River Plate vs. Boca Juniors
In unserem Derby Guide betonen wir stets die soziale Komponente des Stadtderbies im Profifußball. Es gibt zahlreiche Beispiele für Begegnungen, in denen der Sport nicht zwingend im Vordergrund steht. Beim Old Firm – dem Glasgower Stadtderby – ist die religiöse Verwurzelung zu betonen, bei anderen Derbies geht es eher um den sozialen Klassenkampf zwischen arbeitender Gesellschaft und Bürgertum. Vor allem in Südamerika haben Rivalitäten eine immense Bedeutung, denn der lateinamerikanische Kontinent kämpft seit jeher mit sozialen Problemen und Prekarität. Zudem sind die Südamerikaner sehr emotionale Menschen, was im Fußball ja an sich eine sehr schöne Sache ist. Bei Rivalitäten mit Hass und Missgunst hingegen führt dies zu viel Brisanz. Die Südamerikaner sind bekanntlich ein sehr fußballfanatisches Volk und so kommen wir auch nicht herum die wichtigsten Stadtderbies von Übersee in unseren Wettbasis Derby Guide mit aufzunehmen.
Inhaltsverzeichnis
Die Reise heute führt uns nach Argentinien und zwar nach Buenos Aires. Die beiden wichtigsten Teams in der argentinischen Hauptstadt sind ohne jeden Zweifel die Boca Juniors und River Plate. Das Derby von Buenos Aires geht in die Geschichtsbücher als Superclasico ein. Eben jenes Derby von Buenos Aires gilt neben dem Old Firm (Celtic gegen Rangers) und dem El Classico (Real Madrid gegen Barcelona) als das brisanteste Derby der Welt gemäß der Medienberichtserstattung. Diese Rivalität ist über die Jahrzehnte geprägt worden von Gewalt und Fanatismus, der Sport blieb stets im Hintergrund. Was die sozialen Elemente dieses Derbies sind und welche Besonderheiten in Argentinien vorherrschen, wollen wir natürlich in unserem Derbyguide aufdecken.
Bologna vs. Parma – Wettbasis.com Derby Guide
River Plate vs. Boca Juniors Geschichte
Die Geschichte beider Vereine ist umfangreich und reicht bis tief zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts zurück. Boca Juniors hat seinen Sitz in der Hafenregion „La Boca“ in Buenos Aires. Jenes Viertel ist geprägt durch Armut und Arbeitslosigkeit. Gegründet wurde der Verein Boca Juniors schließlich von italienischen Einwanderern im Jahr 1905. Die Klubfarben erinnern an die schwedische Flagge und das ist auch kein Zufall, denn ausgerechnet ein schwedisches Schiff am Hafen im Jahre 1907 gab den Impuls die Vereinsfarben so zu wählen. Ursprünglich wollte man die Farben Rot und Weiß als Klubfarben etablieren, aber auch River Plate beanspruchte diese Farbkombination, sodass es schon 1907 zu einem Entscheidungsspiel um jene Farben kam, welches die Juniors verloren haben. Die Boca Juniors gewannen zahlreiche Titel. Aufgrund der Zerstückelung der Meisterschaft in zwei Hälften (Clausura und Apertura, also Rückrunde und Hinrunde), sowie der ursprünglichen Nacional und Metropolitan Unterscheidung gewann man zahlreiche Titel auf Landesebene. Auch auf dem südamerikanischen Kontinent hat man sich einen großen Namen gemacht, denn die Copa Libertadores, also die Champions League Südamerikas, wurde bisher insgesamt sechsmal gewonnen, davon viermal nach der Jahrtausendwende (2000, 2001, 2003 und 2007). Mit drei gewonnenen Weltpokalen ist Boca Juniors mit u. a. Real Madrid und dem AC Mailand Rekordsieger dieses Pokals. Den Anfang machte man 1977 durch den Erfolg über Borussia Mönchengladbach. Im Jahre 2000 schlug man Real Madrid dann mit 2-1 im Endspiel und 2003 den AC Mailand erst im Elfmeterschießen! Der 26fache argentinische Meister gilt als Herzstück der Stadt, doch pflegt man eine erbitterte Rivalität mit den Brüdern von River Plate.
