Das große Finale der EM 2024 lautet Spanien gegen England, das Team Team des Turniers gegen den Vorab-Favoriten von der Insel.
Können die Spanier tatsächlich auch das siebente Spiel in Folge gewinnen, oder setzen die Three Lions ihren Aufwärtstrend fort und sind pünktlich zum Endspiel im Topform?
Bei den Experten Guido Buchwald, Turid Knaak und Miguel Gutierrez gehen die Meinungen hier auseinander. Die drei analysieren das Spiel aus taktischer Sicht, die mentale Komponente für Final-Neulinge Spanien und natürlich auf die Tipps samt Toschützen.
Spanien – England Vorschau: “Spanien wird beste Turnierleistung zeigen”
Guido Buchwald über Englands Elfmeter:
“Es war für mich ein Elfmeter. Ich habe sofort gesagt, eigentlich muss es da Elfmeter geben, als es noch gar nicht entschieden war. In der Zeitlupe hat man gesehen, dass Dumfries wirklich Kane auf der Sohle getroffen hat und der Ball war ja noch im Spiel. Also war es für mich absolut ein Elfmeter.
(Verstehe Gegenargumente) eigentlich nicht. Also für mich war es ein klarer Elfmeter. Vielleicht haben die gemeint, dass der Ball fast schon weg war, als er schon geschossen hat.
Aber wenn ein Abwehrspieler in der Situation so mit der Sohle vorausgeht, braucht sich keiner beschweren, dass er einen Elfmeter gegen sich bekommt. Also für mich ganz klar.”
Turid Knaak über Englands Form:
“Ich hatte es ja schon die letzten Spiele im Gefühl, dass sich die Engländer da so ein bisschen durch mogeln, einfach aufgrund der Tatsache, dass sie doch ganz gut hinten gestanden sind. Auch im Laufe des Turniers haben sie dann natürlich auch individuelle Klasse, die sich dann am Ende doch durchsetzt.
Jedes Spiel hat jetzt irgendjemand die Kohlen aus dem Feuer geholt, sei es einmal Harry Kane, vorher Saka, davor Bellingham. Also dann blitzt diese individuelle Klasse doch noch mal auf.
Und ich hatte das Gefühl, sie konnten dann von der Bank auch noch ein bisschen mehr Qualität bringen. Ja, also irgendwie hatte ich es so ein bisschen im Gefühl und ich glaube auch, dass sie es den Spaniern im Finale schwer machen.”
Buchwald über Spanien-Einbruch:
“Ich glaube die Chancen darauf sind nicht sehr groß, weil das ist das Finale. Und sie haben unheimlich viel Selbstvertrauen getankt. Ich würde sagen, die Engländer haben mehr individuelle Qualität gegenüber den Niederländern, aber nicht gegenüber Spanien.
Die Spanier sind eine kompakte Mannschaft, aber haben auch individuell viele Spieler drin, die ein Spiel einfach alleine auch entscheiden können.
Also von daher in einem Finale, da bricht glaube ich keiner ein. Ich habe das noch nie gesehen irgendwo in einem großen Turnier, dass einer auf einmal im Finale eingebrochen ist. Wenn so etwas passiert, dann manchmal spät in der Vorrunde, oder dann ja in den ersten KO-Spielen.
Aber im Finale, wenn man wirklich alles fürs letzte Spiel gemacht hat und jetzt die ganz, ganz große Chance hat, Europameister zu werden. Also da bricht keiner ein.
Die werden hochmotiviert sein und ich bin überzeugt davon, dass wird ein ganz tolles Finale. Also ich freue mich unheimlich darauf.”
Miguel Gutierrez über Favorit Spanien:
“Also allein von den Mitteln, die Spanien hier hat, hat man einfach auch das Gefühl, dass das die Mannschaft ist, die einfach mehr Ideen hat, mehr Fantasie, um auch Lösungen zu finden.
Auch individuell, wenn man sich die anderen Spieler anschaut. Dani Olmo, der war ja gar nicht gesetzt als Stammspieler und durch die Verletzung von Pedri die letzten beiden Spiele überragend gespielt.
Gut, in Deutschland kennt man den natürlich von RB Leipzig. Aber der ist eigentlich überhaupt kein Stammspieler bei den Spaniern. Und das zeigt natürlich, was für Alternativen die spanische Nationalmannschaft hat.
Außer der Position des Torwarts, bei dem habe ich immer noch Zweifel, die habe ich ja immer gehabt bei Unai Simon. Ich habe immer gesagt, das ist ein korrekter, ordentlicher Torwart, aber er ist kein Weltklasse Torwart.
