Achtelfinale im DFB-Pokal steht an und so viel ist vorab schon klar: Es wir danach weniger Titel-Mitfavoriten geben, als zuvor. Mit “Stepi” Stepanovic und Maurizio Gaudino analysieren zwei Veteranen die Lage in den Topspielen.
Sie waren nicht nur gemeinsam bei Eintracht Frankfurt (Stepi als Gaudinos Trainer) und bringen dort Expertise mit vor dem Duell gegen RB Leipzig, auch den VfB Stuttgart und Bayer Leverkusen kennen die beiden gemeinsam wie ihre Westentasche.
Im 1. Teil des gemeinsamen Interviews geht es aber mal um die Spiele des Dienstags, also neben Regenbsurg vs. Stuttgart, vor allem um den Kracher Bayern München gegen Bayer Leverkusen. Gibt es die Revanche der Bayern für die letzte Saison? Muss der VfB in der aktuellen Form vor um ein Überraschungs-Ausscheiden bangen? Zudem plaudern beide über ihre Zeit als Profi, wann Stepi einen Wechsel vor den Medien verheimlichte und wieso er der Günter Netzer Jugoslawiens war.
Entscheidung bei Bayern vs. Bayer?: “Wirtz oder Musiala, wer besser performt”
Wettbasis: Sechzehn Klubs würden gerne im kommenden Mai die Berliner Luft atmen und vor allen Dingen im Olympiastadion den Pokal hochheben. Aber dafür müssen sie erst mal das Achtelfinale überstehen. Besprochen wird das Ganze mit zwei Spezialisten, das kann man nicht anders sagen: Maurizio Gaudino und Dragoslav Stepanovic.
Beginnend mit dem Spiel, das alle beschäftigt: Bayern gegen Bayer, absoluter Kracher. Wie geht es aus?
Dragoslav Stepanovic: “Das kann ich Ihnen verraten. Jetzt ist Xabi Alonso klar mit Real Madrid. So lange er das nicht wusste, hat er nicht so gut mit Leverkusen gespielt, wie letzte Saison.
Jetzt ist die Entscheidung aber gefallen und er gewinnt jetzt auch gegen Bayern München.”
Warum gewinnt er?
Stepanovic: “Weil es jetzt klar ist, dass Alonso nächstes Jahr nach Madrid geht. Und Wirtz spielt von Anfang an, nicht von der Bank oder irgendwo später, weil er müde ist. Der ist der wichtigste Spieler für diese Mannschaft.”
Das Thema ist Leverkusen, sagen Sie, ist jetzt gerade stark. An dieser Stelle sei kurz daran erinnert, es gab mal ein DFB-Pokal-Halbfinale 1993 von Eintracht Frankfurt, Sie waren Trainer. Das Endergebnis gegen Bayer hieß damals 0:3 und in der Pressekonferenz haben Sie was gesagt?
Stepi: “Bei der Pressekonferenz nach dem Spiel hat mich ein damaliger Journalist gefragt, ist jetzt Schluss? Dann habe ich gesagt, natürlich ist jetzt Schluss.”
Es war Schluss und Sie wussten aber auch schon, dass Sie am Ende der Saison dann der neue Trainer bei Bayer Leverkusen werden.
Stepanovic: “Das durfte keiner wissen damals. (lacht)”
Maurizio Gaudino, was ist mit den Bayern? Sie haben ja mit Sicherheit auch das Spiel gesehen gegen Dortmund, sind die mit einer kleinen Delle gerade unterwegs? Also erstmals wieder ein Gegentor, nach sieben Spielen ohne Gegentor. Sind das nicht eigentlich Themen, die gerade ein bisschen komisch daherkommen? Aber das Thema Harry Kane ist ein gewaltiges.
Maurizio Gaudino: “Ja, mit Sicherheit. Wenn man so einen Spieler verliert, auf dem fast das ganze Spiel aufgebaut ist, der ein gesetzter Spieler ist, der alle Standards, in erster Linie Elfmeter, aber alles, was im Strafraum geht, da ist er praktisch die Person, die schießt. Dann ist es immer erst mal schwer zu verkraften.
Man muss jetzt gucken, wie das Thema die nächsten Tage aussieht, was er hat. Ich denke, es ist eine muskuläre Verletzung, so wie es ausgesehen hat, dann wird es für das Spiel im Pokal jetzt nicht reichen, aber nichtsdestotrotz hat Bayern so einen Kader und muss auch einen Harry Kane ersetzen können.