River Plate ist der Rekordmeister von Argentinien und somit schaut man auf die Rivalen herab. Auch River Plate wurde im Stadtteil La Boca gegründet, allerdings vollzog man 1938 einen Umzug in den Stadtteil Belgrano. River Plate pflegt den Spitznamen „Los Millionarios“, weil man schon sehr früh damit begann überhöhte Transfers in die Vereinspolitik mit einzubeziehen und sich somit einen snobistischen Ruf erarbeitete. In früheren Vereinstagen wurden solche Transfers sogar mit Gold bezahlt, wenn man der Legende glauben darf. Mit 36 gewonnenen Meisterschaften hat man Boca Juniors im nationalen Rahmen längst abgehangen. 2011 – also vor nicht allzu langer Zeit – stieg der Klub erstmals in der Klubgeschichte ab. Auch wenn der Wiederaufstieg sofort gelang war dies ein großer Kratzer in der Vereinsgeschichte. Man gewann die Copa Libertadores dreimal (1986, 1996, 2015), zuletzt ausgerechnet im letzten Jahr. Genau wie Boca Juniors konnte man auch den Weltpokal gewinnen und zwar 1986. Mit Steaua Bukarest hatte man damals aber einen angenehmen Gegner gehabt.
Die Konkurrenz ist also ähnlich wie beim AC Mailand und Inter Mailand auf höchstem sportlichen Niveau, denn sowohl die Juniors, wie auch die Millionarios gehören zu den stärksten Vereinen auf dem Kontinent. Dennoch spielen auch soziale Komponente eine große Rolle in dieser Rivalität. Durch den Umzug von River Plate ins Viertel der Reichen wurden die Spannungen zwischen den Anhängerschaften groß. Das Fußballderby wird in ganz Südamerika als Seifenoper medial aufgezogen und Buenos Aires steht an den Tagen der Derbies Kopf. Die für ihre Emotionalität bekannten Südamerikaner steigern sich selbstredend in hitzige Gefechte hinein. Auch in Europa wird im Rahmen des Derbies davon berichtet, vor allem in Italien und Spanien genießt das Derby ein immenses Ansehen.
Auch die Spielweisen beider Teams repräsentieren die sozialen Klassen in diesem Derby. Das Spiel von River Plate ist geprägt von technischer Finesse, feinen Tricks und Eleganz, ganz so wie es die Oberschicht und die Intellektuellen mögen. Boca Juniors hingegen setzt auf Kampfgeist, Entschlossenheit und Teamfähigkeit und repräsentiert damit die Werte der Arbeiter in Argentinien. Es ist kein Zufall, dass viele berühmte Techniker Argentiniens wie Javier Saviola, Alessio D‘Alessandro oder Ariel Ortega für die Millionarios spielten, während bei Boca Juniors unter anderem Juan Sebastian Veron, Walter Samuel oder auch Carlos Tevez groß wurden. Ein ganz großer Techniker aber startete ebenfalls bei den Kämpfern von Boca Juniors und zwar niemand geringerer als die argentinische Fußballlegende Diego Armando Maradona!
River Plate vs. Boca Juniors Fans
Boca Juniors und River Plate vereinigen den Großteil der argentinischen Fußballfans auf sich. Dabei fühlen sich Menschen der Arbeiterklasse aus genannten Gründen natürlich Boca Juniors angehörig und da die Bevölkerung in Argentinien überwiegend in der Arbeiterklasse und in der Landwirtschaft vorzufinden ist, hat man auch die mit Abstand meisten Fans im Land. Die Fans von River Platte rekrutieren sich umgekehrt zunächst aus den mittleren Schichten, aber auch die Oberschicht fühlt sich River Plate zugeordnet. Der soziale Klassenkampf spitzt sich in Zeiten des Derbies also auch hier zu!