Das sieht man ja auch immer wieder in der spanischen Liga. Auch wenn er immer wieder mal patzt, generell ist die spanische Mannschaft sehr, sehr gut besetzt. Und das, obwohl Morata ja auch nicht sein bestes Spiel gemacht hat.
Und da gibt es ja auch momentan viel Unruhe in der Nationalmannschaft, um die Zukunft von Nico Williams, jetzt auch von Dani Olmo, dass er eventuell zu ManCity geht. Morata liebäugelt mit seinen Wurzeln nach Italien.
Also diese ganzen Gerüchte helfen der Mannschaft eigentlich nicht, aber trotzdem die Harmonie ist da. Das ist das auch das, was aus dem Trainingslager der Spanier rüberkommt. Die Motivation ist super und das Land ist, na klar, total euphorisch.
Viele in Spanien hatten sie, als die Europameisterschaft los ging, so gar nicht richtig auf am Zettel, weil man sah sich halt so als Mitfavorit, aber nicht als großer Favorit.
Also das ist eine ganz große Überraschung, was Spanien momentan geleistet hat.”
Buchwald über Morata:
“Ich muss Miguel bisschen widersprechen, für mich hat Morata total überzeugt. Was der defensiv für die Mannschaft gemacht hat, wie viele Zweikämpfe er gewonnen hat, auch in der Defensive.
Natürlich ist es nicht seine Hauptaufgabe, aber es war unheimlich wichtig in dem Spiel und er hat kaum einen Ball verloren. Also für mich war er nicht so schlecht, auch wenn er die letzte Torgefährlichkeit vermissen hat lassen.”
Gutierrez über Startelf:
“Sieht schon danach aus, als würde Le Normand wieder reinkommen. De la Fuenta ist ein Trainer, der normalerweise immer seine große Stammelf hat. Also normalerweise variiert er sehr wenig.
Das hat er auch so gemacht, als er in den Jugend-Kategorien Mannschaften gehabt hat.
Also wie gesagt, da wird Le Normand wahrscheinlich wieder reinkommen und von daher ist diese Aufstellung zu 99,9 Prozent sicher. Außer es gibt noch irgendwo einen Spieler, der Beschwerden hat. Aber im Großen und Ganzen ist das seine Elf.”
Knaak über Englands Aufschwung:
“Man muss natürlich erst mal sagen, Southgate steht im Finale der Europameisterschaft und das zum zweiten Mal in Folge. Also ich finde, das ist schon eine Leistung, das kann man ihm nicht absprechen. Und ich finde auch, dass die Engländer in der ersten Halbzeit auch sehr überzeugend gespielt haben.
Ich fand sie haben mit viel, viel mehr Druck gespielt, viel aggressiver, viel wacher, viel schneller, viel intensiver gespielt, als noch das ganze Turnier. Sie sind dann in der zweiten Halbzeit so ein bisschen in alte Muster verfallen, hatte ich das Gefühl.
Aber trotzdem war es auf jeden Fall ihre beste Turnierleistung. Und dann kann man als Trainer natürlich immer sagen: Ich habe alles richtig gemacht. Ich habe die Mannschaft ins Finale geführt und dementsprechend darf man sich auch freuen.
Dadurch, dass sie einfach sehr erfahrene Spieler in ihren Reihen haben, diese Finalerfahrung kennen. Das ist auch ein ganz, ganz wichtiger Faktor. Viele dieser Spieler haben vor drei Jahren im Finale gestanden. Und ich glaube, das sind ganz wichtige Faktoren, auch diese Erfahrung zu haben.
Deswegen rechnet sich Southgate jetzt wahrscheinlich auch einiges fürs Finale aus.”
Buchwald über Final-Erfahrung:
“Ich glaube, ins Finale geht jeder mit unheimlich viel Konzentration und unheimlich viel Power. Und ich glaube nicht, dass es einen Unterschied ausmacht, ob dieses das erste oder zweite Finale ist.
Der Unterschied ist eigentlich nur, dass man es schon kennt, dass man die Erfahrung schon hat, ein Finale zu spielen und und da vielleicht ein wenig ruhiger. Und man kann die Mannschaft bisschen ruhiger einstellen und hat nicht so die erste Final-Nervosität.
Das ist das mit Sicherheit so. Aber man hat auch gesehen bei Southgate, wie er sich gefreut hat, wie das alles rausgekommen ist, dass er doch auch, obwohl er nach außen sehr ruhig war, innerlich doch unheimlich viel Druck gespürt hat.
