Als Spieler war Robert Pires ein echter Dauerbrenner auf dem Flügel, immerhin bringt er es für mehrere Teams auf über 90 Spiele (Metz, Villarreal & Marseille), seine meisten Spiele hatte er aber für den FC Arsenal (284 Spiele).
Neben dem WM- und EM-Titel mit Frankreich, hat Pires auch die größten Erfolge bei den Gunners, mit unter anderem zwei Premier-League-Titeln. Diesen Titel jagen sie nun unter Mikel Arteta das dritte Jahr in Folge, diesmal mit Erfolg?
Im Interview spricht Robert Pires über das anstehende Spiel gegen Manchester City und wirft einen genauen Blick auf den Kader rund um Kai Havertz und den überraschenden Neuzugang Raheem Sterling, aber auch Fabian Hürzeler und die anstehenden Champions-League-Saison.
Robert Pires über Kai Havertz: “Torschützenkönig kann man nicht erwarten”
Nach Tottenham trifft Arsenal auf Man City. Die Gunners haben in der letzten Saison nicht gegen City verloren – glauben Sie, dass sie das wieder schaffen können?
Pires: “Ja klar, auch wenn es schwer werden wird, weil die Citizens sicherlich zeigen wollen, dass sie nach wie vor die Besten sind.”
Was kann Arsenal vorzeigen, was City nicht hat? Und was hat Man City, was Arsenal gerne hätte?
Pires: “Arsenal hat vielleicht eine größere Gier, weil sie diesen Meistertitel schon seit vielen Jahren nicht mehr gewinnen konnten.
City hat mit Rodri vor der Abwehr die beste Sechs der Welt.”
Was muss Arsenal in dieser Saison tun, um den Rückstand auf ManCity im Kampf um den Titel weiter aufzuholen?
Pires: “Es war wichtig in diesem Sommer das Grundgerüst zu behalten, keine wichtigen Spieler zu verkaufen und nur punktuell die Mannschaft verstärken, wie eben mit Riccardo Calafiori und Mikel Merino, sowie Raheem.
Mit einem Jahr mehr Erfahrung wird dieses Team noch stärker sein als 2023/2024. Ob es reicht um City zu entthronen, da bin ich sehr gespannt. Es wird wieder ein heißes und enges Titelrennen bis zum Schluss werden.”
Abschließend zur Champions League, sind Sie ein Fan des neuen Formats, oder halten Sie es für unnötig kompliziert?
Pires: “Ich bin einfach gespannt auf diesen neuen Modus. Es sind mehr attraktive Paarungen gleich zum Start, wie zum Beispiel Man City gegen Inter Mailand, immerhin das Finale vor 15 Monaten…”
Wer sind Ihrer Meinung nach die Favoriten auf den Sieg, und wie stehen die Chancen von Arsenal auf die erste internationale Trophäe überhaupt?
Robert Pires: “Als die absoluten Top-Favoriten gelten nach wie vor Manchester City und Real Madrid, auch mit dem FC Bayern wird zu rechnen sein, mit dem Finale im eigenen Stadion in Sicht und vielleicht wird Inter Mailand sehr weit kommen.
Was Arsenal anbelangt, wäre eine Halbfinal-Teilnahme bereits ein Erfolg, nachdem man vergangene Saison im Viertelfinale an den Bayern gescheitert war.”
Was halten Sie von Jurrien Timber seit seiner Rückkehr von der Verletzung, die er sich letzte Saison zugezogen hat?
Pires: “Er ist aus seiner langen Verletzung topfit zurück gekommen. Er hat seine Chance genutzt. Dass er so schnell und so stark zurückkommt, hätten die Wenigsten gedacht.
Er beeindruckt durch seine Schnelligkeit, sein hohes Laufpensum sowie seine Hartnäckigkeit bei Ballverlusten, den Ball so schnell wie möglich zurückzuerobern, so dass sowohl Oleksandr Zinchenko als auch Ben White leer ausgehen und sich mit der Reservistenrolle erst einmal zufrieden geben müssen.”
Wie beurteilen Sie die Entwicklung von William Saliba? Ist er jetzt der beste Innenverteidiger der Liga?
Robert Pires: “Die Entwicklung vom William ist absolut top. Ich bin besonders von seinem Stellungsspiel begeistert. Er macht so gut wie nie Fehlpässe und nie unnötige Fouls, was eine Top-Qualität ist.
