Hier geht’s zur ersten Ausgabe.
Guidos Guide ist die neue Fußball-Kolumne der Wettbasis. Jeden Dienstag geht es um den letzten Bundesliga-Spieltag, den internationalen Fußball, sowie um aktuelle Stammtischthemen, die sich mit dem Lederball beschäftigen. Und natürlich Guidos Meinung.
Grundsätzlich ist der allgemeine Fußballfan – wahrscheinlich sogar der allgemeine Mensch – dazu veranlagt, wenn ihm der Ausgang eines Wettkampfes, eines Fußballspiels oder sonst eines Vergleiches eigentlich egal ist, zu dem Underdog oder dem vermeintlich Benachteiligten zu halten.
Das sind zwar meistens nur unterbewusste Sympathiebekundungen und doch muss ich sagen, dass die ersten beiden Spieltage diesbezüglich aus meiner Sicht ganz angenehm verlaufen sind. Die meisten werden die zahlreichen Favoritenstürze vermutlich ärgern, doch letztlich macht genau das die Bundesliga zu einer besondere Liga. EIne Liga, in der es einen gesunden Konkurrenzkampf gibt und eben nicht von vorne rein klar ist, dass maximal zwei Mannschaften Meister werden können. Langsam – und in der Länderspielpause sollte man darüber nachdenken – müssen wir uns die vermeintlichen Favoirten genauer anschauen. Denn es drängt sich eine Frage auf: Wie viele Favoriten dürfen verlieren, damit sie Favoriten bleiben?
Als ich mir diese Fragestellung durch den Kopf gehen ließ, klingelte mein Handy. Natürlich, Sonntagabend, es konnte nur einer sein: Guido.
"Es geht aufwärts mein Freund, es geht aufwärts", begann Guido das Gespräch in lauter Euphorie.
"Immer mit der Ruhe", antwortete ich, "du warst doch nie in einem Tief, oder sehe ich das falsch?"
"Nie in einem Tief?", ich hörte, wie Guido seufzend zur Seite schaute, wahrscheinlich mit der freien Hand seinen Nacken rieb und schließlich gelöst und leicht lächelnd sagte: "Es war keins von diesen tiefen Tiefs, diesen Lebenstiefs, sondern eher ein temporäres Tief."
"Ein temporäres Tief?"
"Ja, wenn du lange geradeaus fährst – und das ist nunmal mein Job – dann denkst du nach, und wenn du in der Tipprunde mit den Kollegen zu den Letzten gehörst, dann gibts es da nicht viel zu denken…"
"Sondern?", unterbrach ich ihn.
"Analyse. Analyse ist das Stichwort. Die Favoriten haben sich noch nicht gefangen. Ich hatte eine Woche Zeit, um zu analysieren."
"Interessant, meine Tipps kommen eher aus dem Bauch heraus. Was ist den bei dir herausgekommen?" Auf diese Frage hatte Guido das Gespräch zugespitzt.
"Spieltagssieg!", tönnte es laut aus meinem Handy. "Ich dachte erst, der Mist würde genauso anfangen, wie letzte Woche, als die Bayern verloren hatten, aber ich hatte auf Bremen mit zwei Toren Unterschied, auf Hamburg und die Ergebnisse von Hoffenheim und Freiburg habe ich genau getroffen. Dazu kommen noch die Dortmunder."
"Klingt wirklich nicht schlecht", sagte ich und dachte mir, dass seine Kollegen entweder sehr wenige waren oder mit wenig Kentnissen ausgestattet waren, denn 5 von 9 war nicht die Quote, die ich mir von einem Spieltagssieger erwartet hatte.
Nachdem wir den Spieltag ergebnistechnisch endlich hinter uns gelassen hatten, kam ein anderes Thema in Guido hoch. Wir sprachen ursprünglich über die deutsche Wirtschaft, weil bei Guidos Arbeitgeber die Löhne nicht sonderlich hoch seien und der Aufschwung scheinbar noch nicht angekommen war.
"Der Fußball mag zwar seine eigenen Gesetze haben, aber in manchen Dingen kann man Parallelen ziehen. Guck dir die Schalker an. Der Magath hatte nur ein Ziel – und nachdem er es erreicht hatte, hat er es in jeder Pressekonferenz breit getreten: Den durchschnittlichen Lohn der Spieler zu senken. Und was ist passiert? Es fehlt an Qualität. Natürlich kassieren die alle genug, doch was ich sagen will ist, dass wer die Kosten minimiert auch mit Qualitäteinbußen zu rechnen hat. Ob das nun Hans Sarpai für Rafinha oder Escudero für Westermann ist, am Ende ist es dasselbe wie beim Unternehmen vor deiner Haustür: Billig in China eingekauft, und die Finger verbannt."
"Da schwingst du aber die Pauschalisierungs–Keule!", bremste ich Guidos Elan.
"Du weißt schon, wie ich das meine. Hab halt den Eindruck, dass die Leute blind Dinge durchboxen, ohne die Kosequenzen zu beachten." antwortete Guido besonnen.
"Im Grunde genommen ja. Aber so wirklich weiß ich noch nicht was du meinst.", musste ich zugeben.
Wir wechselten noch ein Mal das Thema, bevor sich das Gespräch im Smalltalk verlief. Als wir fertig waren und aufgelegt hatten, lehnte ich mich zurück und dachte noch ein wenig über meine Frage mit den Favoriten nach. Währendessen blätterte ich in der Fernsehzeitung und laß Folgendes: "Aktuelles Sportstudio, 23 Uhr" Ein Blick aufs Datum, zeigte mir, dass ich die neue Zeitung in der Hand hatte, und dass es sich um das Programm vom 11. September drehte.
Ich fand kein "Wetten, dass?", keinen Boxkampf oder sonst eine Rechfertigung.
"So spät?!", dachte ich.
Jetzt war mir klar, was Guido gemeint hatte.