Zum Thema Dortmund, das ist ein Spiel gewesen nach sieben Mal zu Null in Folge, Dortmund hatte sich gerade auch wieder erholt und hat dann ein starkes Spiel gegen Bayern gemacht. Dortmund war für mich schon fast am Limit, in den letzten Spielen, wo sie sich jetzt auch wieder erholt haben. Und Bayern München ist immer noch nicht da, wo sie sein wollen und wo sie sein könnten, es ist immer noch ein Prozess, der in Gange ist.
Aber dieses Tor ist natürlich nicht schlimm, was sie bekommen haben, auch wenn es natürlich jetzt ziemlich hoch gesetzt wurde, dass sieben Mal zu Null gespielt worden ist, nachdem sie die Spiele vorher das eine oder andere Tor zu viel bekommen haben, als Bayern München. Aber das würde ich nicht so hoch hängen.
Natürlich kommt jetzt ein richtig starker Gegner, Bayer Leverkusen ist auf dem Weg der Erholung, da stabilisiert sich das ganze mit Sicherheit, auch in Bezug darauf, was Stepi gesagt hat, dass da möglicherweise im Hintergrund bei Xabi Alonso eine gewisse Klarheit entstanden ist.
Mit Sicherheit haben sie Gespräche geführt. Aber Leverkusen hat auch letzte Saison extrem am Limit und auch etwas drüber gespielt.
Es ist, wenn man in so einem Flow ist und solche Spieler hat, dann kann man das auch leisten und jetzt erholt sich das Ganze, sie haben sich stabilisiert, haben auch das eine oder andere Spiel nicht so gut gespielt, was ganz normal ist für so eine Mannschaft, die da so eine Saison hingelegt hat. Jetzt kommen sie wieder langsam an ihre Stärken und an ihre Klasse.
Ich denke, das Spiel wird sich entscheiden, wer von beiden Spielern, Wirtz und Musiala, am besten performt. Auf die wird ja jetzt dann extrem geschaut. Es gibt dann wieder Vergleiche. Wer ist in der Lage, seine Leistung praktisch zu 100 Prozent zu bringen.”
Stepanovic: “Also ich schlage vor, Kolo Muani ist ja frei, sagt denen in Bayern und Uli Hoeneß, die sollen den holen.”
Gaudino:” Aber bis Dienstag schaffen die das auch nicht. (lacht)”
Wie würden Sie spielen lassen gegen Leverkusen, Herr Stepanovic?
Stepanovic: “Erst mal muss ich sagen, der Wirtz hat, glaube ich, eine eingebaute künstliche Intelligenz, wenn es darum geht, ihm den Ball abzunehmen. Aber ich würde schon vorher versuchen, die Leute wie Xhaka und Andrich so zu lenken, dass sie keinen Ball auf Wirtz spielen können.
Ich habe den Wirtz jetzt schon so oft gesehen, er ist ein herausragender Spieler, ob ihm wirklich die KI hilft, das weiß ich nicht, aber so sieht es aus.”
Also Sie wollen die Zulieferwege verstellen?
Stepanovic: “Genau. Und wenn die Bayern einen Rat brauchen, dann müssen sie in Italien bei Atalanta anrufen, wie die es letztes Jahr im Europa League Finale gemacht haben.”
Gaudino schwärmt von Hoeneß: “Macht immer wieder Spieler stärker”
Regensburg empfängt den VfB Stuttgart. Herr Gaudino, wie sehen Sie gerade die Entwicklung? Also Stuttgart hat offensichtlich große Schwierigkeiten mit diesem engen Rhythmus, denn ansonsten kann man sich ja das 1:5 in Belgrad nicht erklären.
Gaudino: “Ja, das ist richtig. Verletzte Spieler, dann dieser Rhythmus, die Schlagzahl ist ziemlich hoch. Bei allen Wettbewerben, sind sie dabei, haben aber trotzdem das Bundesligaspiel in Bremen mit 2:2 sehr, sehr gut gestaltet.
Sie versuchen nicht, von ihrer Linie wegzukommen, der Trainer hat eine sehr gute Handschrift und schafft es immer wieder, auch Spieler jetzt wieder stärker zu machen, die vielleicht im zweiten Glied waren. Aber da merkt man, dass der Kader halt noch wachsen muss, mit dieser Situation der Dreifachbelastung.
