Nun ist sie also doch Geschichte. Die Bundesliga-Uhr des Dinos Hamburger SV ist gestoppt und durch eine “Vereins-Uhr” ersetzt worden. Macht auch Sinn, denn diese Art des Zeitmessens ist eigentlich nur zu stoppen, wenn es den Verein HSV irgendwann in ferner Zukunft nicht mehr geben sollte – und das wollen doch zumindest die HSV-Fans und die objektiven Fußballfreunde diesem traditionsreichen Hamburger Club nicht auch noch wünschen.
Ich denke, der Abstieg war mal nötig. Natürlich weiß ich, dass das jetzt blöd klingt, weil es die Traurigkeit der Fans nicht abwenden und manche Träne nicht trocknen wird. Aber es war ja vor allem gegen Saisonende eine Entwicklung zu beobachten. Seit Christian Titz das HSV-Trainerzepter schwingt, scheint wieder ein wenig Fußballsachverstand eingekehrt zu sein – die Mannschaft spielt Fußball, wehrt sich und macht den Eindruck, dass da endlich auch wieder ein Team auf dem Platz steht. Und das macht doch Hoffnung für die kommende Saison in Liga 2.
“Ich finde, dass wir das Spiel verdient gewonnen haben. Abzusteigen hat einen sehr negativen Geschmack, es ist schwer damit umzugehen. Aber wir haben uns nochmal zusammengerauft in den vergangenen acht Wochen. Es war beeindruckend zu sehen, wie sich die Zuschauer gegen die Wenigen gewehrt haben.”
Wer denkt, das wird ein Selbstläufer und wir werden den HSV 2019 wieder in der Bundesliga begrüßen können, sollte mal ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen kommen. Die Rückkehr wird keineswegs ein Kinderspiel für den HSV, denn erstens musst Du Dich an den Fußball eine Etage tiefer erst einmal gewöhnen, zweitens werden sich alle HSV-Gegner verflixt unangenehm hinten reinstellen und giftig jeden Ansatz eines Fußballspiels zu zerstören versuchen. Und da sind viele Mittel recht, auch die berühmte “gesunde Härte”, an die sich der HSV mit seinen Spielern auch erst einmal wird gewöhnen müssen. Christian Titz wird wissen, wie kompliziert diese Aufgabe in der nächsten Spielzeit werden kann. Der HSV wird zu den großen Favoriten gehören, aber da stellen sich durchaus auch noch ein paar weitere ambitionierte Vereine in die Reihe – auch das ist ein Punkt, der das Unternehmen “sofortiger Wiederaufstieg” nicht leichter machen wird. Köln, der Verlierer der Relegation Wolfsburg vs Kiel, Ingolstadt wird sicher wieder mehr Gas geben, mit Darmstadt wird wieder zu rechnen sein, in Bochum und Duisburg entwickelt sich etwas und Union Berlin will sicher auch wieder zurück in den Kreis. Zudem gibt es im Unterhaus bekanntermaßen einige “Unbequeme”, wie zum Beispiel Sandhausen, Heidenheim oder Bielefeld, die nur darauf warten, einen “Großen” zu ärgern. Sicher wird der HSV gut vorbereitet und aufgestellt in die neue Saison gehen, aber so ganz einfach wird die Rückkehr sicher nicht. Aber der Verein wird mir zumindest in der Bundesliga fehlen, auch wenn er in den vergangenen Jahren von einem Fehler in den nächsten rauschte.
Und sonst? Jubel gab es am letzten Spieltag in Wolfsburg, auch wenn ich es kaum fassen kann, dass dieser Verein mit diesem Kader erneut in die Relegation muss. Das 4:1 gegen Absteiger Köln rettete Labbadias Balltreter vor dem direkten Abstieg, aber ich muss gestehen, dass ich mir beim Blick auf die TV-Bilder ein weiteres Kopfschütteln über die Wolfsburger Unfähigkeit kaum verkneifen konnte. Da wurde nach dem Spiel Stürmer Origi vom ZDF befragt und es gab folgenden Dialog:
Reporter: “Haben Sie schon mal was von Holstein Kiel gehört?” Origi: “Nein”
Reporter: “Gegen die spielen Sie am Donnerstag.” Origi: “Ah, interessant.”