Wie es nun einmal so ist, haben die unterschiedlichen Fanlager auch Beschimpfungen für den Gegner parat. Dabei werden die Boca Juniors Anhänger von den Gegnern als „Bosteros“ bezeichnet. Damit sind Hausbedienstete gemeint, die für die Drecksarbeit zuständig sind. Die Boca Juniors Anhänger sehen in River Plate Fans „Gallinas“, also (feige) Hühner. Die emotionalen Fanlager lieferten sich über die Jahrzehnte stets gewaltsame Exzesse ab. Vor allem der 23. Juni 1968 geht als trauriger Tag in die Geschichte des argentinischen Fußballs ein, denn durch eine Massenpanik und der damit verbundenen Probleme im Stadion ließen 74 Menschen ihr Leben! Fans von Boca Juniors bewarfen die Anhänger von River Plate, die in ihrem Sektor eingeschlossen waren mit Gegenständen wie z. B. brennenden Zeitungen und anderen Schrott. Über die Jahre hinweg gab es vereinzelte Todesfälle im Rahmen des Derbies bzw. im Stadion. 2002 kam sogar ein 14jähriges Kind in den Massen um – ab da besann man sich auf die grauenhaften Taten und seitdem gedenkt man den Opfern der Gewalt auch und man bemühte sich mehr um den Frieden.
River Plate vs. Boca Juniors Stadionsituation
„Ich habe in allen großen Stadien der Welt gespielt, aber ich war niemals näher an der Hölle als in der Bombonera.“
Boca Juniors und River Plate haben zwei unterschiedliche Fußballarenen in der Stadt. Boca Juniors trägt seine Heimspiele im Estadio Alberto Jacinto Armando im Stadtteil La Boca aus. Aufgrund der rechteckigen Architektur des Stadions wird es im Volksmund auch „La Bombonera“ genannt – also die Pralinenschachtel. Errichtet wurde es in den 30er Jahren, doch das erste Spiel fand im Mai 1940 in jenem Stadion statt, welches mit knapp 57.000 Plätzen doch noch sehr übersichtlich ist. Das künstlerisch gehaltene Stadion ist geprägt von Wandbildern des Malers Celis.
River Plate hingegen trägt die Heimspiele natürlich im Stadteil Belgrano aus und zwar im Estadio Monumental Antonio Vespucio Liberti. Das Stadion von River Plate ist zeitgleich auch das Nationalstadion der argentinischen Nationalmannschaft zum Leidwesen der Boca Juniors Anhänger. Benannt wurde es nach einem ehemaligen Vereinspräsidenten. In jenem Stadion feierte Argentinien bei der Heim-WM 1978 im Endspiel gegen die Niederlande einen historischen Erfolg. In einer brisanten Partie setzten sich die Argentinier mit 3-1 in der Verlängerung durch. Ausgerechnet Mario Kempes machte mit seinen Toren zum 1-0 in der 38. Minute und zum 2-1 in der 105. Minute das Tor zum Weltmeisterpokal ganz weit auf, nachdem Nanniga in der 82. Minute für die Niederlande ausgleichen konnte. Daniel Bertoni machte mit seinem Treffer in der 115. Minute den Sack zu und Argentinien konnte sich zum allerersten Mal zum Fußballweltmeister im Estadio Monumental Antonio Vespucio Liberti krönen. Jene Spielstätte fast knapp 61.000 Plätze und ist somit etwas größer als das Stadion des Konkurrenten.
Arsenal vs. Tottenham – Wettbasis.com Derby Guide
River Plate vs. Boca Juniors Prägende Spieler
„Es war wohl das einzige Mal in meiner gesamten Karriere, dass ich dem gegnerischen Team für ein Tor applaudieren wollte.“
Beide Vereine bildeten über die Jahrzehnte hinweg zahlreiche argentinische Superstars aus. Bei Boca Juniors ist der alles überstrahlende Mann die Klublegende Diego Armando Maradona. Der Weltmeister von 1986 und Vizeweltmeister von 1990 gilt in Fachkreisen noch heute als der wahrscheinlich beste Fußballer aller Zeiten, gewiss aber als der beste Fußballer seiner Zeit. Maradona wuchs in extrem ärmlichen Zuständen auf und war somit logischerweise den Boca Juniors näher, auch wenn er als Techniker eigentlich den Spielstil der Konkurrenten pflegte. Der „Pibe de oro“ (Goldjunge) galt schon als Jugendspieler als kommender Mann in Argentinien. Seine Technik und seine Schnelligkeit waren atemberaubend. Die Anekdoten über ihn sind legendär. Man denke nur an „Die Hand Gottes“ und „Das Jahrhunderttor“, welche er beide im WM Viertelfinale gegen England 1986 ablieferte. Mit fünf Toren und fünf Vorlagen half er der argentinischen Mannschaft 1986 den zweiten WM Titel nach 1978 einzufahren. In einem packenden Endspiel bezwang man die deutsche Mannschaft mit 3-2, wobei Maradona den Siegtreffer zum 3-2 in der 84. Minute vorbereitete.
