Als aktiver Profi konnte Ronny Nikol einige Traditionsvereine seinen Arbeitgeber nennen: Dynamo Dresden, 1. FC Nürnberg oder Rot Weiss Essen.
Seine mit Abstand meisten Einsätze hatte der Linksaußen aber für Union Berlin. Die 215 Spiele verteilten sich über Regionalliga und der 2. Bundesliga. Dass es dort hin nicht wieder zurück geht, darum kämpfen die Eisernen aktuell.
Im Interview mit Beidfüßig spricht Nikol über den letzten Spieltag und zieht in Resümee zur aktuellen Saison.
Ronny Nikol über Köln-Spiel: “Spiegelt Saison wider”
Wettbasis: Der Tag der Entscheidungen rückt näher. Wer steigt ab? Wer muss in die Relegation? Das alles entscheidet sich am kommenden Samstag, am letzten Spieltag in der Bundesliga. Und speziell bei Union Berlin gibt es da viel zu besprechen, gemeinsam mit einer Union-Legende. Hallo Ronny Nikol.
Ronny Nikol: “Schönen guten Tag.”
Das alles entscheidende Spiel findet tatsächlich bei den Eisernen in Berlin statt. Union empfängt den SC Freiburg. Das letzte Spiel von Christian Streich. Aber das tritt alles in den Hintergrund, denn die Freiburger wollen natürlich noch einen Platz für Europa ergattern und Union Berlin will drinbleiben. Herr Nikol, was ist denn alles schiefgelaufen, dass es überhaupt dazu gekommen ist?
Nikol: “Nachdem die Saison jetzt fast zu Ende ist, kann man natürlich schon mal so ein bisschen resümieren und man muss ganz klar sagen, dass es nicht ganz so funktioniert hat wie in den Jahren zuvor, mit den Einkäufen.
Dann natürlich auf jeden Fall der Abgang von Urs Fischer, der natürlich sehr schmerzhaft war. Aber davor muss man absolut den Hut ziehen, denn es kam von ihm aus und er hat nicht an sich gedacht, sondern an den Verein. Und er hat gemerkt, er kommt an die Truppe nicht mehr heran. Das waren fünf super Jahre oder viereinhalb super Jahre und deswegen hat er diesen Schritt dann gemacht.
Das waren alles so Faktoren, die dann am Ende eine Rolle gespielt haben. Man hat nicht mehr den Erfolg gehabt, man ist in so einen Strudel reingekommen und das hat dann am Ende die Situation ergeben, wie sie jetzt ist.”
Sie wissen es ja selbst, weil Sie wirklich jahrelang für Union auch unterwegs waren. Die Fans haben Sie auch als neuntbesten Spieler in der Historie von Union Berlin gewählt. Sie haben selbst mal auf 5% Ihres Gehalts verzichtet, als es eng wurde. War der grundlegende Fehler, von der Linie wegzugehen, bei Union? Das Underdog-Image, was sie ja hatten, haben Sie dann offensichtlich über Bord geworfen.
Nikol: “Das kann man halt vorher nicht wissen, mit den Neueinkäufen. In den Jahren davor war ja fast jeder Neuzugang ein absoluter Glücksgriff, oder hat voll eingeschlagen und das hat halt diesmal nicht so ganz funktioniert. Und dadurch hat man sich ein, zwei Baustellen aufgemacht, die man vorher nicht kannte, womit man vorher nie umgehen musste.
Und jetzt war es etwas Neues. Das waren alles so Sachen, die da eine Rolle gespielt haben und das wirkt sich dann halt auf die Leistung aus. Das kann man drum herum machen, wie man will. Im Training läuft es wahrscheinlich dann auch nicht immer rund und dann kommen halt die negativen Sachen dazu. Das hat man nicht gut angepackt und dann hat man sich in so einen Strudel reingespielt.”
Jetzt konkret zum Spiel gegen Freiburg. Das letzte Wochenende war ja geradezu grotesk: Union führt mit 2:0, kurz vor Schluss steht es auch noch 2:2. Man hätte den einen Punkt. Am Ende hat man wieder dieses Frustrationserlebnis. Wie geht man in das letzte Spiel rein?
Nikol: “Das ist natürlich schon ein kleiner Rückschlag nochmal gewesen. Ich persönlich hatte fest damit gerechnet, dass sie in Köln gewinnen. Man führt schon nach zwanzig Minuten mit 2:0 und hat alles in der eigenen Hand.
Dann kriegt man halt noch mal so ein Gegentor, aber trotzdem ist man eigentlich im Spiel, hat selber noch gute Chancen, kannst das dritte Tor machen oder musst es auch machen, dann ist der Drops gelutscht. Aber nein, das hat dann so ein bisschen die Saison widergespiegelt, dann kriegt man kurz vor Schluss diese zwei Tore und steht am Ende mit leeren Händen da.
Jetzt muss man hoffen, dass man in dem Spiel gegen Freiburg noch mal alles gibt, vor allem. Man muss sich da voll reinhauen. Alles für dieses eine Spiel noch mal geben und alles ausblenden, was drumherum ist. Das ist nicht einfach, klar, medial kommt viel dazu, aber die Mannschaft kennt diesen Druck jetzt mittlerweile ja schon ein paar Monate und es gibt einfach für dieses eine Spiel nur noch dieses eine Motto: Augen zu und durch und alles noch mal für den Verein tun.”
Glauben Sie, dafür sind sie gut gerüstet?
Nikol: “Ja, doch, davon gehe ich aus. Es ist ein Heimspiel und das ist für mich ganz, ganz wichtig. Man hat noch mal diesen Rückhalt von den Zuschauern, von den Fans, die einen mit Sicherheit neunzig Minuten nach vorne peitschen, egal wie es steht.
Das muss man sich immer wieder vor Augen halten, dass die da draußen einem nicht böse sind und nicht sauer sind, solange man alles gibt und ackerst und tust. Dafür müssen sie halt am Samstag alle in die Bresche springen, egal wer spielt.
Ich hoffe, der Trainer findet die richtige Elf, er hatte jetzt ein paar Tage länger, als beim letzten Einsatz, den er hatte. Er muss jetzt die Elf auf den Platz werfen, die halt wirklich alles geben wird.”
Was erwarten Sie am Samstag? Welches Ergebnis wird es geben?
Ronny Nikol: “Es wird ein enges Spiel, denke ich. Freiburg hat auch noch die Möglichkeit international zu spielen nächste Saison und das wollen sie natürlich gerade als Abschiedsgeschenk für Streich.
Aber das muss Union egal sein. Sie müssen, wie gesagt, alles raushauen was noch geht, natürlich am besten mit einem Sieg. Und ich glaube schon, dass wir mit 2:1 gewinnen.”
Interview: Carsten Fuß