Nach so einer Schlappe in der Champions League, wo Roter Stern eigentlich mit null Punkten dastand, aber so ein Ergebnis nach Hause gefahren hat, war es umso wichtiger jetzt für Stuttgart, dieses Spiel in Bremen nicht zu verlieren und auch nicht hoch zu verlieren, sondern so zu gestalten, dass die Mannschaft Selbstvertrauen bekommt.
Jetzt ist es natürlich ein Muss, in Regensburg müssen sie gewinnen. Und ich denke auch, dass der VfB nach dem Ergebnis in Bremen so stark ist und auch der Trainer die Mannschaft mental so einstellt, dass sie dieses Spiel gewinnen werden und auch die nächste Runde erreichen.”
Herr Stepanovic, sagen Sie das auch, dass Stuttgart problemlos weiterkommt?
Stepanovic: “Der junge Hoeneß ist auf dem Weg, alles zu verlieren, was er letztes Jahr gewonnen hat. Jetzt sieht man wieder, wenn sie irgendwo die Meisterschaft oder den Pokalsieg geschafft haben, dann gehen sie im nächsten Jahr weg und sagen: Oh, ich habe Schmerzen, ich kann nicht weitermachen.
Ich habe ja das Spiel in Belgrad gesehen, also für mich war der Nübel auch einer, der Roter Stern geholfen hat. Aber ich hoffe ja, dass das auch Kevin Trapp gesehen hat und dass er Gas gibt und wieder bei der Nationalmannschaft spielt.
Aber ich gehe davon aus, dass Stuttgart jetzt gewinnt.”
Noch mal kurz auf Ihre Vergangenheit. Sie haben ja 183 Spiele in Folge in Jugoslawien bestritten. Gab es da einen Arzt auf der Bank?
Stepi: “Nein, nein. Es gab nur einen Masseur, der ist mit einem Ballon voll Wasser gekommen, wenn irgendwer am Boden lag, hat das drübergekippt und dann ging es weiter. Lebbe geht weiter.
Wer 183 Spiele ohne Arzt gespielt hat, der muss schon irgendwo eine gesunder, ein top-fitter Mann gewesen sein.”
Wie war das bei Ihnen Herr Gaudino? Auch kaltes Wasser und weiter geht’s?
Gaudino: “Bei uns war es dann etwas besser. Wir hatten schon einen Arzt und Physiotherapeuten, der dann bei uns auf dem Platz war. Das waren nochmal andere Zeiten.
Aber es waren trotzdem schwierige Zeiten für uns, wir haben auch versucht uns durchzubeissen und letztendlich wollten wir spielen und nicht ausgewechselt worden werden und deswegen haben wir da auf die Zähne gebissen und dann auch weitergemacht. ”
Stepanovic: “Wir haben nicht so lange da gelegen, wir sind sofort aufgestanden.”
Gaudino: “Da gab es ja noch gar keine Auswechsler zu der Zeit, oder?”
Stepanovic: “Ich habe mich selbst ein- und ausgewechselt.”
Der Günter Netzer Jugoslawiens. Ein wirklich spannendes Spiel findet auch auf der Bielefelder Alm statt. Arminia Bielefeld empfängt den SC Freiburg. Bielefeld hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten in der 3. Liga extrem gut stabilisiert. Jetzt auch gewonnen, mit 1:0 gegen Ingolstadt. Sind die für Sie auf Augenhöhe mit dem Sportclub Freiburg, Herr Gaudino?
Maurizio Gaudino: “Auf Augenhöhe mit Sicherheit nicht. Natürlich ist im Pokal eine Überraschung möglich, wenn sich das Spiel bis in die Verlängerung zieht. Aber da gehe ich eigentlich auch davon aus, dass Freiburg so stabil ist und sich das Weiterkommen nicht nehmen lässt, gegen so einen Gegner, es ist ja trotzdem Bundesliga gegen 3. Liga.
Man hat natürlich in der Vergangenheit immer wieder Sensationen gesehen, aber ich glaube nicht, dass Bielefeld in der Lage ist, gegen Freiburg eine zu schaffen.”
Herr Stepanovic, was sagen Sie, Überraschungspotenzial ja oder nein?
Stepanovic: “Mich hat dieser neue Trainer von Freiburg sehr überrascht. Weil nach diesem Trainer Streich, wo man so viel Erfolg gehabt hat, zu übernehmen und es weiterhin so zu machen, wie es bei ihm war, war nicht so leicht. Deshalb denke ich, dass Freiburg klar gewinnt.”