Ansonsten aber gibt es noch so manchen Superstar, der bei Boca Juniors spielte. Unter ihnen der Bomber Gabriel Omar Batistuta, Skandalnudel Claudio Caniggia, Abwehrchef Walter Samuel oder auch Carlos Tevez, die allesamt in der Serie A später zu Weltklassespielern wurden. Als Klublegende gilt gemeinhin auch Martin Palermo, der in 10 Jahren für die Juniors immerhin 230 Treffer erzielte und somit Rekordtorschütze der Mannschaft ist.
Einen Diego Armando Maradona hat River Plate noch nicht herausgebracht, aber die meisten Techniker kommen tatsächlich von River Plate. Der ehemalige Hamburger Juan Pablo Sorin und Bayerns Martin Demichelis genossen ihre Ausbildung beim Traditionsverein. Auch die Kapitäne der Nationalmannschaft, Esteban Cambiasso und Javier Mascherano, schnürten einst die Schuhe der River Plates. Hinzu kommen mit Matias Almeyda, Alessio D‘Akessandro und Ariel Arnaldo Ortega noch drei waschechte Spielmacher der Neuzeit. Im Angriff konnte River Plate Hernan Crespo, Gonzalo Higuain und Radamel Falcao ausbilden, weiterhin waren Marcelo Salas aus Chile und Radamel Falcao aus Kolumbien wichtige Stützen der Mannschaft in den letzten Jahren. Der WM-Held von 1978, Mario Kempes, und in den 1950er Jahren sogar Alfredo Di Stefano sind weitere Klublegenden. Rekordtorschütze von River Plate ist Angel Labruna, der zwischen 1939 und 1959 293 Tore für die Millionarios erzielte.
River Plate vs. Boca Juniors Rekorde
Das Superclasico ist statistisch gesehen das wohl ausgeglichenste Derby der Welt (Stand Februar 2016). Über alle Wettbewerbe hinweg kristallisierte sich nach 352 gespielten Matches eine Bilanz von 127-112-113 aus Sicht der Boca Juniors heraus, bei 468:428 Toren. Dabei feierten die Juniors ihren höchsten Sieg 1928 beim 6-0. Beim 5-4 im Jahre 1972 fielen mit neun Treffern die meisten Tore in dieser Begegnung. Mit 16 Toren konnte Angel Labruna von River Plate auch hier die meisten Tore erzielen. Der Rekordtorschütze von Boca Juniors, Martin Palermo, kommt auf lediglich neun Treffer.
Hautnah am Geschehen auf den Sportplätzen dieser Welt
River Plate vs. Boca Juniors Wettmöglichkeiten
Die Zeiten vieler Tore sind in Argentinien vorbei und das zeichnet sich auch beim Superclasico ab. Von den letzten 15 Heimspielen von River Plate gegen die Juniors fielen in 12 Partien zwei Tore oder sogar noch weniger. Aus den letzten 15 Heimspielen der Boca Juniors gegen die Millionarios fielen immerhin in 9 Partien weniger als 2,5 Treffer, was uns zu der Wettoption bringt, dass das Under hier stets eine gute Wahl war, weil die argentinische Liga ohnehin extrem Underlastig ist und es bei diesem Derby noch sehr kämpferisch und verbissen abgeht. Viele taktische Fouls, harte Zweikämpfe und Aufopferungsbereitschaft prägten das Derby seit jeher. Dementsprechend wären möglicherweise wie bei Derbies so üblich auch Wetten auf gelbe und rote Karten hier keine schlechte Idee! Beim Superclasico steht nicht nur Buenos Aires, sondern ganz Argentinien still.
Einen Überblick über alle Derby Guide-Beiträge findet ihr in unserem Artikel: Die wichtigsten Fußballderbys von A bis Z