Er ist wahnsinnig konstant und schnell geworden. Er ist momentan einer der besten Innenverteidiger der Premier League. Seine Ausleihe zu Olympique Marseille in der Saison 2021/2022 war eminent wichtig, denn sonst wäre er zu früh bei Arsenal gewesen, und wer weiß ob er heute immer noch dort spielen würde.
Seine erste Saison in London verlief leicht holprig mit einigen Ausrutschern, daraus hat er gelernt und er ist immer reifer geworden, weshalb er 2023/2024 schon deutlich stärker und abgeklärter spielte.”
Hat Kai Havertz gezeigt, dass er jetzt in der Lage ist, die Arsenal-Mannschaft als Nummer neun anzuführen?
Pires: “Kai ist keine klassische Nummer Neun, sondern eher eine falsche Neun, der mit dem Rücken zum gegnerischen Tor durch seine klasse Technik viele Räume für seine Mitspieler verschafft.
Man kann von ihm nicht erwarten, dass er Torschützenkönig wird, das ist klar. Aber er passt wunderbar in Artetas System.”
Glauben Sie, dass die Leihe von Raheem Sterling ein gutes Geschäft ist, vor allem wenn man bedenkt, dass die Gunners keine Leihgebühr zahlen und nur einen Teil seines Gehalts übernehmen?
Pires: “Ich kann mir gut vorstellen, dass Raheem sehr motiviert sein neues Abenteuer angehen wird. Bei Chelsea hatte er zuletzt keine glückliche Zeit mehr und es ist klar, dass er es allen zeigen wird. Er kann nur positiv überraschen.
Der Spielplan von Arsenal ist dermaßen voll gepackt, dass Mikel Arteta jeden Spieler jederzeit gut gebrauchen wird. Dass Martinelli oder Trossard noch mehr Konkurrenz bekommen, kann sie auch beflügeln und verhindern, dass sie weniger Gas geben werden. Konkurrenz ist immer gut, egal auf welcher Position.”
Ist Bukayo Saka derzeit der beste Flügelspieler der Liga? Wenn nicht, was muss er tun, um dieses Niveau zu erreichen?
Pires: “Bukayo fehlt es noch an einer gewissen Konstanz und Erfahrung, vor allem in den ganz großen Spielen. Vielleicht wird er in dieser Saison vor allem in der Champions League, wenn es drauf ankommt, ein überzeugenderes Gesicht als in der vergangenen Spielzeit zeigen.
Zum Beispiel ist in meinen Augen Jeremy Doku von Manchester City noch einen Tick besser, weil technisch stärker, dribbelstärker und fantasievoller.”
Pires über Fabian Hürzeler: “Wird bei großem Verein Trainer”
Unter Arteta hat Arsenal nur einen Titel gewonnen (FA Cup 19/20), sollte dies ein Grund zur Sorge für den Verein sein?
Pires: “Überhaupt nicht, Mikel Arteta genießt viel Ansehen und das absolute Vertrauen der Vereinsbossen. Er ist dabei beim FC Arsenal eine Ära zu prägen. Dafür ist viel Geduld angesagt.
Er bekommt auch die nötige Zeit. In den letzten zwei Jahren ist seine Elf knapp am Meistertitel gescheitert. Vielleicht wird es dieses Mal klappen, das Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden.”
Was halten Sie von Fabian Hürzelers Start in der Premier League? Sehen Sie in ihm einen möglichen zukünftigen Arsenal-Trainer?
Robert Pires: “Hürzeler macht genau da weiter, wo Roberto de Zerbi in Brighton aufgehört hat. Hürzeler hat eine sehr homogene Truppe beisammen, die sicherlich für einige Überraschungen sorgen wird.
Wenn er so weiter macht, wird er gute Chancen haben eines Tages bei einem großen Verein der Trainer zu sein.”
Nkunku hatte bei Chelsea eine schwierigere Zeit als erwartet, da er von Verletzungen geplagt war und Schwierigkeiten hatte, seine Form zu finden. Glauben Sie, dass er in dieser Saison den Durchbruch schafft?
Pires: “Die Voraussetzung dafür ist einzig, dass ihn sein Körper in Ruhe lässt. Wenn er top fit bleibt, ist ihm eine großartige Saison zuzutrauen, weil er das nötige Talent und große Qualitäten hat.”
Interview geführt von Alexis Menuge