert, hat der FC einige richtig gute Spiele auch schon gemacht, aber leider die Punkte nicht geholt in den vielen Spielen, wo sie deutlich besser waren.
Aus meiner Sicht wäre das noch ein Stück zu früh, jetzt da wieder irgendwas zu verändern. Von daher hoffe ich, dass es erst mal so weiterläuft und der Verein wieder ein Stückchen Ruhe reinbekommt.”
Wo sehen Sie denn die großen Problemfelder, also viele Gegentore in den letzten Spielen und auch davor war die Defensive jetzt nicht gerade gut. Was ist da los?
Mike Wunderlich: “Das ist ein Stück weit der Spielweise geschuldet, mit dem neuen Trainer, der sehr offensiven Fußball spielt. Für den Fan oder für den Zuschauer sind auch viele attraktive Spiele dabei gewesen. Defensiv ist es aber sicherlich ein Thema gewesen, wo sie dann auch viele Gegentore kassiert haben.
In den Spielen, die ich auch gesehen habe, war es auch oft so, dass sie sehr viele Torchancen nicht reingemacht haben und sehr viele Chancen vergeben wurden. Da sind wir wieder bei der Spielweise des neuen Trainers, dass da auch mal ein Tor mehr kassiert wird, weil es sehr offensiv ausgerichtet ist.
Aber noch mal, ich finde das zu früh, weil insgesamt, beim Großteil der Leistung, war der FC spielbestimmend, hat viele richtig gute Spiele gemacht, aber sich nur noch nicht final belohnt.”
Sehr offensiv, sehr viel Risiko, was der Trainer da nimmt. Zu viel?
Wunderlich: “Jeder hat ja seine Idee und jeder hat seine Ausrichtung und jeder Trainer möchte etwas anderes spielen oder hat seine eigenen Vorstellungen und ich glaube, dass man da eine gesunde Mischung brauch ist klar. Das war dann auch mal mit dem 1:0 gegen Ulm, wo man mal zu Null spielte, auch ganz gut.
Aber dann, siehe Darmstadt, jetzt Paderborn, wo man auch 1:0 führt, defensiv ist es schon sehr anfällig. Aber wenn man diese Ausrichtung hat, wenn man offensiv spielen will, braucht man eine gesunde Mischung und das ist das, was dem Effzeh bis jetzt noch nicht so gut gelungen ist.”
Wie geht das Spiel aus?
Wunderlich: “Ich sage 2:1 für Köln.”
Leverkusen? Wunderlich: “Werden bis zum Schluss um Titel spielen”
Dann Leverkusen gegen Elversberg. Bei Bayer Leverkusen sind Sie fußballerisch ausgebildet worden. Aktuell sind die auch nicht so richtig sattelfest. Pokalsieger, Meister, aber jetzt in der Saison ist die Souveränität abhanden gekommen. Warum?
Wunderlich: “Zu erst mal, muss man natürlich sagen, das es immer noch sehr, sehr ordentlich ist. Sie haben ein Spiel verloren bis jetzt, gegen RB Leipzig, und halt ein paar Unentschieden zu viel. Aber man darf nicht vergessen, oder warum es so ein bisschen negativer wirkt ist einfach, dass die letzte Saison unglaublich war.
Das so in der Form zu wiederholen wird schwierig für eine Mannschaft, ungeschlagen Deutscher Meister werden, DFB-Pokal gewinnen und im Europa League Finale stehen. Die haben ein Spiel verloren im ganzen letzten Jahr, das war schon überragend. Sie sind nach wie vor eine Top-Mannschaft, die jetzt noch nicht so souverän wirkt wie letztes Jahr. Aber da bin ich absolut positiv gestimmt, dass auch da die Mannschaft wieder daran anknüpfen wird.
Dass das letzte Jahr nicht zu wiederholen ist, war klar. Da sollte man dann auch ein bisschen ruhig bleiben, weil es sind nur ein paar Unentschieden, wo man jetzt vielleicht nicht mit gerechnet hatte. Gestern haben sie dann in der 90. Minute noch ein Tor geschluckt, das sie letztes Jahr halt oft auch selber erzielt haben.
Aber ich sehe sie weiter top und es macht Spaß, dem Verein zuzuschauen, mit dem Fußball, den sie spielen. Also das ist schon herausragend, was der Verein da gemacht hat.”
Sieht jetzt nicht so monströs aus, diese Aufgabe.
Wunderlich: “Gerade weil Leverkusen zu Hause spielt, glaube ich, dass das eine deutliche und klare Angelegenheit wird. Elversberg macht es sehr, sehr gut in der 2. Liga, aber Leverkusen ist dann schon ein anderes Kaliber.
Daher glaube ich, dass Bayer auch souverän und klar weiterkommen wird.”
Werden Sie dabei sein?
Wunderlich: “Nein, ich werde nicht dabei sein.”
Einer Ihrer beiden Söhne spielt dort. Ist das eine Ausbildung, die vielleicht sogar in Deutschland einzigartig ist, also sehr gut die neuesten Erkenntnisse des Fußballgeschehens mit rein nimmt?
Wunderlich: “Leverkusen war damals in meiner Jugendzeit, was ja jetzt schon ein bisschen her ist, schon top. Und mittlerweile muss man auch sagen, wenn man das sieht, was da alles angeboten wird, wie die Jungs sich da entwickeln, was der Verein da gemacht hat, dass Leverkusen zu den Topadressen in Deutschland gehört.”
Greifen die nochmal die Meisterschaft an und werden die Pokalsieger?
Wunderlich: “Ich glaube schon, dass sie auf jeden Fall bis zum Schluss oben mitspielen und auch um die Meisterschaft spielen werden. Ob es dann reicht, wird man sehen. Und Pokal, mit wenigen Spielen ist man schnell am Ziel und auch da traue ich ihnen alles zu, weil sie einfach eine Mannschaft haben, die jeder anderen Mannschaft wehtun kann und die ganz, ganz schwer zu schlagen ist.
Das hat man letztes Jahr gesehen, das sieht man auch dieses Jahr, auch wenn es vielleicht ein paar Unentschieden zu viel waren. Aber diese Mannschaft muss man erst mal schlagen und von daher traue ich ihnen in den beiden Wettbewerben auch wieder viel zu.”
Eine Personalie, die super interessant ist: Florian Wirtz. Hätten Sie ihm auch geraten noch zu bleiben dieses Jahr, muss er am Ende der nächsten Saison wechseln?
Mike Wunderlich: “Ich fand es gut, dass er jetzt das Jahr noch in Leverkusen macht. Aber ich glaube, mein Gefühl sagt mir, dass er nach dem Jahr den nächsten Schritt gehen wird, zu einem absoluten Topverein, auch international.
Davon bin ich überzeugt. Ich gehe davon aus, dass er im Sommer wechseln wird.”
Zu den Bayern?
Wunderlich: “Weiß ich nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, vielleicht auch ins Ausland, man wird sehen. Aber ich glaube nicht, dass Leverkusen ihn dann noch noch ein Jahr halten kann.”
Wie ist Ihr Ergebnis-Tipp beim Spiel Leverkusen gegen Elversberg?
Michael Wunderlich: “4:0.”
Vielen Dank Michael Wunderlich.