Und der Druck ist dann abgefallen. Jetzt also das Finale und da wird schon die volle Konzentration von allen Beteiligten im Finale da sein und jeder gibt einfach sein Bestes. Sei es von der Trainer, von dem Betreuer bis zu den Spieler.
Also ein ganz tolles Finale und die haben alle hohe Qualität. Die Engländer werden es den Spaniern schon schwer machen.”
Knaak über Englands Taktik:
“Es ist ein bisschen schwierig, muss ich sagen, weil man muss natürlich bedenken, dass die Spanier in einem Dreier-Mittelfeld spielen, wahrscheinlich mit Rodri, Fabian Ruiz und Dani Olmo. Und dem setzt England dann in der Dreierkette ja eigentlich nur zwei Sechser entgegen, mit Rice und Mainoo.
Ich bin dann so ein bisschen hin- und hergerissen, weil da müsste einer der Innenverteidiger aus der englischen Kette immer nach vorne durchschieben und Olmo verteidigen.
Also man muss als England schon schauen, dass man auch dieses starke Mittelfeld der Spanier in den Griff bekommt. Und da ist für mich so ein bisschen die Frage, ob man es vielleicht eher mit der Viererkette macht, um das Mittelfeld dann zu stärken.
Es ist ein bisschen schwierig. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Dreierkette dann das Mittel der Wahl ist. Allerdings hatte ich schon das Gefühl, dass mit Ball die Engländer schon in der Dreierkette viel besser waren als in ihrer Viererkette.
Da wirkte mir das alles ein bisschen zu statisch, also schwierig.”
Buchwald über Englands Taktik:
“Ich glaube, dass er die Dreierkette beibehält und dann kompakt im Mittelfeld steht, da braucht man natürlich Spieler, die sehr viel verschieben können, die dann die Außen doppeln können.
Also eben auf der Sechs das alles noch stabiler machen, damit die Dreierkette nicht immer ständig rausrücken muss. Im Mittelfeld, das ist ja wirklich das eine Herzstück der Spanier, dass man da sehr viel Druck macht.
Aber man darf dann natürlich auch nicht die Außen vergessen, wie Yamal und Williams. Also von daher denke ich mal, die werden sehr kompakt das Mittelfeld besetzen, um da wenig Räume zu haben.
Olmo ist ja wirklich in einer sensationellen Form und große Turniere machen große Spieler und ich glaube, Olmo kann jetzt der richtig große Durchbruch gelingen im Endspiel.
Also dann muss müssen die Engländer ran, aber wie sie es jetzt genau machen, in der Vierer- oder Dreierkette, das ist glaube ich sowieso sehr schwimmend. Man kann nicht mehr sehr breit stehen, sondern man muss das in der Tiefe immer wieder vermischen.
Weil die Spanier unheimliche individuelle Klasse haben und die muss man bearbeiten, bekämpfen und die Räume eng machen.”
Gutierrez mit seinem Tipp:
“Ich habe das Gefühl, dass Spanien da sein bestes Spiel machen wird. Also Spanien wird 3:1 gewinnen. Das Tor der Engländer überlassen wir Jude Bellingham, der in Spanien spielt.
Aber ich habe ein sehr, sehr gutes Gefühl, was die Spanier betrifft. Von daher glaube ich schon, dass das Spanien gerade in diesem Spiel zeigen will: Wir sind die beste Mannschaft in Europa.
Es ist ein Fußballspiel, da kannst du einen schlechten Tag haben und verlieren. Aber jedes Mal, gegen Deutschland, die Franzosen, gegen Kroatien, wurde immer wieder gesagt Spanien wird einbrechen, nie ist es passiert.
Von daher habe ich ein gutes Gefühl, Spanien gewinnt 3:1.”
Knaak mit ihrem Tipp:
“Ich habe mich ja jetzt schon vor einigen Spieltagen festgelegt. Ich glaube, dass die Engländer es machen.
Obwohl die Spanier für mich die beste Mannschaft des Turniers sind, habe ich irgendwie das Gefühl, dass die Engländer sich da auch dann noch mal durchsetzen werden.
Ich tippe 2:1 für England nach regulärer Spielzeit. Na klar trifft Kane, ich habe ja auch getippt er wird Torschützenkönig.”
Buchwald mit seinem Tipp:
“Ich bin auch der Meinung, dass Spanien das Spiel gewinnen wird. Allerdings wird es ein sehr offenes Spiel und ein torreiches Spiel.
Also ich tippe 3:2 für Spanien nach 90 Minuten. Torschützen Kane und Olmo und werden zusammen Torschützenkönig.”