Ich muss mich ein wenig zusammennehmen, um den Spieler jetzt nicht in Grund und Boden zu schreiben. Aber es ist schon krass, was der vom FC Liverpool für einen hohen Millionenbetrag ausgeliehene Stürmer da an Naivität, Berufsauffassung, Intelligenz und Interesse an der Situation seines aktuellen Vereins offenbart. Reden die Wolfsburger Spieler in der Kabine nicht über den möglichen Relegationsgegner? Vielleicht aber ist Kommunikation im VfL-Team schon gar nicht mehr denkbar bei dem Multi-Kulti-Status der merkwürdig und scheinbar planlos zusammengewürfelten Truppe. Entsprechend wirkte diese Mannschaft auch in den vergangenen beiden Spielzeiten. Kein Team, kein Zusammenhalt, keine Berufsauffassung, keine Seele, kein Herz. Ein Verein steht vier Tage vor dem womöglich wichtigsten Spiel der Saison und einer seiner Stürmer hat vom Gegner noch nie etwas gehört – geschweige denn mal ein Spiel von Holstein Kiel im Fernsehen angeschaut, gegnerische Verteidiger beobachtet, taktische Finessen angeschaut, sich auf das Spiel professionell vorbereitet. Krass und peinlich – auch für den gesamten Verein und leider auch das Trainerteam.
Kleine Info für Herrn Origi und den VfL Wolfsburg: Ich habe Holstein Kiel in der vergangenen Zweitliga-Saison einige Male gesehen und den VfL erwartet in den Relegationsspielen ein echtes Team. Eine Mannschaft, die all jene Tugenden verkörpert, die beim VfL Wolfsburg von den Fans so schmerzlich vermisst wurden. Eine Mannschaft, die tollen Fußball spielt und in der Offensive brandgefährlich ist. Eine Mannschaft, die mit 71 Toren die meisten Treffer in der zweiten Liga erzielt hat und vor der man nicht oft genug warnen kann. Eine Mannschaft, deren Trainer Markus Anfang in der kommenden Saison den 1.FC Köln übernimmt, die aber mit Sicherheit ihrem scheidenden Trainer noch ein tolles Geschenk zum Abschied servieren möchte. Eine Mannschaft, die man eigentlich nicht mehr motivieren muss, aber die mit Sicherheit auch die Aussagen von Herrn Origi mit großem Vergnügen zur Kenntnis genommen haben wird. Eine Mannschaft, deren B-Auswahl gestern Eintracht Braunschweig mit 6:2 in die 3. Liga geschossen hat. Noch Fragen, VfL? Am Donnerstag wird auch Divock Origi den KSV Holstein kennenlernen…
Noch einige Glückwünsche: Bayern München zur hochverdienten Schale, auch wenn das 1:4 gegen Stuttgart sicher weder eingeplant noch schön war. Jupp Heynckes hatte sich ganz bestimmt ein anderes Ergebnis in seinem letzten Heimspiel als Bayern-Trainer gewünscht, aber immerhin bleibt ja noch das Pokalfinale gegen Frankfurt am kommenden Wochenende. Freiburg hat verdient den Klassenerhalt geschafft. Wieder einmal ein schöner Erfolg für Christian Streich und sein Team. Hoffenheim und Julian Nagelsmann springen noch in die Championsleague und begleiten dabei Vize-Meister Schalke und den BVB. Peter Stöger hat dort einen guten Job gemacht, muss aber gehen. Lucien Favre wird kommen – ein guter Griff, denn Favre hatte meistens schnell Erfolg. Hoffentlich auch einmal längerfristig.
“Ich bin sehr froh, dass wir die Europaöeague geschafft haben. Das ist ein Riesenerfolg für den Verein. Wir sind nicht so vermessen zu glauben, dass die Championsleague für uns Pflicht ist.”
“Solche Tage gibt es, da muss man den Mund abputzen. Wir werden uns ab Dienstag optimal vorbereiten. In Berlin wird eine andere Bayern-Mannschaft spielen als heute. Das Spiel schmälert aber die überragende Saison nicht.”
Zwei Glückwünsche auch noch nach Düsseldorf und Nürnberg. Mit den Aufstiegen von Zweitliga-Meister Fortuna Düsseldorf und dem Club kommen verdientermaßen zwei Traditionsvereine zurück ins Oberhaus. Beide haben in der Saison überzeugt – auf beide Vereine mit ihren tollen Fans kann sich die Liga so richtig freuen. Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen in beiden Clubs die Pause nutzen, um die Spielerkader für die Bundesliga bereit zu machen. Die eine oder andere Verstärkung täte nämlich beiden Teams noch gut.
Die Bundesliga wird mir fehlen – am 24. August geht es weiter. Aber nach der Bundesliga ist erst einmal vor der WM. Und die geht schon sehr bald los.